Melanie Prenting
Lebensmüde, Lebensmutig:
"norway.today"
Ein Jugendtheaterstück als Leitmedium einer Unterrichtsreihe zur Suizidproblematik
Zum Inhalt
Der erste Fall dieser Art wurde Anfang des Jahres 2000 bekannt, als sich ein 20-jähriger Norweger und eine 17-jährige Österreicherin gemeinsam von einem Steilriff in Norwegen in den Tod stürzten, nachdem sie sich zuvor im weltweiten Netz in einer Diskussionsgruppe zum Thema Suizid kennengelernt hatten. Dieses Ereignis diente dem Schweizer Dramatiker Igor Bauersima als Ausgangspunkt seines Jugendtheaterstückes "norway.today“.
Die tendenziell eher schwache Wahrnehmung des Themas Suizid im öffentlichen Bewusstsein und die tatsächlichen recht hohen Fallzahlen stehen in deutlicher Diskrepanz zueinander. Diese Tatsache zeigt, dass es sich um eine oft tabuisierte Thematik handelt.
In den meisten Schulbüchern für das Fach Religion wird das Thema in den Klassen 9/10 behandelt. Der Religionsunterricht kann zu einem Ort werden, der Tabuisierung entgegenzutreten und jungen Menschen die Gelegenheit bieten, sich mit der Situation und den Beweggründen von Suizidgefahrdeten auseinanderzusetzen sowie Hilfsangebote in den Blick zu nehmen. Gerade Jugendliche, die sich in der Phase ihrer Persönlichkeitsbildung auch intensiv mit der Frage nach dem Sinn ihres Lebens und der Tragfähigkeit von Beziehungen auseinandersetzen, sind offen für dieses Thema. Sie suchen ihren Weg auch durch Erschütterun- gen und Lebenskrisen hindurch und manchmal wird die Verunsicherung und Verzweiflung so einschneidend erlebt, dass der Gedanke an einen selbstgesetzten Schlusspunkt hinter das Leben als Erleichterung erscheint. Häufiger als einmal pro Stunde fällt ein Mensch in Deutschland für sich genau diese Entscheidung. Bei den unter 30-jährigen geschieht etwa jeder vierte Tod durch eigene Hand. Das Theaterstück "norway.today“ von Igor Bauersima erzählt die Geschichte zweier Jugendlicher, Julie und August, die sich in einem Internetforum zum gemeinsamen Suizid verabreden. Sie reisen nach Norwegen, um sich dort von einer Klippe in den Tod zu stürzen. Dort angekommen, wird ihr Plan jedoch innerhalb weniger Stunden mehr und mehr infrage gestellt. julie, die den Todessprung schnell hinter sich bringen möchte, entwickelt auf einmal Angst, als sie nach einem kleinen Kampf mit August über dem Abgrund hängt und sich kaum noch halten kann. Während der Gespräche über sich, das Leben und das Sterben ver- lieben die beiden sich ineinander. Tief beeindruckt sehen sie ein Polarlicht und verbringen die anschließen- de Nacht im Zelt damit, sich zu erzählen, was sie täten, wenn sie sich lieben würden. Am nächsten Morgen wollen sie dennoch ihr Suizidvorhaben umsetzen, merken aber beim Besprechen von Videobändern als Abschiedsgruß an ihre Familien, wie unbegründbar ihre Tat inzwischen auch für sie selbst geworden ist. Schließlich nimmt August die Tasche mit den Bändern und wirft diese den Abgrund hinunter. Die beiden jugendlichen aber haben nur noch das Bedürfnis, die Klippe zu verlassen und zurück ins Leben zu gehen. August resümiert in der letzten Szene: "Es könnte sein, dass wir soeben von einem Glück getroffen wurden, von dem wir uns nicht so schnell erholen werden.“
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1–2
2. DIDAKTISCHE HINWEISE 3–10
3. MATERIALIEN 11–32
Zugänge 11
m1 „Ich will sterben“ – Assoziationen und Anknüpfungspunkte
m2 Suizid in Deutschland – kein „Randgruppenproblem“
Distanz zum Leben 13–14
m3/1 Hallo, ich bin Julie … – die erste Szene des Theaterstücks
m3/2 … und ich werde Selbstmord begehen – Julies Lebensmüdigkeit
m4 Ich heiße August … und ich hab mir eigentlich nie vorstellen können, dass ich etwas mit
dem Leben zu tun habe – Augusts Selbstvorstellung
m5 Buchcover „norway.today“ (Folie)
Was am Leben hält 15–19
m6 „Erste-Hilfe-Koffer“ – positive Anker im Alltag
m7 Reiseplanungen – Lebensnotwendiges für Julies und Augusts Reise in den Tod
m8 Dinge, die ich brauche – Gegenstände von Bedeutung
m9 Was ist Glück? – ein Zustand mit vielen Facetten
Rückblick in die Zukunft 20–28
m10 Zehn Sekunden – Leere oder Rückschau in den letzten Sekunden
m11 Mein Haus, mein Auto … – Was ist wirklich wichtig?
m12 Polarlicht – das Licht mitten in der Nacht. Zitate zum Bildfeld
m13 Künstlerische Umsetzung des Licht-Motivs (Folie)
m14 Ende und Neuanfang – ein neuer Tag für Julie und August
m15 Wäre es nicht schön …? – das Motto des Stücks
m16 Spinner – Träume verfolgen
m17 Wo dein Schatz ist, da wird auch dein Herz sein – Motto-Song zum Evangelischen Kirchentag
m18 Die Schlüsselrolle der Sinnfrage – religiöse Begründung für das Verbot der Selbsttötung
m19 Wenn … – Gedankenexperimente
Kein Tabuthema 29–32
m20/1 Kirchliche Beurteilung von Suizid – im Hinblick auf die Kirchengeschichte
m20/2 Kirchliche Beurteilung von Suizid – Erklärungsversuche für Suizid
m21 Religion und Suizidalität – Stellungnahmen von Jugendlichen – aus einem Selbstmord-Forum
m22 Vorurteile widerlegen, Warnsignale erkennen – Richtiges Verhalten im Ernstfall