Markus Reissen/Andreas Bolha
Christen und Muslime
Geschwister, die sich kaum kennen Zum Inhalt dieser Ausgabe
In den letzten Jahren wurden viele Bücher und Hefte zum Thema „Islam" veröffentlicht. Die meisten widmen sich der Aufgabe, westlichen Menschen den Islam in seiner Entstehungsgeschichte und in seinen vielfältigen Facetten näherzubringen und in seinen Grundlagen zu erklären.
Das hier angebotene Material verfolgt einen anderen Ansatz: Es setzt bei weit verbreiteten Vorurteilen gegen den Islam bzw. die Musliminnen und Muslime an und versucht über diesen — auch emotionalen — Einstieg, Chancen für den interreligiösen Dialog zwischen Christinnen und Christen und ihren muslimischen Brüdern und Schwestern zu entwickeln. Soll der Dialog gelingen, muss er ernsthaft und nicht „so nebenher" angegangen werden; soll er ernsthaft gelingen, muss er ehrlich und offen geführt werden.
Dieser Dialog wird allen Beteiligten Kräfte abfordern. Nichts soll platt vom Tisch gewischt werden, sondern die Bilder in den Köpfen gründen auf Wahrnehmungen und Ängsten, manifestieren sich in Abgrenzungen und manchmal Auseinandersetzungen, reißen Gräben auf, die manchmal nur schwer zu überwinden sind. Die Beschäftigung mit diesen Bildern in den Köpfen soll Neugier wecken, hinter die Fassade der Menschen zu blicken. Es wird sich kein Schwarz-Weiss-Bild einstellen, es wird nicht kuschelig werden, und der Prozess wird abverlangen, viele Meinungen und Eindrücke zu überprüfen — ohne schon im Vorhinein exakt zu wissen, was am Ende herauskommen soll. Ziel ist nicht die Konfrontation, sondern die ehrliche Analyse, aus der ein gemeinsames Ziel entwickelt werden kann.
Ein „Brückenbau" wird nur möglich sein, wenn jede und jeder Einzelne Interesse am Gegenüber entwickelt und versucht zu verstehen, was er oder sie glaubt und warum wie handelt. Ganz deutlich soll an dieser Stelle gesagt sein: Nicht alle Menschen teilen die hier aufgeführten Vorurteile und Zuschreibungen und natürlich treffen sie nicht auf alle Menschen zu!
Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen, ...
- dass Vorurteile an sich kein Problem sind, sondern von entscheidender Bedeutung ist, wie wir mit Vorurteilen umgehen
- dass Bilder in den Köpfen nicht unbedingt mit der Wirklichkeit bzw. Wahrheit übereinstimmen
- dass wir unsere Angst nachzuforschen überwinden sollten und dadurch unvermutete Antworten bekommen können
- wie wertvoll ein Perspektivwechsel für ein tieferes Verstehen sein kann
- dass wir unseren eigenen Glauben und unsere eigene Religion im interreligiösen Dialog anders und teilweise besser sehen lernen — ohne ihn aufzugeben oder einzutauschen
- dass ,Fragen stellen' Freude machen kann und den Mitmenschen Möglichkeiten bietet, ihr wahres Gesicht zu zeigen
Das Material kann dann am besten eingesetzt werden, wenn Schülerinnen und Schüler beider Religionen zusammenarbeiten. Wenn dies im Rahmen des „normalen" Religionsunterrichts nicht möglich ist, können Gelegenheiten zur Begegnung geschaffen und genutzt werden.
Die Autoren dieses Materials gehen davon aus, dass die christliche und die islamische Religion vom selben Gott sprechen. Auf der Suche nach IHM und nach einem Leben in seiner Nähe möchten wir dazu einladen, sich aneinander zu reiben und miteinander auf den Weg zu einer tieferen Verständigung zu begeben.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1
2. DIDAKTISCHE HINWEISE 2–9
3. MATERIALIEN 10–32
Der Umgang mit Vorurteilen 10
m1 Vorurteile und der Umgang mit Vorurteilen – Zitate zeigen: Menschen haben Vorurteile.
Die Frau im Islam 11–19
m2 Eine Alltagsgeschichte aus Ägypten – Sich in die Perspektive verschiedener Personen begeben.
m3 Wie sah der Prophet Mohammed die Frauen? – Hintergrundinformationen zum Kopftuch.
m4 Das islamische Kopftuch – Ein Kleidungsstück wird zum Symbol.
m5/1 Zur Rolle der Frau im Koran – Aufforderung, sich mit einem Suren-Zitat auseinanderzusetzen.
m5/2 Zur Rolle der Frau im Koran – Beispiel einer islamischen Exegese.
m6/1 Zur Rolle der Frau in der Bibel – Bibeltextarbeit an einem Ausschnitt eines Paulusbriefes.
m6/2 Zur Rolle der Frau in der Bibel – Beispiel einer christlichen Exegese.
Aggressive Religion? 20–23
m7/1 „Der Islam will die Welt regieren!“ – Dschihad – Basisinformationen.
m7/2 „Der Islam will die Welt regieren!“ – Dschihad – Anmerkungen eines christl. Theologen.
m8 Aggressive Religion – nicht nur im Islam – Christlicher Fundamentalismus in Headlines.
m9/1 Zwischen allen Stühlen – Interview mit einem Gaza-Flüchtling.
m9/2 Zwischen allen Stühlen – Fortsetzung.
Familienordnung 24–27
m10 In der muslimischen Familie muss sich jedes einzelne Familienmitglied unterordnen
m11/1 „Stolz und Ehre sind den Muslimen wichtiger als alles andere!“
m11/2 „Stolz und Ehre sind den Muslimen wichtiger als alles andere!“
Rückständige Religion – rückständiges Weltbild? 28–32
m12 „Der Islam ist eine rückständige Religion!“ – Infotext; Rechercheauftrag.
m13 Alles über einen Kamm? – Infotext.
m14/1 Religion oder Kultur? – Infotext.
m14/2 Religion oder Kultur? – Unterscheiden und zuordnen.
m14/3 Religion oder Kultur? (Folie 1)
m15/1 Eigentlich sind wir als Christen und Muslime doch alle gleich – Abrahamitischer Ursprung
m15/2 Eigentlich sind wir als Christen und Muslime doch alle gleich (Folie 2)