Günther vom Stein
Die Vielfalt der evangelischen Kirche
Einführung
Was sind Freikirchen? „Freikirchen sind Gemeinschaften, die aus freiem Zusammenschluss einzelner Christen entstanden sind. Ihre Ursprünge gehen bis auf das Mittelalter und die Reformationszeit zurück, wo man sich auf die Urkirche und die Bibel als alleinige Basis von Glaubensnormen berief. So lehnen einige Freikirchen beispielsweise die Kindertaufe ab, weil nur die Erwachsenentaufe in der Bibel bezeugt sei. Freikirchen entstanden weiterhin aus dem Widerspruch gegen Staats- und Landeskirchen. In wesentlichen Punkten des christlichen Glaubens gibt es zwischen Freikirchen und den evangelischen Landeskirchen kaum Unterschiede." (Georg Bubolz [Hrsg.], Religionslexikon, Cornelsen Verlag Berlin 2006, 5. Aufl., S. 111 ff.) Ökumenischen Bestrebungen sind die Freikirchen weitgehend aufgeschlossen.
In Unterscheidung zu den Freikirchen werden mit „Sekten" heute religiöse Gruppen bezeichnet, die als problematisch, wenn nicht gar als gefährlich angesehen werden. Sprachgeschichtlich gibt es zwei Wurzeln dieses Begriffes: Das lateinische Wort „sequi" (= folgen, nachfolgen) diente zur Bezeichnung von Angehörigen bestimmter religiöser Richtungen und Programme. Bedeutsamer wurde die Herleitung von „secare" (= trennen, abschneiden); nach diesem Verständnis ist eine Sekte eine Gruppe, die sich wegen einer religiösen Lehrmeinung von einer anderen Religion abgespalten hat. Eine solche Spaltung hat es in allen Religionsgemeinschaften immer wieder gegeben und hat zur Entstehung von neuen Gemeinschaften geführt. So begann das Christentum als jüdische Sekte der „Nazarener". Der Glaube an Jesus als den Messias führte dazu, dass die Gemeinschaft mit dem Judentum zerbrach. Aus katholischer Sicht führte auch die Reform Martin Luthers zu der „Sekte der Lutheraner", bis sich die protestantische Konfession etablierte. Als allgemeines Merkmal von Sekten gilt heute: Sekten sind Gemeinschaften von Gleichgesinnten, die keine Meinungsvielfalt zulassen! Charakteristisch für Sekten ist eine straffe Meinungsführung, die zu einer „geschlossenen Gesellschaft" führt. Nach diesem Verständnis wird eine Gemeinschaft letztlich nicht durch ihren Inhalt zur Sekte, sondern durch ihre Struktur. Solche Strukturen dienen zur Durchsetzung und Einhaltung von (starren) Regeln; davon sind Strukturen zu unterscheiden, die der Vereinfachung der Arbeit dienen — wie z.B. die Organisationsstruktur der Heilsarmee.
Didaktische Überlegungen
In diesem Heft werden verschiedene Gemeinschaften auf unterschiedliche didaktisch-methodische Weise dargestellt; das mag einerseits verwirrend erscheinen und einen direkten Vergleich erschweren, eröffnet andererseits aber auch die Möglichkeit, die je angesprochene Thematik in den anderen Gemeinschaften zu erkunden. Die Zusammenstellung soll in keiner Weise auf eine Ähnlichkeit der hier ausgewählten Gemeinschaften hindeuten, sondern ist bestimmt von der Frage: Welchen Kirchen bzw. Gemeinschaften begegnen die Schülerinnen und Schüler? Welche sind im Stadt- und Straßenbild präsent? Die Auswahl ist subjektiv und soll dazu anregen, sich mit den jeweils vor Ort existierenden Gemeinden näher zu beschäftigen. Bei der Fülle der Informationen liegt es nahe, das angebotene Material in arbeitsteiligen Stationen zu bearbeiten. Grundsätzlich soll zu einem Vergleich mit den Aktivitäten der eigenen Gemeinde angeregt werden. Weitergehend ist zu fragen, wann und wodurch sich eine Gemeinschaft als manipulativ autoritär zeigt. Dazu wird die Kompetenz der Beurteilung angestrebt. Ein Kriterium der Beurteilung kann lauten: Welche Gemeinschaft lässt mir (welche) Freiheit?
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG
2. UNTERRICHTSVERLAUF
3. MATERIALIEN
Einleitung und Grundlegung
m1 Freikirchen im Zahlenvergleich - Bedeutung ausgewählter Freikirchen im statistischen Vergleich
m2 Interviewbogen - Hilfe zur Wiederholung und zum Festhalten der Arbeitsergebnisse
m3 Die Geschichte vom jungen Krebs - Fabel über autoritäre Strukturen
Die Neue Apostolische Kirche
m4 Ein Interview mit einem Mitglied - Das Apostelamt und das Sakrament der Versiegelung
m5 Das neuapostolische Glaubensbekenntnis - Vergleich der Glaubensbekenntnisse
m6 Gottes Geschenk in den Alltag mitnehmen - Ein Gottesdienst in einer Neuapost. Gemeinde
m7 Schematischer Ablauf eines Gottesdienstes - Die herausragende Stellung des Abendmahles
Die Zeugen Jehovas
m8 Entstehung und Entwicklung von Jehovas Zeugen - Die Bedeutung der Schrift „Der Wachtturm"
m9 Die Organisationsstruktur von Jehovas Zeugen - Der Bezug derZ. J. zur Gesellschaft
m10/1 Woran glauben Jehovas Zeugen? - Ein mögliches Glaubensbekenntnis im Vergleich
m10/2 Jehovas Zeugen (Folie 1) - Straßenmission und eschatologisches Hoffnungsbild
m11 Das eiskalte Paradies - Unter welchen Umständen kann die Gemeinschaft verlassen werden?
Die Heilsarmee
m12 „Suppe, Seife, Seelenheil" - Entstehung und Entwicklung der Heilsarmee
m13 Das Glaubensbekenntnis der Heilsarmee - Schwerpunktmäßige Bearbeitung einzelner Punkte
m14 Die Heilsarmee ... - Vielfalt der sozialen Tätigkeiten
m15 Die Organisationsstruktur - Struktur des Aufbaus, Auflistung der Korps
m16 Pfingsten/Heilsarmee (Folie 2) - Pfingstskulptur u. modernes Erscheinungsbild der Heilsarmee
Evangelisch-methodistische Kirche
m17 Entstehung und Ausbreitung - Die Expandierung der evangelisch-methodistischen Kirche
m18 „Typisch methodistisch!" - Merkmale der Methodisten und einer Freikirche
m19 Das Wesen eines Methodisten - Die Glaubensüberzeugungen (Quellentext von Wesley)
Die Pfingstbewegung
m20 Was ist den Mitgliedern wichtig? - Informationstext: Die Besonderheiten der Pfingstkirche
m21 Das Pfingstfest - Leseszene: Das Pfingstgeschehen nach Apg. 2,1-41
Die evangelisch-freikirchlichen Gemeinden
m22 Der neue englische Glaube - Entstehung und Ausbreitung der Baptisten in Deutschland
m23 Anne, Mitglied einer freikirchlichen Gemeinde - Erfahrungen in der Gemeinde