Christhard Lück / Dietmar Kehlbreier
Fußball und Religion
Zum Inhalt und zur Zielsetzung dieser Ausgabe
Vom 26. Juni bis zum 17. Juli 2011 findet zum zweiten Mal im 21. Jahrhundert eine Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland statt. Nach dem Sommermärchen 2006, bei dem die deutsche Nationalmannschaft der Männer den dritten Platz erreichte, sind nun die Frauen an der Reihe. Unter dem Motto „20ELF VON SEINER SCHÖNSTEN SEITE!" treten die 16 besten Teams der Welt gegeneinander an. Die deutschen Frauen sind als amtierende Weltmeisterinnen unter den Favoritinnen auf den WM-Titel. Die Vorfreude auf das Ereignis ist nicht zuletzt deshalb riesengroß, gerade auch bei unseren Schülerinnen und Schülern. Aber auch jenseits des Großereignisses Fußball-Weltmeisterschaft ist Fußball in aller Munde. Viele Gespräche im Klassenzimmer oder auf dem Pausenhof drehen sich um die „schönste Nebensache der Welt". Zahlreiche Jungen und Mädchen spielen Fußball in ihrer Freizeit, etliche von ihnen sogar in einem Verein. Jedes Wochenende „pilgern" außerdem Hunderttausende von Fans in die Fußballstadien, die modernen Kathedralen gleichen. Für viele hat die Zugehörigkeit zum richtigen Fußballverein dabei Bekenntnischarakter. Für die wahre „Fan-Gemeinde" ist Fußball schon lange nicht nur Spiel, sondern Lebens- und Glaubensinhalt. Das zeigen Sätze wie „Schalke ist Religion " oder „Jeder sollte an irgendetwas glauben, und wenn es an Fortuna Düsseldorf ist" (Campino, Sänger der Band „Die Toten Hosen" und Fortuna-Fan). Vergleiche zwischen Fußball und (christlicher) Religion werden vor diesem Hintergrund immer wieder gezogen. Insofern stellt sich die Frage, inwieweit das äußere Ereignis einer Fußball-Weltmeisterschaft ein Resonanzboden für die christliche Botschaft sein kann — und wo die Grenzen der Übertragbarkeit liegen. In den letzten Jahren haben sich drei Linien herauskristallisiert, wie das Fußball-Thema für den Religionsunterricht fruchtbar gemacht werden kann. Zum einen als missionarischer Impuls: Es gibt Fußballer, die sich bewusst als Christen verstehen und auch darin „Idol" oder „Vorbild" sein können. Es ist aber zu fragen, inwieweit der Fußball hier nur als Projektionsfläche für kirchliche Ziele genutzt wird. Fußball wird schnell nur der Aufhänger für das „Eigentliche", die Frohe Botschaft. Eine Verzahnung und gegenseitige Durchdringung wird theologisch oft nicht geleistet. Zum anderen können Rituale und religiöse Ausformungen im Fußball wahrgenommen und mit Gottesdienst und Glauben verglichen werden. Die Vorbereitung der Fans im Stadion gleicht fraglos der Liturgie eines Gottesdienstes; zudem finden sich z.B. in Fangesängen biblische Motive und quasi religiöse Elemente, die entschlüsselt und gedeutet werden können. Schließlich kann Fußball als kultureller Aspekt unserer Gesellschaft verstanden werden. Auch der christliche Glaube gehört in unsere Gesellschaft. Fußball und Glaube können sich so begegnen, quasi „gepflegte Doppelpässe auf dem kulturellen Spielfeld" spielen (Ein starkes Stück Leben, EKD-Broschüre zur WM 2006, 70). Denn beide Bereiche setzen sich - so zumindest der beiderseitige Anspruch - dafür ein, das Leben zu feiern und zu deuten. Kirche bzw. (christliche) Religion und Fußball haben einen vergleichbaren Auftrag, nämlich zu Toleranz und zu „Fairplay" zu erziehen und eine Ethik auszuprägen. Glaube und Sport sind jeweils international und weltweit ausgerichtet und können Botschafter des Friedens sein. In dem gemeinsamen Bemühen um Lebensdienlichkeit sind auch die Aspekte nicht zu vergessen, die in unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit dagegenstehen: Gewalt im Fußball (und in der Religion), Benachteiligungen von Frauen im Fußball (und in der Religion), das erbarmungslose Leistungsethos, die Vergötzung des Sports als Ersatzreligion. DFB-Chef Zwanziger hat im November 2009 auf der Gedenkfeier nach dem Freitod des Nationaltorwarts Robert Enke — mit Zitaten von zwei evangelischen Theologen — genau die beiden Pole benannt: „Fußball ist ein starkes Stück Leben" (Wolfgang Huber), aber „Fußball ist nicht alles" (Margot Käßmann). Der Religionsunterricht als Raum der Begegnung zwischen Fußball und Religion kann Jugendliche zum Nachdenken animieren. Er intendiert eine „kritische, urteilende Auseinandersetzung sowohl mit der Fußballkultur als auch mit der (christlichen) Religion(skultur)" (Pirner 2008, 76).
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1
2. DIDAKTISCHE HINWEISE 2–9
3. MATERIALIEN 10–32
Persönliche Annäherung 10–13
m1/1 Bilder … zum Fußball – Bilder als Ausgangspunkt für Collagen und Erzählungen.
m1/2 Bilder … zur Religion – Bilder als Ausgangspunkt für Collagen und Erzählungen.
m2 Steckbrief („Spielerpass“) – Fragebogen zu unterschiedlichen Aspekten des Themas.
m3 Prominente über „Fußball“ und „(christliche) Religion“ – Weiterarbeit mit Prominenten-Zitaten.
Frauen im Fußball und in der Religion 14–20
m4 Globalisierung – Frauen und Fußball (Folie 1)
m5 Ein neues Sommermärchen? Frauen-WM 2011 – Einzel- und Gruppenarbeit zu Impulsfragen.
m6 Fußball – eine für Frauen ungeeignete Sportart? – Bild- und Textarbeit mithilfe von Impulsfragen.
m7 Die Zukunft des Fußballs ist weiblich?! – Textanalyse und Austausch über eigene Erfahrungen.
m8/1 Frauen zwischen Kopftuch und Lederball (Folie 1)
m8/2 Frauen zwischen Kopftuch und Lederball (Arbeitsblatt zu Folie 1)
m9 Die Rolle der Frau in der Kirche – Impulse/Hilfen für die Textarbeit und die eigene Bewertung.
Fangesänge – Religiöse Texte oder profanes Gegröle? 21–24
m10 „Für manche von uns sogar Religion“: Fangesänge – Fangesänge kennenlernen und deuten.
m11 Fanparolen und -gebote – Fanparolen und -gebote mit biblischen Texten vergleichen und werten.
m12 Campino: Erfahrungen mit Fußball und christlichem Glauben – Einen Interviewausschnitt und
einen Fußballsong mithilfe von Impulsfragen interpretieren.
m13 You’ll Never Walk Alone – Aussagen einer „Fußballhymne“ mit biblischen Motiven vergleichen.
Fußball – Ganz das Leben 25–32
m14 Fußball als Spiegelbild der Gesellschaft – Bildbetrachtungen und -ergänzungen.
m15 „Ich hoffe, du bist jetzt bei den Engeln!“ – Erarbeitung zweier Texte mithilfe von Impulsfragen.
m16 Fußball verbindet die Welt – Fair gehandelte Bälle – Porträts deuten, Zusammenhänge erkennen.
m17 Fußball ist (nicht) alles?! – Ein Wochenblatt ergänzen, über die Stellung des Fußballs nachdenken.
m18/1 Abpfiff – Beim HSV kann man sich begraben lassen (Folie 2)
m18/2 Abpfiff – Beim HSV kann man sich begraben lassen (Arbeitsblatt zu Folie 2)
m19 Sich bekreuzigen im Fußball und in der christlichen Religion? – Eine kontroverse Frage erörtern.
m20/1 Beten … für den Erfolg? (Folie 2)
m20/2 Beten … für den Erfolg? (Arbeitsblatt zu Folie 2)
m21 1 Korinther 12 auf „fußballerisch“ – Interpretation und Vergleich einer Textübertragung; Bodenbild