Liebe Leserin, lieber Leser!
Kein anderes Segment religiösen Lernens ist in den 1970'er-Jahren so jäh abgestürzt, verpufft und verdampft wie »Liturgisches« im Religionsunterricht. Das schulische Selbstverständnis hatte schlagende Gründe auf seiner Seite: Unterricht befähigt, aber er vollzieht nur unter didaktischen Vorzeichen. Die Voraussetzungen stellen sich indessen heute anders dar. Will der Religionsunterricht nicht zu Blinden von Farbe reden, muss er authentische (Erst-)Erfahrungen grundlegen. Unterstützt wird er durch eine Reihe von Ansätzen ästhetischen, kreativen, erfahrungs- und handlungsbezogenen Lernens, die neuen Schwung in die Begegnung mit Religion im Unterricht gebracht haben. Liturgische Bildung ist dann »hoffähig«, wenn sie die Eigenqualität von Liturgie wahrnehmen und entdecken lässt und zugleich die Gefahren einer didaktischen Verzweckung umgeht. Dominik. Blum, der mit Hans Mendl den Themenschwerpunkt betreut hat, erarbeitet auf Seite 389-406 ein solides und tragfähiges Begründungsfeld.
Neuerdings werden religionspädagogische Legitimierungen übrigens auch sekundiert
durch bildungstheoretische Begründungen. Im Interesse der Gesellschaft spricht etwa Dietrich Benner dem Religionsunterricht die Aufgabe zu, religiöse Tradierung zu leisten. Der Eigenlogik religiösen Denkens und Handelns entspreche es, im Religionsunterricht neben Deutungskompetenzen auch Partizipationskompetenzen zu vermitteln. Das Fach fördere damit nicht etwa »kirchliche Kompetenzen«, wenn es sich im strengen Sinne um eine schulische Bezugsreligion handle, wenn es aufklärend erinnernd und innovatorisch andere Religionen und deren Eigenlogik als schulische Bezugsreligionen im Blick behalte und wenn es zugleich außerreligiöse Bereiche und Handlungsfelder einbeziehe. Tradierungsformen unserer Kultur mit aufklärend erinnerndem und innovativem Anspruch nach innen und außen zu vermitteln: Was, wenn nicht dies, sollte der liturgischen Bildung in der Schule neue Impulse geben?
Wilhelm Albrecht
Schriftleiter
Inhaltsverzeichnis
Thomas Kabel
Heiliges Spiel 394
Warum ein Schauspieler Pfarrer in »liturgischer Präsenz« trainiert.
Dominik Blum
Das (Schul-)Leben ins Gebet nehmen 398
Chancen liturgischer Bildung in der Schule.
Michael Pfeifer
Der Raum der Liturgie 407
Liturgie in Stein: Zu den Bildern dieses Heftes.
Andreas Odenthal
Menschenwelt und Gottesdienst 409
Liturgie führt Glauben und Leben zusammen
Ingrid Blöchinger
Das Schulgebet - Türöffner zu liturgischen Feiern 415
Beten ist eine notwendige Zäsur im Schulalltag
Gerd Birk
Schulkultur braucht Gottesdienst 420
Schulgottesdienste können zu einer Kostbarkeit im Schulleben werden
Christian Renken
Liturgie in Vollgestalt zumuten - und zutrauen 424
Ein ungewöhnlicher Versuch mit einem Arbeitskreis »Liturgiekunde«
Rudi Lentner
Warum Meditation in der Schule so wichtig ist 429
Meditative Übungen führen zur Achtsamkeit - und sind bereits Gebet.
Hildegard Glees-zur Bonsen
Ein Meditationsraum für die Schule 434
Ein ruhiger Rückzugsraum kommt der ganzen Schule zugute.
Norbert Becker
Workshop »Schul- und Jugendgottesdienst« 438
Die Oase Steinerskirchen ermöglicht Entdeckungsreisen in die Welt der Liturgie.
Sabine Eujen
Die Aktion PrayNet 441
Ein ökumenisches Netzwerk junger Christen schreibt sich weltweit Gebete.
Akzent von Rudolf Englert 444
Lebensspuren: Allerheiligen
Gefunden und notiert 446
Der Kindermord zu Betlehem
Stefan Schwarzmüller
Herodes und seine Schüler 448
Eine Unterrichtsskizze über die Weihnachtsbotschaft und die Gewalt auf Erden.
Günter Lange
Mord an Unschuldslämmern 452
Über die Unschuldigen Kinder und ein Bild von Arcabas.
Stephan Winzek
Im Blick: Gemeindekatechese 459
» Weggottesdienste« in der Kommunionvorbereitung
Bücher 464
Impressum 468
Praxisbeilage: Materialbrief RU 4/2004
Ein Hauch des Heiligen
Liturgische Entdeckungen im Religionsunterricht
Zusammengestellt und erarbeitet von Bernhard Bosold