Christina Köß
„Oskar und die Dame in Rosa" -mit Kindern über den Tod sprechen
Ideen zum Umgang mit einer Ganzschrift im Religionsunterricht Zum Inhalt des Buches
Der zehnjährige Oskar hat Krebs - Leukämie. Im Krankenhaus warten er und seine Freunde mit den wunderlichen Namen „Bacon", „Einstein", „Popcorn" und „Peggy Blue" auf Heilung. Oskar, der aufgrund der chemotherapeutischen Behandlung seiner Erkrankung alle Haare verloren hat und daher „Eierkopf' genannt wird, weiß bald, dass es für ihn keine Heilung geben und er das Krankenhaus nicht lebendig verlassen wird. Oma Rosa, die ehemalige Catcherin und altersweise Rosa Dame, kümmert sich um den kleinen Oskar, der sich von seinen Eltern verraten und verlassen fühlt. Im Gegensatz zu den Eltern spricht Oma Rosa mit Oskar über seine Krankheit und über den Tod. Sie ist es auch, die Oskar zwei Tipps gibt, mit der schrecklichen Wahrheit zurechtzukommen. Sie fordert Oskar auf, seine Gedanken und Gefühle, seine Ängste und Freuden in Briefen an Gott mitzuteilen. Außerdem sensibi-lisiert sie ihn für seine letzten Tage: Er soll sich vorstellen, jeder gelebte Tag bedeute zehn Jahre seines Lebens. Obwohl Oskar seine Schwierigkeiten mit dem Glauben an Gott hat, lässt er sich auf das Experiment ein — und erlebt so ein ganzes Menschenleben.
In 13 unsentimentalen, nachdenklichen und wunderbar komischen Briefen erzählt Oskar von seinem Leben, von seiner ersten Liebe, von Partnerschaft, Streit, Midlife-Crisis - und von der Vorbereitung auf den Tod. Die tiefgläubige, zugleich pragmatische und dem Leben zugewandte Oma Rosa ist es, die ihm jeden Tag aufs Neue Anstöße gibt, über sein Leben nachzudenken und die Angst vor dem Tod zu verlieren. Ihre Unterhaltungen mit Oskar sind zugleich ein Grundkurs des Glaubens und Ver¬trauens. Oma Rosa bringt Oskar einen Gott nahe, der mitleidet, der sich im Leiden und mit dem Lei¬denden solidarisch zeigt. Ihre Christologie ist es schließlich, die Oskar vertrauen und sein Leiden als Weg zu Gott verstehen lässt.
Didaktische und methodische Überlegungen
Mit Kindern und Jugendlichen über die Themen „Tod" und „Trauer" ins Gespräch zu kommen, noch dazu über das Sterben von Kindern, ist nicht leicht. Als Lehrperson weiß man nicht, welche Erfah¬rungen die Schülerinnen und Schüler mit dem Tod bereits gemacht haben oder sogar gerade machen. Zudem ist es schwierig, angesichts eines derart emotional besetzten Themas die Bereitschaft zur Mitarbeit einzufordern. Somit sind für den Einsatz des vorliegenden Materials eine gewisse Ver¬trautheit mit der Lerngruppe Voraussetzung sowie die zuvor geprüfte Bereitschaft der Schülerinnen und Schüler, sich des Themas anzunehmen.
Die Auseinandersetzung mit einer Ganzschrift bietet gleichermaßen die Möglichkeit der Identifika¬tion wie der Abgrenzung. Beide Zugänge werden in dem vorliegenden Material berücksichtigt. Zum einen werden in produktions- und handlungsorientierten Arbeitsanweisungen die Auseinander¬setzung und Identifikation mit der Hauptfigur Oskar gefordert. Die Schülerinnen und Schüler leiden und lachen mit Oskar, sie lassen sich auf seine philosophischen Überlegungen über das Leben ein und werden aufgefordert, solche über ihr eigenes Leben anzustellen. Zum anderen werden die Schülerin¬nen und Schüler auch konfrontativ an den Gedanken des eigenen Sterbenmüssens und des eigenen Todes herangeführt. Dies birgt gleichermaßen Chancen wie Gefahren. Ein Vorteil besteht darin,
Jugendliche und ihre Einstellungen, Erfahrungen und Ängste zum Thema ernst zu nehmen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Vielfach beklagen gerade Heranwachsende das unverständliche Schweigen, das Erwachsene beim Thema „Tod" umgibt. Zugleich birgt die Sensibilisierung auf den Tod und den Gedanken ans Sterben die Gefahr, den eigenen Ängsten nicht Herr werden zu können. Somit bietet es sich an, bestimmte Aufgaben als Einladungen zu verstehen, die freiwillig zu bearbeiten sind, die mit vertrauten Personen besprochen und verglichen werden können.
Für die Unterrichtsreihe ist es ratsam, sich den Roman selbst anzuschaffen. Es sind auf den Arbeits¬blättern zwar die relevanten Textstellen abgedruckt, diese sind jedoch ausschließlich für die Hinfüh¬rung und zur Bearbeitung der Aufgaben wichtig. Angesichts des geringen Romanumfangs bietet es sich an, den Schülerinnen und Schülern jeweils einen Teil des Romans vorzulesen (auch hier können natürlich Lücken gelassen werden) und sie im Folgenden mit den Arbeitsblättern arbeiten zu lassen. Das Vorlesen schweißt die Lerngruppe zusammen, alle lachen an komischen Stellen mit und werden an anderer Stelle nachdenklich. Darüber hinaus werden den Lernenden durch das Vorlesen des ganzen Romans auch die größeren Zusammenhänge klar; dies betrifft insbesondere die zarte Liebesgeschichte zwischen Oskar und Peggy Blue oder die Auseinandersetzung mit den Eltern; beides wird in den Materialien nicht explizit behandelt.
Die Anordnung der Arbeitsblätter folgt der Logik des Romans, als Lerngruppe sind sowohl jüngere Schülerinnen und Schüler, z.B. der Jahrgangsstufe 6, denkbar, als auch Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Erstere können sich auch hinsichtlich des Alters mit Oskar identifizieren, für letztere bietet das Buch einen geeigneten Einstieg in die Eschatologie.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1–2
2. DIDAKTISCHE HINWEISE 3–10
3. MATERIALIEN 11–31
Einstieg: Die Konfrontation mit dem Gedanken an den (eigenen) Tod 11–13
m1/1–2 Der Tod und der Gänsehirte – nach einem Märchen der Gebrüder Grimm –
kreatives Schreiben und Rollenspiel
m2 (Eigene) Erfahrungen mit Tod und Sterben – ein Schreibgespräch
Einstieg in das Buch „Oskar und die Dame in Rosa“ – Kennenlernen der Hauptfigur 14
m3 Die erste „Begegnung“ mit dem Buch „Oskar und die Dame in Rosa“ –
Beschreibung der Umschlaggestaltung – Folie
m4 Was ist Krebs?
Formen des Umgangs mit dem Sterbenmüssen 15–24
m5 Mein Brief an Gott – kreatives Schreiben
m6/1 „Irgendwo gibt es immer eine Tüte Mehl“ – leben heißt kämpfen –
Einführung in bildliche Sprache
m6/2 Stell dein Licht nicht unter den Scheffel! – Umgang mit einem biblischen Bildwort und
physikalisches Experiment
m7 Mein Leben in sieben Tagen – Gedankenexperiment
m8/1 Umgang mit dem Tod: Verdrängen – Rollenspiel
m8/2 Umgang mit dem Tod: sich ihm stellen – das Kinderhospiz – Textbearbeitung nach der
Fünf-Schritt-Methode, Brief
Das Beste kommt zum Schluss: Tod und Auferstehung 25–31
m9/1–2 Der mit-leidende Gott: Diego Velázquez’ „Christus am Kreuz“ –
eine Bildbetrachtung – Folie
m9/3 Der mit-leidende Gott: Diego Velázquez’ „Christus am Kreuz“ –
eine Bilddeutung mit Gespräch
m10/1–2 Weisheiten, die nicht in Büchern stehen – Arbeit mit Lexikoneinträgen, Assoziationsstern
m11 Gott zu Besuch bei Oskar – Bildproduktion
m12 „… nur Gott darf mich wecken“ – Gespräch
m13 Letzte Worte an Oskar
4. IDEENBÖRSE 32
Literatur (Auswahl)