Liebe Leserin, lieber Leser!
Dem Studierenden der Theologie hatte seinerzeit der Satz eingeleuchtet: Den christlichen Glauben wirklich verstehen können nur Erwachsene. Mit solchem theologisch »aufgeklärten« Selbstbewusstsein ging ich als Religionslehrer unter die Leute. Kindlicher Glaube war, als korrekturbedürftiger, aufzuhellen. Aber ihn in seinem Eigenwert sehen und ernst nehmen? Erst die Formel vom »Recht des Kindes auf Religion« (Fr. Schweitzer) hat vielerorts die Augen geöffnet, dass mittlerweile Verschiebungen von radikaler Tragweite in der Religionspädagogik eingesetzt hatten. Fragen von Kinder- und Jugendtheologie sind heute in stürmischem Aufwind. Ist aber religionspädagogisches Umdenken im Kontext von Entwicklungspsychologie und Pädagogik auch mit dem Selbstverständnis heutiger Theologie kompatibel? Eine Kernfrage. Damit befassen sich Ulrich Kropac und Reinhold Boschki/Jan Woppowa. Methodisch und praktisch gehen Mirjam Zimmermann sowie Christoph Rosner das Anliegen an; Dominik Helbling und Moni Egger machen darüber hinaus auf einen verblüffend nahe liegenden Sachverhalt aufmerksam: Je nach Vorgabe des gestalterischen Materials variieren Darstellungen Gottes von Kindern. Nicht zuletzt empfehle ich Ihnen den Beitrag von Rainer Oberthür - ein erster Versuch einer Wirkungsbilanz des fragend-entdeckenden Religionsunterrichts, wenn Jugendliche den Kinderschuhen entwachsen sind und sich daran zurückerinnern. Nicht weniger ergiebig präsentiert sich der 2. Heftschwerpunkt mit dem Ertrag der Internationalen Religionspädagogischen Jahrestagung Z005 des DKV zusammen mit den österreichischen RPIs und dem SKV in Wien. Regina Polak beispielsweise korrigiert verbreitete Vorbehalte und sieht in der »unsichtbaren Religion« theologisch hochwirksame »Zeichen der Zeit«. Dietrich Wiederkehr plädiert dafür, »Dominus Jesus« nicht als letztes Wort der Kirche zum interreligiösen Gespräch stehen zu lassen, sondern den Dialog praktisch-soteriologisch - und damit ohne Identitätsverlust des christlichen Glaubens - neu anzufachen.
Wilhelm Albrecht
Schriftleiter
Inhaltsverzeichnis
Rainer Oberthür
Wo istdas Kind, das ich gewesen? 82
Was bleibt von vier Jahren Religionsunterricht in der Grundschule?
Ulrich Kropac
»Kindertheologie«: eine neue Formel auf dem Prüfstand 86
Ein beliebter Begriff - einmal mit theologischen Maßstäben gemessen.
Ursula Lohrey
Das Projekt »TraumSchule« 93
Eine Künstlerin gestaltet die Träume von Kindern aus 17 Nationen.
Reinhold Boschki / Jan Woppowa
Theologie der Kinder- Theologie der Kindheit 94
Karl Rahner hat das Projekt einer Theologie der Kinder in prophetischer Weise vorausgedacht.
Dominik Helbling / Moni Egger
Über die Grenzen des DIN-A4-Blattes 101
Gottesbilder von Kindern: Wie das Gestaltungsmaterial die Kreativität beeinflusst.
Mirjam Zimmermann
Das methodische Handwerkszeug einer Kindertheologie 106
Wie lässt sich ein Nachdenken mit Kindern methodisch anleiten und praktisch unterstützen?
Ulrike Laubert-Konietzny
»Mädchen mit rotem Hut« 110
Betrachtungen zu einem Aquarell von Emil Nolde.
Christoph Rosner
Gibt es den Himmel auf Erden? - Theologische Gespräche mit Jugendlichen 114
Ein Experiment in einer 8. Klasse anhand des Gleichnisses vom Vater und den beiden Söhnen aus Lk 15.
Akzent
von Matthias Morgenroth 12o
Geschmacksachen:
Gebraut nach dem Reinheitsgebot
Gefunden und notiert 122
Religionen in Begegnung
Regina Poiak
Unsichtbare Religion? 124
Ob man in modernen, säkularen Gesellschaften Religiosität wahrnimmt, ist auch eine Frage der Perspektive.
Martin Jäggle
Der christliche Religionsunterricht und die Anderen 131
Von der Selbstverständlichkeit, mit der die Anderen nicht da sind.
Karin Kuttner
40 Sprachen und 20 Religionen unter einem Dach 135
Das Schulzentrum in der Friesgasse in Wien und seine Leiterin.
Dietrich Wiederkehr
Warum der Dialog mit den Religionen für das Christentum so wichtig ist 137
Ein Plädoyer für eine offene Christologie.
Johann Figl
Religionswissenschaftliche Konsequenzen für den Religionsunterricht heute 143
Wie mit der Spannung eines konfessionellen Religionsunterrichts in einem weltanschaulich-pluralen Staat umgehen?
Claudia Hofrichter / Thomas Kiefer
Im Blick: Gemeindekatechese 149
Literaturbericht zu Taufe und Taufpastoral
Auslese 155
Impressum 156
Praxisbeilage: Materialbrief GK1/2006
Katechese und Liturgie
am Beispiel Erwachsenenfirmung
Bildserie:
Projekt »TraumSchuie« von Ursula Lohrey
Seite 89, 92, yj, 117,118,129, 133. 139,141 und 145