Einführung
In der Charta der Vereinten Nationen zu den Menschenrechten heißt es: "Alle Menschen sind frei und gleich an Würde und Rechten geboren. Sie sind mit Vernunft und Gewissen begabt und sollen einander im Geiste der Brüderlichkeit begegnen." (Art. 1)
Die Wirklichkeit allerdings ist häufig weit von diesem Anspruch entfernt, und zwar nicht nur in Bezug auf die Menschen in der so genannten Dritten Welt, sondern auch mitten im wohlhabenden demokratischen Deutschland. Auch hier gibt es zahlreiche Menschen, die ihrer Würde beraubt und in ihren Rechten stark eingeschränkt sind. Sie zählen zu den so genannten "Randgruppen" der Gesellschaft. Alte und Kranke, Behinderte, Arbeitslose, Nichtsesshafte und Ausländer leben häufig in Not und sozial ungerechten Verhältnissen. Viele Menschen, die in den Augen der Gesellschaft nicht den allgemeinen Leistungsansprüchen genügen, die auf Kosten der Gesellschaft zu leben scheinen und den Sozialkassen Kosten verursachen, werden ausgegrenzt und begegnen vielseitigen Vorurteilen.
Leider ist der Staat, dessen ureigenste Aufgabe es sein sollte, auf die Einhaltung der Menschenrechte zu achten und sie durchzusetzen, dazu häufig nicht in der Lage und tut sich schwer, für eine menschenwürdige Gesetzgebung zu sorgen, wie z.B. die Debatte und Gesetzeslage zum Asyl- und Ausländerrecht hierzulande gezeigt hat, Deshalb haben sich eine Reihe von freien Wohlfahrtsverbänden dies zur Aufgabe gemacht und handeln stellvertretend für den Staat. Zu diesen Wohlfahrtsverbänden gehört auch das Diakonische Werk der Evangelischen Kirche in Deutschland mit seinen einzelnen Werken in den Landeskirchen. Sie sind vor Ort in den Kirchenkreisen/Dekanaten tätig.
Die Geschichte der organisierten Diakonie begann 1848 mit dem Hamburger Theologen Johann Hinrich Wichern, auf dessen initiative auf dem Wittenberger Kirchentag der "Centralausschuss für Innere Mission der Deutschen Evangelischen Kirche" gegründet wurde. Wichern verstand innere Mission als tätiges Handeln gegen geistliche und materielle Armut und soziale Not.
Dem Zusammenschluss der 24 landeskirchl ichen Diakonischen Werke im Diakonischen Werk der EKD gehören heute ebenfalls neun Freikirchen mit ihren diakonischen Einrichtungen und go verschiedene Fachverbände an. in ihnen sind ca. 400.000 Menschen hauptamtlich beschäftigt. Es gibt ungefähy 7.ooo diakonische Selbsthilfe- und Helfergruppen. in den rund i8.ooo Gemeinden der Landes- und Freikirchen helfen noch einmal über 400.ooo ehrenamtlich Tätige.
Dabei ist das Diakonische Werk nicht nur in Deutschland tätig, sondern arbeitet auch
im internationalen Rahmen, z.B. im europäischen Verband "Eurodiaconia", zusammen mit "Brot für die Welt" in der Katastrophenhilfe oder bei der Unterstützung ausländischer Studierender in Deutschland und in den Heimatländern.
Die Diakonie versteht sich als Antwort der Gemeinde auf das Leben und Sterben jesu Christi. Jesus selbst hat sich den Ausgestoßenen und Kranken zugewendet. Mit seinem Handeln wollte er einen Ausblick auf das Leben im Reich Gottes geben und die Menschen seiner Zeit auffordern, es ihm gleichzutun. Mit ihrem diakonischen Handeln erinnert sich die Gemeinde und der Einzelne, dass Gott auf der Seite derjenigen Menschen steht, die ausgegrenzt sind und Hilfe brauchen. Diakonisches Handeln gehört zum Selbstverständnis christlichen Glaubens. Es ist ein Beitrag zum Erhalt der Menschenwürde eines jeden Menschen, zum Gewinn seiner Freiheit und zu gelebter Solidarität. Es gründet auf dem Gedanken, dass alle Menschen Gottes Ebenbild und seine gleichwertigen Geschöpfe sind.
Intentionen
Durch die Berichte in der Presse und im Fernsehen werden Kinder und jugendliche mit Leid und Not in der Welt konfrontiert. Häufig werden sie in ihrer unmittelbaren Umgebung selbst Zeugen von Krankheit, Armut, Ausgrenzung und sozialer Not. Sie werden Zeugen von verweigerter Hilfe, von Sachzwängen, die Hilfe unmöglich machen. Sie erleben die Belastung, nicht helfen zu können, aber nehmen auch wahr, dass sie aufgrund eigener Bedürfnisse nicht helfen wollen. Häufig fühlen sich jugendliche in solchen Situationen unsicher und unwohl. Im Angesicht der zahlreichen Notsituationen breitet sich teilweise Resignation aus.
Aus diesem Grund ist es überaus wichtig, Schülerinnen und Schüler zu kleinen Schritten in ihrer Nähe zu motivieren und zu ermutigen. Sie wissen, dass auch sie selbst manchmal Hilfe brauchen und wie gut es tut, Hilfe zu erfahren. So können sie sich sicherlich in Notsituationen in ihrer unmittelbaren Umgebung versetzen. Dies kann allerdings nur über den Kontakt mit betroffenen Menschen, über die Begegnung und das Gespräch mit ihnen erreicht werden.
Ober das Kennenlernen von zwei diakonischen Einrichtungen - das Rauhe Haus in Hamburg und die v. Bodelschwinghschen Anstalten in Bethel - und die Begegnung mit diakonischen Arbeitsfeldern und dort tätigen Menschen in ihrer Umgebung sollen die Schülerinnen und Schüler Mut fassen zu eigenem Handeln. Dies kann sowohl in persönlichem Engagement als auch in einer Gruppe geschehen - häufig ist es leichter, nicht ganz auf sich selbst gestellt zu sein.
Darüber hinaus sollen die Schülerinnen und Schüler den biblischen Ursprung diakonischen Handelns kennen lernen und sich mit ihm auseinander setzen. Nicht zuletzt sollen sie sich mit der Frage beschäftigen, ob es allein Aufgabe der Kirche ist zu helfen oder ob nicht in vielen Bereichen die politische Dimension, z.B. die Rechtsprechung, und mit ihr auch die ökonomische Struktur mit in den Blick genommen und verändert werden muss.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG
2. UNTERRICHTSVERLAUF
3. MATERIALIEN
Einstimmung
M 1 Herr Brockstiepel und die Penner
Durch ein Gedicht die eigene Einstellung Hilfesuchenden gegenüber reflektieren
M 2 Es ist dir gesagt, Mensch
Was uns die Bibel sagt
M 3 Zwei rabbinische Geschichten
Gedanken des Judentums zur Nächstenliebe kennen lernen und reflektieren
M 4 "Schnell weiter! Der Samariter kommt gleich"
Mithilfe einer Karikatur das Gleichnis vom barmherzigen Samariter memorieren
M 5 Der barmherzige Samariter
Ein Textpuzzle zusammensetzen
M 6 "Papa, Mama hat gesagt"
Heute Samariter sein
M 7 Taten der Gnade (Folie)
Durch ein Bild die sechs Werke der Barmherzigkeit kennen lernen
M8 Vom Weltgericht
Auszüge aus der Rede Jesu über die Kriterien des Weltgerichts kennen lernen
M 9 Taten der Gnade
Anhand einer Collage biblische und heutige Taten der Gnade kontrastieren
M 10 Aber ... was kann ich schon tun?
Über eigene Möglichkeiten gelebter Nächstenliebe nachdenken
Diakonie in ihren Anfängen und heute
M 11 Das Diakonische Werk
Informationen über das Diakonische Werk erhalten
M 12 Arbeitsfelder der Diakonie
Die Vielfalt der diakonischen Arbeit kennen lernen
M 13 Ein junger Pfarrer sieht das Elend
Johann Hinrich Wichern als"Vater der Diakonie" kennen lernen
M 14 Gelebte Diakonie im "Rauhen Haus"
Die Stiftung des Rauhen Hauses von den Anfängen bis zur Gegenwart kennen lernen
M 15 Wichern zwingt die Kirche zum Handeln
Sich mit den theologischen Gedanken Wicherns auseinandersetzen
M 16 Stationen aus dem Leben des Pastors Friedrich von Bodelschwingh
Den Gründer der größten diakonischen Einrichtung in Europa kennen lernen
M 17 In Bethel ein neues Leben anfangen
Bericht eines Epilepsiekranken über die erfahrene Hilfe zur Selbsthilfe
M 18 Muss Kirche immer helfen?
Über die Verpflichtung der Kirche zur Hilfestellung bei knapper werdenden Geldern oder bei "Selbstverschulden " nachdenken
4. IDEENBÖRSE
5. TAFELBILDER