Katrin Büttner
Die Päpstliche Inquisition
Einführung
Inquisition — „das war wohl das düsterste Kapitel einer finsteren Epoche". „Wie konnte die Kirche nur so etwas tun?", so das Resümee und die entsetzte Frage einer Schülerin. In diesen Zitaten spiegelt sich recht eindrucksvoll das wider, was im kollektiven Gedächtnis der Menschen zum Thema ,Inquisition' verankert zu sein scheint. So stellt auch Peter Segl fest, dass man ...
„mit kaum einem anderen Wort ...so rasch und so erfolgreich all die bekannten und noch immer weitverbreiteten Klischees vom finsteren Mittelalter' geradezu schlagartig heraufbeschwören [kann,] wie mit dem Wort 'Inquisitiori'.
Assoziationen an brennende Scheiterhaufen, psychische und physische Foltern, brutalen Terror sowie kirchliche Herrschaftsansprüche nicht nur im politischen, sondern auch im geistigen und wissenschaftlichen Bereich ..." (Peter Segl: Einrichtung und Wirkungsweise der Inquisitio Haereticae Pravitatis im mittelalterlichen Europa. In: Die Anfänge der Inquisition im Mittelalter. Hrsg. von Peter Segl. Köln, Weimar, Wien, Bählau 1993. S. 1-38. S. 1)
... stellen sich offenbar geradezu automatisch beim Klang dieses Wortes ein. Wie von selbst — so scheint es — denkt jeder im Zusammenhang mit ,der Inquisition' an Galileo Galilei und Jeanne d'Arc, besinnt sich aber auch der unzählig vielen anderen anonymen Opfer, die auf grausamste Art und Weise von einer ,katholischen Behördenmaschinerie' gemartert und hingerichtet wurden. Inquisition gilt im allgemeinen Bewusstsein — und, wie es im Unterricht immer wieder festzustellen ist, auch unter Schülerinnen und Schülern - als die Chiffre für das Böse in der Kirche schlechthin. Und Inquisitoren scheinen nichts anderes als ,kranke Fanatiker' zu sein, die ,bis an die Knie in Blut waten' und sich an dem Leid ihrer Folteropfer freuen. Mit Abscheu und absolutem Unverständnis blicken viele auf die Zeit der Inquisitionen zurück.
„Es ist bequem, das Mittelalter und die Inquisition nach heutigen Maßstäben zu verketzern; eine solche Verdammung erklärt aber nichts." (Robert Lemm: Die Spanische Inquisition. Geschichte und Legende. München 1996. Klappentext)
Eine moderne Kirchengeschichtsdidaktik sollte jedoch vielmehr darum bemüht sein, historische Geschehnisse aus deren jeweiliger Zeit heraus zu erläutern. Genau dies soll, um einen berühmten und berüchtigten Teil der Kirchengeschichte verstehen zu können, im vorliegenden Heft in Bezug auf die Päpstliche Inquisition geschehen. Dieses Unterfangen ist insofern nicht ganz einfach, als dass sich die trügerischen und verabscheuungswürdigen Vorstellungen von ,der Inquisition' nahezu in jedem Kopf befinden. Daher muss diese Reihe nicht nur Einblicke in die Geschichte gewähren, sondern muss gleichzeitig mit den vielen Vorurteilen zu diesem Thema umgehen und sie durch neueres Forschungswissen ersetzen.
Einer der größten und hartnäckigsten Irrtümer bezüglich der Inquisitionen spiegelt sich in einer Wortverwendung wider: Häufig wird von der Inquisition gesprochen. Die (eine) Inquisition hat es historisch jedoch nicht gegeben. Vielmehr kam das von der römischen Kirche entwickelte Verfahren zur Aufspürung und Aburteilung von Irrlehrern und deren Anhängern in der Tätigkeit der Päpstlichen, Spanischen und Römischen Inquisition zur Anwendung. Diese drei Erscheinungsformen der Inquisition unterscheiden sich massiv in Bezug auf die Täter, Opfer, Organisation, Zeit, Ort u. v. a. m. Ein Gesamtüberblick über die drei großen Inquisitionen wäre in einem einzigen Heft gar nicht möglich, aber auch nicht sinnvoll. Um das Thema übersichtlich und in sich geschlossen zu halten, soll es hier nur um die Päpstliche Inquisition gehen.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1-2
2. UNTERRICHTSVERLAUF 3-10
3. MATERIALIEN 11-31
Problematisierung/Sensibilisierung: Christentum & Irrglaube 11-12
m 1 Das Glaubensspiel - Eine fiktive neue Glaubensgemeinschaft „durchspielen" und erleben.
Was ist „wahr" - und wie findet man es heraus? 13-14
m 2 (Claubens-)Wahrheit - was ist das? - Literarischer Einstieg in die Frage nach der Wahrheit,
m 3 Was ist „wahr" und wie stellt die Kirche das fest? - Einblick in die theologische Erkenntnislehre. ~ftt
Häresien - ein Teil der christlichen Geschichte 15-18
m 4 Häresie und der Umgang mit Irrgläubigen... - Positionen aus biblischen Texten zuordnen.
m 5 Ketzerei in der christlichen Antike - Sachtext: Ketzerei im Staatschristentum.
Mittelalterliche Häresien - der lange Weg zur Päpstlichen Inquisition 19-20
m 6 Mittelalterliche Häresie und das Vorgehen dagegen - fiktive Statements von Wanderpredigern.
m 7 Der lange Weg zur Päpstlichen Inquisition - Einhundert Jahre des „Ausprobierens".
Die Päpstliche Inquisition - wesentliche Merkmale 21-27
m 8 Die „Hunde des Herrn" (Folie 1) - Dominikaner als Spürhunde für Abweichler.
m 9/1 Der Ablauf des Verfahrens - Sachinformation zum Prozess.
m 9/2 Der Ablauf des Verfahrens - Beteiligte Personen und Strafen zuordnen.
m 10 Der hl. Dominikus als Inquisitor (Folie 2) - Inquisitionsprozess im Kunstgemälde.
m 11 Der Inquisitionsprozess - ein juristischer Fortschritt?! - Informationen für ein Schreibgespräch.
m 12 Inquisitor gesucht - Eine Stellenausschreibung wird formuliert.
m 13 Zwei Inquisitoren: Konrad von Marburg und Bernard Gui - Arbeit an den Biografien.
m14/1 Zwei Biografien - Ketzer oder Heiliger? - Der ambivalente Eindruck von Charakteren.
m14/2 Zwei Biografien - Ketzer oder Heiliger? - Zweierlei Maß, zweierlei Konsequenzen.
Das öffentliche Bewusstsein und die Faktenlage 28-29
m 15 Die (tatsächliche) Ausbreitung... - Informationen zur räumlichen Ausbreitung der Päpstl. Inqu.
m 16 Die Päpstliche Inquisition und die Ketzer - Informationen zum Verständnis der Eskalation.
Die folgende Entwicklung - Abgrenzungen 30-31
m 17 Das Ende der Päpstlichen Inquisition ... - Tabellarische Zusammenfassung und Abgrenzung.-^
4. IDEENBÖRSE 32