Christhard Lück/ Gunther vom Stein
Gehe hin und handle ebenso — Diakonie
"Eine geizige Welt schlittert in eine zweite, in eine soziale Klimakatastrophe — außen die Erderwärmung, innen die Eiszeit kalter Berechnung. Wenn alle aufhören, mit ihren Gaben zu geizen, seien sie materieller, seelischer oder geistiger Art, dann taut das Eis in den Herzen. “
www.7-wochen-ohne.de, "Verschwendung. 7 Wochen ohne Geiz“, 2008
"Wenn ein Bruder oder eine Schwester keine Kleider hat und der täglichen Nahrung entbehrt und jemand von euch sagt zu ihnen: Geht hin in Frieden, wärmt und sättigt euch.L ohne ihnen das Lebensnotwendige zu gehen, was nutzt das? “
Jakobus 2,1 5-16, Zürcher Übersetzung
Viele Menschen haben gegenwärtig den Eindruck, dass wir in Deutschland trotz international vorbildlicher sozialer Sicherungssysteme kurz vor einer sozialen ,Klimakatastrophe‘ stehen. Als eine Ursache hierfür wird eine sich verbreitende ,,Geiz-ist-geil-Mentalität“ identifiziert, die in kalter Berechnung vor allem auf den eigenen Vorteil bedacht ist. Diese Mentalität hat u.a. zur Folge, dass in einem wohlhabenden Land wie Deutschland immer mehr Menschen leben, die in finanziellen oder psychischen Nöten sind. Gleichzeitig vermehrt sich bei zahlreichen Mitbürgern die Einsicht, dass egoistische Handlungsorientierungen langfristig nicht nur gesamtgesellschaftlich schädlich sind, sondern sich auch individuell nicht unbedingt auszahlen. So macht die neuere Glücksforschung darauf aufmerksam, dass man sein Glück nicht (er-)kaufen kann. Ein verschwenderischer Umgang mit den eigenen materiellen Gütern sowie geistigen und seelischen Gaben lässt hingegen nicht nur das Eis in den Herzen der Menschen tauen, sondern ermöglicht oftmals ein glückliches, zufriedenes und gesundes Leben. (Vgl. Stefan Klein: Vom Sinn des Gebens. Warum Selbstlosigkeit in der Evolution siegt und wir mit Egoismus nicht weiterkommen, Frankfurt a.M. 2011.)
Diakonie (griechisch diakonia: "Dienst“) und diakonisches Handeln gehören zu den grundlegenden Wesens- merkmalen der Kirche (notae ecclesiae) und des christlichen Glaubens. Dieser hat, wie u.a. der obige Aus- schnitt aus dem ]akobusbrief zeigt, nicht nur das ewige Heil, sondern auch das irdische Wohl der Mitmen- schen im Blick. Wortverkündigung und Diakonie, verstanden als Liebe und Dienst am Nächsten, sind nicht gegeneinander auszuspielen, sondern bedingen sich gegenseitig. Darauf weisen neutestamentliche Texte — wie beispielsweise das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lk 10,25-37) und die Heilung eines Gelähmten durch Jesus (Mk 2, 1-1 2) — pointiert hin. Die ersten christlichen Gemeinden haben ihr diakonisches Handeln deshalb auf jesus, den Sohn Gottes, zurückgeführt. Diakonisches Handeln ist aber nicht aus- schließlich aus dem Neuen Testament zu begründen. Es hat seine Grundlegung bereits in der hebräischen Bibel (vgl. Grüsemann 1998, 67-93). Neutestamentliche und alttestamentliche Texte zusammen bestimmen christlich motiviertes diakonisches Handeln, das in der Diakonie Gottes, seinem geschichtlichen Heilshandeln, begründet ist. Da sich Gott besonders für das Recht der Not-Leidenden einsetzt (vgl. m2/ 1), soll sich sein Volk auch gegenüber Notleidenden und Benachteiligten als fürsorglich erweisen.
Die vorliegende Ausgabe möchte Schülerinnen und Schüler auf inhaltlich vielfältige Weise in das Thema "Diakonie“ einführen. Die Arbeitsaufträge zu den Materialien sind dabei so gestaltet, dass sie ihre eigene Lebenswirklichkeit einbringen und ihre eigenen Deutungen und Übertragungen entwickeln können. Methodisch zeichnet sich das Heft durch ein breites Repertoire an handlungsorientierten Arbeitsformen wie Rollenspielen, Texttheatern, Bildanalysen, kreativen Schreibprozessen oder Recherchen im Internet aus.
Folgende Kompetenzen sind intendiert:
Die Schülerinnen und Schiller
- identifizieren diakonisches Handeln als Ausdruck und Gestaltung christlich motivierter Nächstenliebe
- unterscheiden und beschreiben verschiedene Zielgruppen und Formen diakonischen Handelns
- erläutern, auf welche Weise christlicher Glaube zum Einsatz für andere befreien kann
Kernlehrplan für das Gymnasium, Sekundarstufe l, Evangelische Religionslehre NRW
Inhaltsverzeichnis
1.EINFÜHRUNG 1
2. DIDAKTISCHE HINWEISE 2-12
3.MATERIALIEN 13-32
Grundlagen der Diakonie 13-25
ml Was ist Diakonie? - Fotos beschreiben die Tätigkeitsfelder der Diakonie.
m2/1 Gottes Fürsorge — Psalm 146 als Texttheater
m2/2 Gottes Fürsorge - Die Bibel berichtet von Randgruppen in alttestamentlicher Zeit.
m3 jeder bekommt das, was er braucht - Die Diakonie Gottes im biblischen Gleichnis erschließen.
m4 Freunde — Die Geschichte der,,Arbeiter im I/Veinberg“ iiber eine Gefählsskala erschließen.
mS Jesus und der Gelähmte — Zwischenfragen vermitteln die Perspektive des Gelähmten.
m6/1 Der barmherzige Samariter - Bildinterpretation; Die Hilfe als persönliche Zuwendung.
m6/2 Der ba rmherzige San1ariter—Am Gemälde Rernbrandts ausgelegt.
m6/3 Der ba rmherzige Samariter - Ein Dialog uber die Folgen des diakonischen Handelns.
m7/1 Werke der Barmherzigkeit (Folie 1)
m7/2 Werke der Barmherzigkeit- Bildinterpretation uber ii/lt 25,33-36.
m7/3 Werke der Barmherzigkeit- Werke der Barmherzigkeit für die Gegenwart fortschreiben.
Diakonie in Geschichte und Gegenwart 26-30
m8 Persönlichkeiten der Diakonie — Recherche zu bedeutenden Persönlichkeiten der Diakonie.
m9 Anke Matull, Diakoniestation Wermelskirchen - Vielfältigkeit der ambulanten Pflege.
m10/1 in guten Händen — Arbeitsfelder einer Diakoniestation vorgesteiit.
m10/2 in guten Händen (Folie 2)
mll/l Hospiz — Hospiz ist eine Haltung; Grundlagen der Hospizbetuegung.
m11/2 Hospiz - Lebensmögiichkeiten in einem Hospiz.
m12 SchuImateriaIienkammer — Perspektivenwechsel als Voraussetzung fur diakonisches Handeln.
Helfen macht glücklich! 32-33
m13 Ehrenamtliches Engagement - Möglichkeiten des Engagements. _
m14 Zehn Regeln zum Glück — Vergleich mit eigenen Glücksvorstellungen