Arthur Thömmes
Werte
Was Jugendlichen wichtig ist
Schon immer haben die Menschen sich die Frage gestellt, wie sie ein gutes und gelingendes Leben führen können. Doch was ist richtig und was ist gut? Welche Grundhaltungen muss der Mensch aufweisen, damit sein Leben und das Zusammenleben mit anderen gelingen kann?
Man spricht heute in diesem Zusammenhang von Werten. Früher benutzte man den Begriff Tugend. Gemeint war damit, dass der Mensch sein eigenes Handeln an einem sittlichen Maßstab orientiert. Das wird konkret in den einzelnen Haltungen. Der Ausgangspunkt dabei ist die Idee des Guten. Sie ist der Urgrund alles sittlichen Handelns.
Piaton (427—347 v. Chr.) nannte die wichtigsten Tugenden „Kardinaltugenden": Weisheit (als Tugend des Verstandes), Tapferkeit (als Tugend des Willens), Besonnenheit (als Tugend der Begierden) und Gerechtigkeit (als ausgewogenes Verhältnis der drei Seelenteile). Die Tugenden sind nach Piaton die Grundmuster eines sittlichen Verhaltens, das förderlich für die Gemeinschaft ist und der Erziehung des Menschen zugrunde liegen sollte.
Nach Aristoteles (384—322 v. Chr.) ist die Ausbildung der Tugenden der beste Weg zur Erfüllung des Glücksstrebens. Dabei solle der Mensch jeweils die rechte Mitte zwischen den Extremen des Übermaßes und Mangels finden. Jeder Mensch hat die Möglichkeit, etwas zu tun oder es nicht zu tun. Damit entscheiden wir, ob wir uns gut oder schlecht, d.h. tugendhaft oder nicht tugendhaft verhalten. Doch nur wer tut, was gut ist, ist tugendhaft. Gutes Handeln führt zu einem guten Leben des Einzelnen und in der Vielfalt auch der Gesellschaft.
Thomas von Aquin (1225—1275) übernahm die weltlichen Kardinaltugenden der Antike und ergänzte sie durch die theologischen Tugenden Glaube, Liebe und Hoffnung.
Der tugendhafte Mensch denkt nicht nur an sich selbst und sein eigenes Glück. Er hat auch seine Mitmenschen im Blick.
Viele andere Tugenden wurden aus den Kardinaltugenden abgeleitet und immer wieder den wechselnden Gegebenheiten angepasst. Über Jahrhunderte galten die Kardinaltugenden als die Grundlagen für ein gutes und gelingendes Leben. Doch welche Bedeutung haben sie heute noch?
Was ist den Menschen wichtig und was gibt ihnen Orientierung für ihr Handeln? Was gibt ihnen Halt und Sinn? Wie wird heute die Idee des Guten verstanden? Welchen Stellenwert haben Ehrlichkeit, Gerechtigkeit, Verantwortung und Respekt?
Werte sind Vorstellungen und Maßstäbe, die in einer Gesellschaft als wünschenswert anerkannt sind und den Menschen Orientierung und Halt geben. Doch in Zeiten, in denen die individuelle Freiheit das Handeln maßgeblich bestimmt, hat sich das Wertebewusstsein verändert. Auch die gesellschaftlichen Umbrüche blieben nicht ohne Folgen.
In dieser Arbeitshilfe richtet sich der Blick auf junge Menschen und das, was ihnen „wertvoll" ist. Was ist Jugendlichen heute wichtig? Was gibt ihnen Halt und Orientierung? Sind sie verwöhnt und konsumorientiert oder engagieren sie sich für das Wohlergehen der Mitmenschen? Interessieren sie sich nur für ihre neuen Klamotten, das Handy, DVDs, Videospiele oder ist ihnen auch die Gestaltung ihres Lebens wichtig? Sind sie egoistisch nur an ihrem eigenen Zustand interessiert oder haben sie noch einen Blick für die Ungerechtigkeiten in der Welt? Ist es die Spaßgeneration, die nur an sich und ihren eigenen Vorteil denkt, oder sind Jugendliche auch bereit, Verantwortung zu übernehmen?
Man hat immer wieder versucht, ihnen einen Stempel aufzudrücken, sie zu bewerten und sie in eine Schublade zu stecken. Die Jugend war schon immer eigenwillig und dem Urteil der Erwachsenen unterworfen. Doch in dieser spannenden Phase ihres Lebens suchen Jugendliche nach Menschen und Anhaltspunkten, an denen sie sich trotz der gelegentlich provokativen Abwehrhaltung orientieren können.
Ich erlebe die jungen Menschen, denen ich täglich begegne, sehr unterschiedlich: Da gibt es die Verlierer, diejenigen, die keinerlei Interesse an sich und ihrer Zukunft haben. Und ich erlebe die Jugendlichen, die zielstrebig auf eine gute Zukunft hinarbeiten. Da gibt es die, die höflich und freundlich sind, und andere, die nur noch aggressiv und gewalttätig reagieren. Ich erlebe sehr nachdenkliche junge Menschen, die viele Fragen haben, was ihre Lebensumstände betrifft. Eine Jugend, die ihren Frieden geschlossen hat mit der älteren Generation und Vater und Mutter sogar als Vorbilder entdeckt haben. Und ich sehe die Generation der Egotaktiker, die sehr pragmatisch denken und handeln und sich so ihren eigenen Wertecocktail mixen. Genommen wird das, was gerade passt. Die Urteile und Erfahrungen mit Jugendlichen und ihren Wertvorstellungen fallen sehr unterschiedlich aus. Eines steht somit fest: Die Jugend gibt es nicht. Es sind lediglich Trends ablesbar.
Neben der wahrgenommenen Unterschiedlichkeit ist mir eine Erfahrung wichtig: Alle sind auf der Suche nach einem guten und gelingenden Leben, in dem sie in Frieden und in Zufriedenheit leben können. Und sie träumen von einer Zukunft, in der sie ihre persönlichen Wünsche und Ziele verwirklichen können. Dabei müssen sie lernen, mit den gesellschaftlichen und persönlichen Gegebenheiten umzugehen, sich anzupassen und das Beste aus ihrem Leben zu machen. Und das ist nicht immer einfach.
Daher ist es wichtig, dass Jugendliche Menschen haben, die sie auf ihrem Weg wohlwollend begleiten. Die ihnen helfen, in der immer komplizierter werdenden Welt persönliche Wertmaßstäbe zu entwickeln ohne die Menschen zu übersehen, mit denen sie zusammenleben.
Intentionen
Die auf den folgenden Arbeitsblättern vorgestellte Wertesystematik (materielle, vitale, religiöse, persönliche, soziale und geistige Werte) kann beliebig ergänzt oder erweitert werden.
Die Arbeitsblätter wollen die Schülerinnen und Schüler vor allem zum eigenen Nachdenken und miteinander Reden anregen und sind daher sehr offen und das Gespräch anregend gestaltet. Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler dazu ermuntert werden, ihre eigenen Wertvorstellungen kritisch zu reflektieren und persönliche Haltungen für ein gutes und gelingendes Leben zu entwickeln.
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1-2
2. UNTERRICHTSVERLAUF 3-7
3. MATERIALIEN 8-31
Gesellschaftliche Werte 8-14
m 1 Werte - Umschreibung von Werten und Wertegruppen
m 2 Achtung, Werte! - Werteliste
m 3 Was mir wichtig ist - Arbeitsblatt für Einzelarbeit und Repräsentativumfrage
m 4 Wer beeinflusst mein Leben? - Arbeitsblatt zu Prägungen durch Personen, Gruppen,
Institutionen
m 5 „Ich konsumiere, also bin ich" - Brief
m 6 Liebt, als hätte euch noch nie jemand verletzt - E-Mail-Kettenbrief
m 7 Schönheitswahn und Körperkult -Arbeitsblatt zum Begriff „Schönheit"
Christliche Werte 15-19
m 8 Die Zehn Gebote - Biblische Gebote und gesellschaftliche Grundsätze als Kontrast
m 9 Echte Christen ... - Arbeitsblatt zu (Vor-)Urteilen über christlich praktizierende Menschen
m 10 Gemeinschaft (Folie 1) - Bildbetrachtung: Gemeinschaft und Störungsversuche
m 11 „Haste was, dann biste was" (Folie 2) - Wert des Menschen über seinen Besitz definieren?
m 12 Come together - Angebot der Kirchen
Persönliche Wertvorstellungen - Zivilcourage 20-23
m 13 Ich bin ich - Selbsterfahrungsübung
m 14 Ich bin - ich war - ich werde - Erfahrungen der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
m 15 Heldinnen und Helden des Alltags - Beispielsituationen zum Weiterschreiben
m 16 Zivilcourage - Plakatgestaltung
Konsequenzen und Folgerungen 24-31
m 17 72 Stunden - ohne Kompromiss - Aktionsbericht
m 18 Planung und Ausführung einer sozialen Hilfsaktion - Planungshilfe
m 19 Intelligenz, Begabung, Talente, Fähigkeiten - geistige Werte
m 20 Das Wertespiel - Spielplan mit Fragestellungen zu unterschiedlichen Wertegruppen
m 21 Go future - Kreativwettbewerb für die Schule
4. IDEENBÖRSE 32