Einführung
„Müssen wir da hin ...?“
Wenn es um den Besuch eines Gottesdienstes oder auch nur die Besichtigung einer Kirche geht, schallt Lehrerinnen und Lehrern mitunter Skepsis und Abwehr entgegen. Was macht Kirchenräume und die in ihnen gefeierten Liturgien so unattraktiv fürviele Kinder und Jugendliche? Sicherlich auch, dass diese Orte und Feiern vielen fremd oder doch zumindest wenig vertraut sind.
Dieses Unterrichtsvorhaben zielt darauf, dass die Schülerinnen und Schüler sich Kirchenräume Stück für Stück vertrauter machen. Sie näheren sich dem Raum und seinen Elementen an, indem sie ihn von seinen liturgischen Funktionen her verstehen lernen. Zudem werden ihnen immer wieder lebensweltliche Andockstationen geboten, die eine korrelative Erschließung der einzelnen Elemente anbahnen.
Die Liturgie ist die Bauherrin des Kirchenraums - ausgehend von diesem Grundgedanken wird der Kirchenraum von seinen liturgischen Funktionen her erschlossen. Aus katholischer Perspektive steht dabei ein Liturgie- und Gemeindeverständnis im Zentrum, das sich aus dem Zweiten Vatikanum entwickelt hat: Die Gemeinde, nicht (nur) der Priester, feiert in tätiger Teilhabe Gottesdienst - Liturgie ist als kommunikative Handlung zu verstehen, als Beziehungsgeschehen zwischen Gott und Mensch und zwischen Mensch und Mensch. In der liturgischen Feier bildet Jesus Christus die Mitte der Gemeinde, die zentralen liturgischen Handlungen spiegeln sich im „Tisch des Wortes" und im „Tisch des Brotes“, um die herum die Gemeinde sich geschwisterlich versammelt. Aus evangelischer Pers- pektive ist das Verständnis des Gottesdienstes in Teilen deckungsgleich, wenig venıvunderlich ist es also, dass sich auch die Kirchenräume in vielerlei Hinsicht ähneln. Während das Rednerpult hierjedoch keinen formalisierten Na- men erhält, spricht man einzig vom Altar als „Tisch des Herrn“, um den herum sich die Gemeinde versammelt, um das Abendmahl zu feiern. Als „Versammlung aller Gläubigen und Heiligen“ (Confession Augustana [CA], Art.8) ist Kirche als Ort der Zusammenkunft und Gemeinschaft konzipiert. `
„Führt ihr uns hinein ...?“ Die skeptische Fragehaltung positiv gewendet - als Anfrage unter Schülerinnen und Schülern wird sie zur Anforderungssituation. Diese gibt Anlass, das Vorwissen zu eruieren, weitere Fragen zu entwickeln und sich den Kirchenraum nach und nach anzueignen. Dies geschieht im ökumenischen Gespräch: Die Schülerinnen und Schüler entdecken die Kirchenräume beider Konfessionen und bereiten sich darauf vor, den je eigenen Raum vorstellen zu können.
Der liturgiedidaktische Zugang ergibt sich aus der theologisch-liturgiewissenschaftlichen Ausrichtung, die den Kirchenraum von und für seine liturgischen Vollzüge denkt und gestaltet. Ein erster Zugang ermöglicht erlebnispädagogisch ausgerichtete Erkundungen im Gesamtkirchenraum, die weiteren Materialien folgen von ihrem Zugriff her der genannten liturgiedidaktischen Ausrichtung.
An zentralen Elementen des liturgischen Feierns geht die Erschließung entlang: Vom Tisch des Brotes zum Tisch des Wortes, vom Ort des Neu- beginns zum Ort der Versöhnung. Die Elemente werden in ihrerje spezifischen konfessionellen Prägung betrachtet, aber auch ihr verbindender Charakter herausgestellt. Exemplarisch geschieht an der Erschließung der Elemente des Kirchenraums eine Auseinandersetzung mit den konfessionellen Unterschieden und Gemeinsamkeiten: Die Bedeutung der gemeinschaftlichen Mahlfeier wird ausgehend vom Tisch in der Mitte erschlossen, die konfessionellen Unterschiede im Mahlverständnis beispielsweise durch die Auseinandersetzung mit dem Tabernakel sichtbar. Dass die Wortverkündigung wesentliches Element aller christlichen Liturgien ist, wird in der Beschäftigung mit dem Tisch des Wortes deutlich. Die konfessionsspezifischen Akzentsetzungen werden am Beispiel der Kanzel deutlich.
„Dürfen wir euch hineinführen ...?“ Gelingt ein Stück weit eine Identifikation oder doch zumindest ein Vertrautwerden mit dem je eigenen Kirchenraum, dann wird er auch gern gezeigt! Die Schülerinnen und Schüler stellen sich ihre Kirchen gegenseitig vor und wenden ihr erworbenes Wissen an.
Die Unterrichtsbausteine leisten einen Beitrag zum Erwerb folgender Kompetenzen (KLP Kath./Ev. Religion NRW):
Die Schülerinnen und Schüler
0 erklären die unterschiedliche Bedeutung von Einrichtung und Gestaltung der Gotteshäuser in den drei abrahamitischen Religionen
0 begegnen Grundformen liturgischer Praxis (Gebet, Schulgottesdienst, Feiern) respektvoll und reflektieren diese
0 beschreiben unterschiedliche christliche Konfessionen anhand von Gebäuden, Angeboten und ihrer religiösen Praxis
0 vergleichen Unterschiede und Gemeinsamkeiten religiöser Praktiken unterschiedlicher Religionsgemein- schaften und stellen diese dar
0 vergleichen die evangelische und die katholische Kirche hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede
0 deuten anhand zentraler Symbole Kirche als Glaubensgemeinschaft 0 setzen religiöse Texte gestalterisch in verschiedenen Ausdrucksformen um
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1–2
2. DIDAKTISCHE HINWEISE 3–13
3. MATERIALIEN 14–32
Anforderungssituation und Lernausgangslage
M1 Eine Kirche betreten – Erhebung der Lernausgangslage 13
Kirchen?! Annäherungen
M2 Kirche?! – einen Begriff definieren 15
M3 Eine Kirche erkunden – einen Raum (mit allen Sinnen) erfahren 18
M4 Kirchengebäude in verschiedenen Formen – Merkmale erkennen 19
M5 Sich in einem Kirchenraum versammeln – Haltungen erproben und reflektieren 20
Orte des Brotes: Altar und Tabernakel
M6/1 Der Altar – ein besonderer Tisch 21
M6/2 Der Altar – ein Kreuzworträtsel lösen 22
M7/1 Ein besonderer Platz – eine Gedankenreise 23
M7/2 Ein besonderer Platz – einen Dialog gestalten 24
Orte des Wortes: Ambo und Kanzel
M8 Worte hörbar machen – der Ambo – Reden halten 25
M9 Typisch evangelisch – die Kanzel – Interviewfragen entwickeln 26
Orte des Neubeginns: Taufbecken und Beichtstuhl
M10/1 Wasser des Lebens – das Taufbecken – sich an die Taufe erinnern 27
M10/2 Die Taufkerze (nur auf der CD-ROM)
M10/3 Taufsprüche (nur auf der CD-ROM)
M11 Wo ich gehört werde – der Beichtstuhl – Orte erkunden 28
Orte des Lichts: Osterkerze und Heiligenbilder
M12 Das Licht in der Mitte – die Osterkerze – Informationen sortieren 29
M13/1 Ein besonderer Mensch – ein leuchtendes Beispiel – Bilder deuten 30
M13/2 Ein besonderer Mensch – ein heiliger Mensch (nur auf der CD-ROM)
Ein Ort der Musik
M14/1 Ein Ort der Musik – eigene Erfahrungen reflektieren 31
M14/2 Ein Ort der Musik (nur auf der CD-ROM)
Den Kirchenraum kennengelernt – Kompetenzüberprüfung
M15 Wie sieht‘s drinnen aus? – Innenräume zeichnen 32
M16/1 Einen Gebetsraum in der Schule gestalten (nur auf der CD-ROM)
M16/2 Einen Gebetsraum in der Schule gestalten (nur auf der CD-ROM)
M17 Wir zeigen euch unsere Kirche! (nur auf der CD-ROM)
INHALT