Karin Ardey, Günther vom Stein
Geschichte der Kirche
Die ersten vier Jahrhunderte Einführung
Auf dem Weg von Jerusalem nach Rom
Pfingsten, das dritte kirchliche Hochfest, wird auch als „Geburtstag der Kirche" bezeichnet. An diesem Tag treten die Jünger Jesu - und wohl auch einige Jüngerinnen - zum ersten Mal nach der Ostererfahrung öffentlich auf. Bis dahin hatten sie sich aus Angst vor Verfolgung versteckt gehalten.
Durch das in der Apostelgeschichte geschilderte Pfingstereignis, die Ausgießung des Heiligen Geistes, erhalten sie neuen Mut. Petrus verkündigt das Evangelium so, dass alle Menschen es verstehen können. Seine Predigt ist so überzeugend, dass sich viele seiner Zuhörerinnen und Zuhörer aus allen Nationen spontan den Christusanhängern anschließen. Als äußeres Zeichen setzt Petrus die Taufe ein. Mit dem Zeichen der Taufe empfangen die Gläubigen den Geist Gottes, der sie befähigt, ein neues Leben zu führen. Die Apostelgeschichte spricht von 3.000 Menschen, die sich taufen lassen.
Das Leben in der Urgemeinde ist geprägt vom Zusammenstehen und Einsatz füreinander. Alle Besitztümer gehören der Gemeinschaft, alles wird geteilt. Im Mittelpunkt der Zusammenkünfte steht die Feier des Herrenmahls. Allerdings zeigt sich schon bald, dass die Gemeinde vielen strenggläubigen Juden ein Ärgernis ist. Stephanus, ein hellenistisch geprägtes Mitglied, wird sogar getötet und ein Teil der Gemeinde verfolgt (Apg 6,8-8,3).
All dies hält die Apostel, wie die Leiter der Gemeinde jetzt genannt werden, aber nicht von ihrem Glauben und der Verkündigung ab. Die Mission erreicht immer mehr Menschen, nicht nur in Jerusalem und Umgebung. Auch ein Äthiopier lässt sich auf dem Heimweg von Jerusalem, wo er im Tempel gebetet hat, taufen (Apg 8,26-38). So tritt das Evangelium seinen Weg in die Welt an.
Zu den eifrigsten Verfolgern der Christen gehörte der Jude Saulus. Durch eine Erscheinung Jesu wandelt er sich allerdings zu einem besonders treuen Apostel. Seine Wandlung zeigt sich auch in der Änderung seines Namens in Paulus. Er wird von dem Wunsch und Willen angetrieben, allen Menschen, auch den Heiden, die Frohe Botschaft zu verkünden und sie für die Gemeinde zu gewinnen. Auf seinen drei großen Missionsreisen gründet er zahlreiche neue Gemeinden, zuerst in Kleinasien, später auch in Griechenland. Nach Lukas, dem Verfasser der Apostelgeschichte, führt ihn seine letzte Reise nach Rom, um die dort schon etablierte Gemeinde zu besuchen.
Die ersten vier Jahrhunderte der Kirche
Die Römer ließen in ihrem Machtbereich jede Religion zu. Nur eine Bedingung war zu erfüllen: Jeder Staatsbürger musste regelmäßig dem Kaiser ein Opfer bringen. Das römische Staatsoberhaupt wurde wie ein Gott, zeitweise auch als Gott verehrt. Die Christen weigerten sich, diese Opfer darzubringen, weil sie nur an den einen Gott glaubten. Damit verstießen sie gegen das römische Staatsrecht und wurden zeitweilig verfolgt. Deshalb mussten sie sich heimlich treffen und mit Geheimzeichen verständigen.
64 n.Chr. ließ Kaiser Nero Rom anzünden und beschuldigte die Christen - er hatte so die Möglichkeit, viele zu foltern und hinzurichten. 50 Jahre später regelte Kaiser Trajan den Verlauf der Christenprozesse, indem er den christlichen Glauben zwar als verboten und todeswürdig bezeichnete, aber keine allgemeine Verfolgung der Christen anordnete. Die erste Verfolgung im gesamten Römischen Reich ordnete Kaiser Decius um 250 n.Chr. an. Er wollte den Verfall des Reiches aufhalten, indem alle gezwungen wurden, dem Kaiser zu opfern. Kaiser Diokletian griff im Jahre 303 n.Chr. zu noch härteren Maßnahmen: Kirchengebäude wurden zerstört, christliche Schriften verbrannt, Gottesdienste verboten. Wer nicht opferte, wurde getötet oder zu Zwangsarbeit verurteilt.
Im Jahre 305 endete die Herrschaft von Kaiser Diokletian. Nach einem Bürgerkrieg im Jahre 307 gab es mehrere römische Kaiser: Galerius, Maxentius und Konstantin. Nach dem Tod des Galerius 311 wollte Konstantin Alleinherrscher werden und besiegte Maxentius in der Schlacht an der Milvischen Brücke. Nach seinem Sieg gab er der Kirche neue Rechte. Seinen Einfluss auf die Kirche machte er besonders 325 deutlich, als er auf dem Konzil von Nicäa entschied, wie das Glaubensbekenntnis der Christen formuliert werden sollte. Kurz vor seinem Tod 337 ließ er sich taufen. Unter seinem Sohn Konstantius wurde das Christentum 346 Staatsreligion im Römischen Reich.
Grundsätzliche Überlegungen zur Kirchengeschichte
Kirchengeschichte ist für die Schülerinnen und Schüler auf den ersten Blick nicht interessant. Auch Lehrerinnen und Lehrer tun sich gemeinhin schwer damit. Ist das ein Grund, warum kirchengeschichtliche Themen in Religionsbüchern -wenn überhaupt - nur am Rande behandelt werden? Ist Geschichte ein trockenes Fach? Wie kann die Kluft zwischen Hier und Heute einerseits und dem Damals andererseits überbrückt werden? Wo sind die Ansatzpunkte, die verdeutlichen, dass ich in der Gegenwart aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen kann?
Es muss eine Übertragbarkeit vom Damals auf das Heute (und umgekehrt) geben, damit Kirchengeschichte nicht im luftleeren Raum bleibt. „In der heutigen Kirchengeschichtsdidaktik lässt sich eine integrative Sicht der unterschiedlichen Ansätze konstatieren: Der traditionserschließende, problemorientierte und lebensgeschichtlich-biografische Zugang zu kirchengeschichtlichen Grundthemen ermöglicht mehrperspektivische Umgangsweisen", damit die Vergangenheit vergegenwärtigt werden kann.1' Diese Tendenz sollte Lehrerinnen und Lehrer ermutigen, nicht nur Martin Luther, sondern auch andere kirchengeschichtliche Themen zu behandeln.
Intentionen
Die Schülerinnen und Schüler sollen erkennen, dass Kirche gewachsen ist, dass sie sich (auch schon im Laufe der ersten vier Jahrhunderte) nicht nur entwickelte, sondern in dieser Entwicklung auch bestimmte Gefahren zu bestehen hatte. Um diese Intention zu erreichen, wurden möglichst individuelle Beispiele gewählt, die für die jeweilige Situation der Gemeinde symptomatisch sind. Im weiteren Verlauf werden jedoch auch die ersten Machtausübungen der Kirche aufgezeigt, als aus den Verfolgten Verfolger wurden.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG
2. UNTERRICHTSVERLAUF
3. MATERIALIEN
Zu Pfingsten in Jerusalem
Imaginationsübungen zu den Symbolen der Pfingstgeschichte
m 1 Pfingsten - der Geburtstag der Kirche - Biblische Geschichte
m 2 Thomas Zacharias: Aussendung des Geistes (Folie 1) - Bildbetrachtung
m 3 Am hellen Tag kam Jesu Geist - Zwei Lieder zum Pfingstgeschehen
Leben in der ersten Gemeinde
m 4 Jerusalemer Gemeindebote - Kurztexte zum Leben in der ersten Gemeinde
m 5 Die Steinigung des Stephanus - Das Bekenntnis zu Jesus Christus führt zum Tod
m 6 Taufe im Blitzverfahren - Die biblische Geschichte vom Kämmerer aus dem Morgenland
m 7 Für Christus unterwegs - Kreuzworträtsel zum Leben des Apostels Paulus
m 8 Die Missionsreisen des Paulus (Folie 1) - Landkarte
m 9 Die Gemeinde in Antiochia - Vom Leben in den ersten Gemeinden außerhalb Jerusalems
m 10 Paulus in Ephesus - Die biblische Erzählung vom Aufstand der Silberschmiede
Die Kirche in den ersten vier Jahrhunderten
m 11 Eine schwierige Entscheidung - Konflikt in der Lebenswelt
m 12 Etwas Mut gehört dazu - Das Fischzeichen als urchristliches Symbol
m 13 Mosaik in Ravenna (Folie 2) - Einzelne Teile bilden zusammen die Gemeinde
m 14 Ein Briefwechsel zwischen Statthalter und Kaiser - Verfolgungen im Römischen Reich
m 15 Ein Gespräch unter römischen Christen - Höhepunkt der Verfolgungen
m 16 Eine Geschichte gegen die Angst - Die Mut machende Botschaft Jesu
m 17 Arbeit in den Katakomben - Leben der Gemeinde im Untergrund
m 18 Auf dem Weg zur Staatskirche - Die Umkehrung: von Verfolgten zu Verfolgern
m 19 Spaltungen in der christlichen Kirche - Überblick über die Entwicklung der Kirche
m 20 „Ich möcht', dass einer mit mir geht" - Hoffnung aus der Vergangenheit für die Zukunft
m 21 Claudia Krug: Himmel und Erde werden vergehen ... (Folie 2) - Gott ist Anfang und Ende
4. IDEENBÖRSE