Vorwort
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Besprechung des Kirchenjahres erfordert heute ein anderes Vorgehen als noch vor wenigen Jahrzehnten. Als der regelmäßige Kirchenbesuch der Familien mit ihren Kindern an Sonn- und Feiertagen für die meisten Christinnen und Christen selbstverständlich war, konnten bei den Schülerinnen und Schülern Kenntnisse und Erfahrungen zu kirchlichen Festtagen vorausgesetzt werden.
Das hat sich grundsätzlich geändert. Der sonntägliche Messbesuch ist sporadisch geworden; Feiertage sind freie Tage, die als Freizeit genutzt werden. Weihnachten bildet hier eine bemerkenswerte Ausnahme.
Für den Religionsunterricht bleibt die Aufgabe, die Vorbereitung auf die jährlich wiederkehrenden christlichen Besinnungstage existentiell wirksam werden zu lassen. Dies muss im ersten Schritt kognitiv geschehen durch reine Wissensvermittlung. Noch bedeutsamer aber ist das Ansprechen der emotionalen, affektiven Ebene der Jugendlichen besonders auch in Bezug auf kirchliche Feste; denn an diesen Tagen soll schließlich gefeiert werden. Hierzu enthalten die Ideen für offenen Unterricht eine Reihe von Anregungen.
Da viele zentrale Festzeiten in die Ferienzeit fallen und kirchliche Feiertage eben auch keine Schultage sind, ist ein gemeinsamer Besuch der jeweiligen Festliturgie meist nicht praktikabel, obwohl das persönliche Erleben und Mitfeiern erst den vollen Zugang zum Sinn des Festtages verschafft.
Der Einsatz audiovisueller Medien kann dafür ein gewisser Ersatz sein. Wenn die Schülerinnen und Schüler schon nicht in die Kirche gehen, muss die Kirche zu ihnen kommen z.B. in Form ansprechender Festmusik und Filmvorführungen über die Tage, die sie festlich begeht. Da Musikhören nicht das persönliche Mitfeiern ersetzen kann, sollten die Schülerinnen und Schüler selber singen, um so aus der reinen Zuschauerrolle herauszukommen.
Eine Kerzenmeditation im Advent, das gemeinsame Beten des Kreuzweges, das bewusste Durchleben der vorösterlichen und vorweihnachtlichen Fastenzeit bieten hierzu Gelegenheit. Singen, Darstellen von eigenen Spielszenen, Malen zentraler Szenen und Stimmungen, Ideen zur Liturgiegestaltung ergänzen die affektive Auseinandersetzung mit den Festtagen, die an wichtige Ereignisse im Leben Christi erinnern.
Didaktische Überlegungen/Zielsetzungen
Es gibt grundsätzlich zwei Möglichkeiten, die vorliegende Unterrichtsreihe durchzuführen.
Die erste behält den Vorschlag der Richtlinien im Blick, kirchliche Festtage und -zeiten im Verlauf eines Jahres jeweils dann im Unterricht zu besprechen, wenn sie unmittelbar bevorstehen. Der Vorteil dieser Vorgehensweise liegt darin, die Schüler/innen aktuell vorzubereiten, ihnen die kommenden Feiertage ins Bewusstsein zu rufen, sie dafür zu sensibilisieren. Dies hat sich schon in Kindergarten und Grundschule bewährt, indem dort vor bestimmten Festen gebastelt wird und die Räume geschmückt werden. Bei größeren Kindern tritt dieser Aspekt im Schulalltag immer mehr in den Hintergrund; sie nehmen nicht mehr mit selbst gebastelten Laternen am Martinszug teil, und das weihnachtliche Schmücken beschränkt sich auf das Zuhause. Jetzt ist starkes Einfühlungsvermögen seitens der Rellgionslehrer/innen gefragt, wenn sie einerseits kognitiv den Sinn kirchlicher Feste übermitteln, andererseits die Schüler/innen auch affektiv ansprechen möchten. Eine wirkungsvolle Methode ist dabei immer noch das kritische Hinterfragen eingefahrener Bräuche: Welche Bedeutung haben die Ostereier zu Ostern, der Christbaum zu Weihnachten, das Hinzufügen der drei Königsfiguren zur Krippe am 6. Januar, der Besuch der Friedhöfe am Vorabend von Allerseelen, der Martinszug am Heiligenfest, voll gefüllte Stiefel am Nikolausabend, das Fastnachtstreiben vor der Fastenzeit? Diese Bräuche reichen in den Alltag der Menschen hinein, während andere sich (fast) ausschließlich auf den liturgischen Bereich beschränken wie z. B. das Entzünden des Osterfeuers und der Osterkerze, die Verhüllung des Kreuzes, der Einzug mit (Palm-)Zweigen in die Kirche, das Austeilen des Aschenkreuzes, die Fußwaschung, das Beten des Kreuzweges. In beiden Fällen aber muss den Schülerinnen und Schülern deutlich werden, dass jedes Ritual einen sinnvollen Ursprung hat, der im Bereich der Religion der Erinnerung und der Verehrung Gottes dient. Leider kann es im Laufe von Jahrhunderten passieren, dass der eigentliche Sinn durch nebensächliches "Beiwerk" verdeckt ist, so dass eben dieser Ursprung erst wieder offengelegt werden muss. Bei Volksbräuchen sind z. B. Kleidung, Musik, Schmücken von Räumen dem feierlichen Anlass entsprechend gewählt. Das ist aber auch in der Kirche der Fall. Auch hier gibt es passende Lieder zu den einzelnen Festzeiten des Kirchenjahres, auch hier trägt der Priester je nach Anlass ein farblich unterschiedliches liturgisches Messgewand. Dies gilt es den Schülerinnen und Schülern bewusst zu machen. Hinweis: Die vorgebene Anzahl von Materialseiten zwingt auch bei dieser Ausgabe zu einer Auswahl. Verzichtet wird hier auf das Erntedankfest, auf die Taufe Jesu, (mit wenigen Ausnahmen) auf die Heiligen- und Patronatsfeste, auf das Kirchweihfest, auf den Dreifaltigkeitssonntag, das Kreuzerhöhungsfest, das Fest der Verklärung des Herrn, das Christkönigsfest und regionale Besonderheiten sowie auf die Marienfeste, die allerdings schon in Ausgabe 5/98 ausführlich behandelt sind.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG UND DIDAKTISCHE ÜBERLEGUNGEN/ZELSETZUNGEN
2. UNTERRICHTSVERLAUF
3. MATERIALIEN
Einführung
M1 So viele Festtage und -zeiten im Kirchenjahr? - Buchstabenrätsel
M2 Feste feiern: Feste im Alltag, in der Familie - Kirchliche Feste
Einzelne Festtage und -zeiten
M3 Advent Das Warten auf das Kommen des Messias in Kirchenliedern
M4 Weihnachten - einmal anders? - Sinn des Festes - Konsumproblematisierung durch Bilderrätsel -
Ausdenken alternativer Geschenk- und Gestaltungsvorschläge
M5 Karneval, Aschermittwoch und Fastenzeit:
Fastnacht; biblische Grundlage für die Fastenzeit; Möglichkeiten zum Verzicht
M6 Karwoche - Bedeutsamste Woche im Kirchenjahr
M7 Gründonnerstag - Letztes Abendmahl - Fußwaschung - Erstkommunion - Fronleichnam
M8 Karfreitag - Rätsel zum Kreuzweg
M9 Ostern " Das leere Grab" - Spannende Reportage zum Selberschreiben
M10 Christi Himmelfahrt - Pfingsten - Fronleichnam - Bedeutung und Einordnung der Feste
M11 Allerheiligen und Allerseelen - Gedenktage für die Heiligen und die Verstorbenen
M12 Namenstage - Berühmte Heilige
Festkreise und Kircheniahr
M13 Der Weihnachtsfestkreis - Feiern zwischen dem 1. Advent und Epiphanias
M14 Der Osterfestkreis - Von Aschermittwoch bis Dreifaltigkeitssonntag
M15 Die Zeit im Jahreskreis - Das kirchliche Jahr im Überblick - Liturgische Farben
M16 Folie: Das Kirchenjahr im Überblick - Folie mit den Festkreisen und liturgischen Farben
4. ZEITAUFGABEN
5. OFFENER UNTERRICHT/IDEEN
6. TAFELBILDER