Liebe Leserin, lieber Leser
Mindestens einmal in der Woche gingen wir als Kinder mit auf den Friedhof, Oma war traurig, wir irgendwie auch, wir hatten den verstorbenen Opa ja lieb. Blumen gießen, Kerzen anzünden, beten und dann noch bei verschiedenen »Bekannten«, d.h. Gräbern vorbeischauen, wieder Kerzen und Blumengießen - es gehörte zum Alltag. Über dem Eingang zum Friedhof stand in schönen Buchstaben: »Hier werden arm und reich, hoch und niedrig gleich.« Mich hat es immer beschäftigt, wie das ist mit Sterben und Tod. Früh wussten wir, »dass das letzte Hemd keine Taschen hat«, mit Redewendungen wurden wir über den Tod belehrt. Die Erfahrungen von Kindern heute sind andere, und dennoch müssen wir vom Tod reden und vom Leben und vom Tod im Leben und vom Leben im Tod. Rudolf Englert und Rainer Oberthür ist dieser Heftschwerpunkt zu verdanken: In ihren Beiträgen öffnen Rainer Oberthür, Alois Mayer, Martina Plieth und Elisabeth Hennecke Türen für das Gespräch mit Kindern, Johannes Gather zeigt ein Projekt für die Sekundarstufe. Marianne Gronemeyers Gang durch die Geschichte erweitert die Perspektiven des heutigen Verständnisses von Tod und Leben, Franz-Josef Nocke geht den theologischen Aussagen nach, auch in ihrem spirituellen Gehalt. Und alles Nachdenken erspart nicht den Schmerz, die Sprachlosigkeit, Worte werden karg im Angesicht des Todes. Themenwechsel: Sie sind nach wie vor heftig umstritten, die Bildungsstandards für den RU. Sie provozieren Befürchtungen vor kognitiver Engführung, vor Kontrolle und vor Verlust des spezifisch Religiösen, sie wecken Hoffnungen auf eine bessere Anerkennung des Rus, auf längst fällige Qualitätsentwicklung. Zwei renommierte Kollegen, Clauß Peter Sajak und Herbert Zwergel, beziehen Stellung; Rita Burrichter hat dieses Forum Wissenschaft betreut. Wir gehen auf Weihnachten zu, Menschwerdung - ohne Einschränkung. Nicht »memento mori« sei mein Wunsch für Sie, sondern »memento vivere« - bedenkt, dass ihr lebt!
Helga Kohler-Spiegel
Schriftleiterin
Inhaltsverzeichnis
THEMA: Leben und Tod
394 »Wenn man stirbt, ist es eigentlich das 2. Level im Leben«
Rainer Oberthür/Alois Mayer
Mit Kindern nachdenken über Leben und Tod und über Tod und Leben – mit Texten von Jürg Schubiger
399 Der Tod und das Leben
Marianne Gronemeyer
Mit dem Wandel des Todesverständnisses verändert sich auch der Geschmack des Lebens.
406 Wer loslässt, gewinnt
Franz-Josef Nocke
Von der Kunst des Sterbens und der Kunst des Lebens: Einige Aspekte systematischer Theologie.
414 Wie das Jesuskind seine Berufung erfährt
Günter Lange
Meister Bertram verbindet exemplarisch und ungewöhnlich Kindheits- und Passionsgeschichte.
417 Das »Benno-Prinzip« oder: Was hilft, wenn Trauer wehtut?
Martina Plieth
Das Buch vom kleinen rosa Elefanten Benno in der Grundschule.
423 Wie Kinder den Tod sehen und verstehen
Elisabeth Hennecke
Religionspädagogische Überlegungen zum Umgang mit kindlichen Todesvorstellungen.
429 Welche Farben hat der Tod ?
Johannes Gather
Ein Unterrichtssprojekt für die Sekundarstufe, das die ganze Farbpalette nutzt.
434 Akzent
Gottfried Bitter
LIED-gut: »O Heiland, reiß die Himmel auf«
436 Gefunden und notiert
Iris und Bernhard Bosold
Forum Wissenschaft: Bildungsstandards
438 Keine Angst vor Standards
Clauß Peter Sajak
Warum Standards helfen und die Sorge um eine »Verkopfung« des Religionsunterrichts unberechtigt ist.
447 Bildungsstandards und RU - ein kritischer Blick
Herbert A. Zwergel
Zwischen Input und Output: Einige kritisch-konstruktive Anmerkungen zu blinden Flecken.
455 Im Blick: Jugendarbeit
Irene Weber
Freiwilligendienst »MissionarInnen auf Zeit«
458 Literaturbericht: »Frag doch mal ...«
Anneli Baum-Resch
Neuere Kinderbücher mit Fragen zu Gott, der Welt und der Religion
462 Bücher
467 Auslese
Christian Cebulj
468 Impressum
Materialbrief RU, Sekundarstufe 4/2008:
Iris Bosold
Oskar und die Dame in Rosa
Materialbrief RU, Primarstufe 4/2008
Maria Holzapfel-Knoll
Betlehem ist überall