Karin Ardey
Gerechtigkeit - Gottes Gerechtigkeit
„Jedem das Seine" oder „Allen das Gleiche?"
Zwei Standpunkte, von denen aus das Thema „Gerechtigkeit" betrachtet und diskutiert werden kann.
„Gerechtigkeit ist eine der ältesten moralischen Leitvorstellungen. Sie entfaltet sich in unserem Kulturkreis vor allem in %wei Linien: in der philosophischen und in der biblischen Tradition; diese inspirieren sich gegenseitig und finden in Altertum und Mittelalter, Neuheit und Gegenwart zu unterschiedlichen Ausprägungen." 1)
In der klassischen Philosophie der Griechen ist Gerechtigkeit zum einen eine Tugend, die sich auf das Verhältnis des einzelnen zum Mitmenschen bzw. auf das Zusammenleben von Menschen bezieht, zum anderen sorgen juristische Diktionen für die Einhaltung normativer Regelungen, damit politisches, wirtschaftliches und soziales Leben in Gerechtigkeit gelingen kann. Aristoteles, dem es u.a. um eine zweckmäßige Einrichtung der Gesellschaft nach gerechten Maßstäben geht, unterscheidet zwischen der verteilenden Gerechtigkeit, bei der jeder und jedem das zusteht, was ihr bzw. ihm die geltende Ordnung zuspricht, und der ausgleichenden Gerechtigkeit, die dafür Sorge trägt, dass Verstöße gegen die geltende Ordnung richtig gestellt werden.
Diese Sichtweise wurde von Thomas von Aquin (13. Jahrhundert), dem einflussreichsten und bedeutendsten Theologen des Mittelalters, in seiner christlichen Sozialethik übernommen. Da die geltende Ordnung, es kann z.B. eine Aristokratie oder ein Kirchenstaat sein, bestimmt, was „gerecht" ist, entspricht sie nicht mehr dem heutigen Verständnis von Gleichheit in einer Demokratie.
Im Spätmittelalter und vor allen Dingen in der Aufklärung, besonders durch Immanuel Kant (1724— 1804), änderte sich die Definition von dem, was „gerecht sein" bedeutet. In den Mittelpunkt wurde das Tun gestellt. Jede und jeder solle so handeln, dass sein bzw. ihr Verhalten allgemeines Gesetz werden könnte. Dadurch werde das Recht des Individuums und die Gleichheit aller gesichert.
Der angelsächsische Philosoph Adam Smith (1723—1790) betonte ebenfalls das Recht des Individuums und die formale Gleichheit aller. Diese werde allerdings durch allgemeine Prinzipien der Moral hergestellt. Das Feld, in dem Gerechtigkeit geübt wird, sei aber- anders als bei Kant- die Wirtschaft und in ihr der Wettbewerb.
Jeremy Bentham (1748—1832) und vor allen Dingen John Stuart Mill (1806-1873) gelten als Begründer des Utilitarismus (lat.: utilis = nützlich). In ihren Augen herrscht Gerechtigkeit, wenn die größtmögliche Zahl der Menschen das größtmögliche Glück erfährt. Das menschliche Handeln wird nach seinem Nutzen und seinen nützlichen Folgen beurteilt.
1) Lothar Kuld/Bruno Schmid, Lernen aus Widersprüchen, Auer Verlag, Donauwörth, 2001, S. 70
Inhaltsverzeichnis
1. EINFÜHRUNG 1–2
2. UNTERRICHTSVERLAUF 3–12
3. MATERIALIEN 13–30
Gerechtigkeit 13–19
m1 Was meinst du? – Orientierungsspiel zum Bestimmen der persönlichen Position.
m2 Was rätst du? – Karikatur zu einem Dilemma.
m3 So ein Dilemma! – Geschichten zur Sensibilisierung und persönlichen Urteilsbildung.
m4 Wer verhält sich gerecht? – Philosophische Fragen nach Gerechtigkeit.
m5 Gerechtigkeit als Fairness – Gerechtigkeit aus der Sicht eines heutigen Philosophen.
Gottes Gerechtigkeit 20–26
m6 Gerechtigkeit in der Hebräischen Bibel – Bibelzitate.
m7 Eine Frau kämpft für ihr Recht – Erzählung zu 1 Mose 38,1-30 (Geschichte der Tamar).
m8 Gerechtigkeit im Neuen Testament – Bibelzitate.
m9 Jörg Zink: Tut das Unerhörte – Auslegung zu Mt 5,6.
m10 Harry Moyaga: Matthäus 5,6 – Folie.
m11 Jesus spricht … – Doppelgebot der Liebe und Goldene Regel.
m12 Streitgespräch mit Matthäus – Interview zum Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg.
m13 Gott will … – Bilderrätsel.
Auf dem Weg der Gerechtigkeit 27–30
m14 Janusz Korczak – ein Leben für die Rechte von Kindern – Biografie.
m15 Das „Kameradschaftsgericht“ – Verzeihen statt bestrafen.
m16 Boris Saktsier: Janusz Korczak und die Kinder des Ghettos – Folie.
m17 Dorothee Sölle: Gegenreden – Gedicht.
m18 Am Mittagstisch – Episode aus der Kindheit Albert Schweitzers.
4. IDEENBÖRSE 31