Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Basismodul: Zeitzeugengespräche ― eine Quelle mit besonderen Herausforderungen 5
M 1.1 Flix: „Die Flucht“ 5
M 1.2 Chancen und Risiken der historischen Methode Zeitzeugengespräche 5
M 1.3 Die Besonderheiten von Zeitzeugengesprächen in Thesen 6
M 1.4 Vorbereitung von Zeitzeugengesprächen mithilfe von Lebensläufen: Lebensdaten der Zeitzeugin Barbara Große 7
M 1.5 Beispielanalyse eines Interviewausschnitts: Wie wird man zum „Staatsfeind“? 8
M 1.6 „Sechsermatrix“ zur Analyse von Zeitzeugeninterviews 9
Grundkurs: Leben in der Diktatur ― ein Zeitzeugengespräch mit Barbara Große 10
M 2.1 Begriffserläuterung „Diktatur“ 10
M 2.2 Leben zwischen Angst und Geborgenheit 10
M 2.3 Aufgaben und Zuständigkeiten des MfS 12
M 2.4a Fahneneid des MfS 12
M 2.4b Wappen und Insignien des MfS 12
M 2.5 Stasi-Richtlinien zur Bekämpfung „feindlicher Gruppen“ (1976) 13
M 2.6 Personalentwicklung des MfS (Inoffizielle Mitarbeiter) 14
M 2.7 Freundschaftliche Vertrautheit mit einem IM 15
M 2.8 Der politische „Feind“ 18
M 2.9 „Operative Personenkontrolle“ 19
M 2.10 Untersuchungshaft in der DDR 20
M 2.11 Haftanstalt Hoheneck 21
Aufbaukurs: Der Stasi-Staat und seine Bürger 22
M 3.1 Wo beginnt Widerstand? 22
M 3.2 Das MfS ― ein hochspezialisiertes Überwachungsorgan? 23
Folien
M 1.1b Comic „Die Flucht“ Folie 1
M 3.2a Beobachtungsauftrag vom 05. November 1982 Folie 2
Klausurvorschlag 23
Die DDR in der Erinnerung ― ein Zeitzeugengespräch mit Barbara Große 25
UNTERRICHTSVERLAUF 26
LITERATUR 3. Umschlagseite
VIDEOFILME Video 01―Video 05
ERGÄNZENDE ARBEITSMATERIALIEN Extra
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.
Leseprobe
Antonia Schwarzkopf
Zeitzeugengespräche im Geschichtsunterricht
Begegnung mit lebend(ig)en Quellen?!
Zeitzeugen in der Schule? Müssen wir denn jetzt jede Art von Entertainment für den Geschichtsunterricht übernehmen, damit dieser bloß nicht als "angestaubtes" Fach daherkommt?
Zeitzeugengespräche sind ein bedeutender Bestandteil unserer Geschichtskultur. Da moderner Geschichtsunterricht darauf abzielen sollte, Schülerinnen und Schülern das Handwerkszeug zu vermitteln, mit dem sie sich der sie umgebenden Geschichtskultur "stellen" können, gehören auch Oral History und Zeitzeugengespräche in das Methodencurriculum.
Durch das Fernsehen — für Jugendliche die Informationsquelle Nummer eins für geschichtliche Themen — werden sie in vielfältiger Form mit Zeitzeugenaussagen zu unterschiedlichen Sachverhalten konfrontiert. Hier denkt man in erster Linie an historische Dokumentationen im "Knopp-Format", die mit Versatzstücken aus Zeitzeugeninterviews angereichert werden, um die Authentizität des eingeblendeten Film- und Fotomaterials zu bestätigen. So fühlt sich der Zuschauer der Geschichte ganz nah. Umfragen bestätigen außerdem, dass Zeitzeugen in der öffentlichen Wahrnehmung die größte Kompetenz zugeschrieben wird, Geschichte zu vermitteln, denn sie "waren dabei". Die Medialisierung der Geschichte — nicht der Geschichtsunterricht! — scheint eine Sehnsucht nach "Wahrheit" und unumstößlichen Fakten zu stillen. Hans-Jürgen Pandel erinnert zu Recht daran, dass vieles Geschichtliche, das den Lernenden im Alltag begegnet, nicht Teil des Geschichtsunterrichts sei. So bleibt es für die Schüler/-innen häufig kontextlos.
Warum sollte also nicht auch die Schule noch stärker auf diese unmittelbare, ja lebende Quelle zurückgreifen? Aufgabe des Geschichtsunterrichts muss es dabei jedoch bleiben, auch diese Quellengattung kritisch zu hinterfragen und auf mögliche Probleme hinzuweisen. Dieser Aufgabe widmet sich in besonderer Weise das Einstiegsmaterial dieses Heftes.
Die vorliegenden Unterrichtsmaterialien zielen also nicht darauf ab, die Kategorie "Wissen" in den Vordergrund zu stellen, sondern Kompetenzen mit Gegenwartsorientierung, die zu einem quellen- und medienkritischen Bewusst-sein bei den Schülerinnen und Schülern beitragen.
Begriffserläuterungen
Die Bezeichnung "Zeitzeuge" wird heute in der deutschen Erinnerungskultur meist für die Opfer des Nationalsozialismus reserviert. Ihre Berichte haben, spätestens nach dem Eichmann-Prozess in Israel, einen wertvollen Beitrag zur Aufklärung der Geschehnisse dieser Epoche geliefert. Für die Zeit der zweiten deutschen Diktatur — und auch für die Zeit deutsch-deutscher Geschichte nach 1945 im Allgemeinen — wird diese Methode der zeitgeschichtlichen Forschung noch nicht ausreichend herangezogen. Das liegt gewiss auch an der geringen zeitlichen Distanz, trotz des nun fünfundzwanzigsten Jubiläums der Vereinigung der beiden deutschen Staaten, und den noch nicht vollumfänglich aufgearbeiteten Akten und Unterlagen zur DDR-Geschichte. Außerdem spielen die noch immer zu spürenden Nachwirkungen der deutschen Teilung eine nicht zu unterschätzende Rolle. Die Grenze scheint mentalitätsgeschichtlich noch nicht überwunden. Der öffentliche Diskurs hat sich noch nicht soweit er-schöpft, dass die Aussagen von Zeitzeugen zur deutsch-deutschen Vergangenheit nicht auch gleichzeitig tagespolitische Befindlichkeiten einschließen. Nicht selten ist die Rede davon, dass sich bei ehemaligen DDR-Bürgern ein Gefühl der Zweitklassigkeit im neuen Staat herausgebildet hätte.
Dass es auch Opfer der SED-Diktatur gibt, wird in der öffentlichen Diskussion meist nur an einigen wenigen Gedenktagen überhaupt berücksichtigt. Phänomene wie die verniedlichend als Ostalgie bezeichnete Verharmlosung der DDR messen dem Leben in der SED-Diktatur bisweilen sogar Unterhaltungswert zu. Hinzu kommen formaljuristische (Schein-)Diskussionen um die Begrifflichkeit des "Unrechtsstaates", die jedem Bürger, der in der ehemaligen DDR unter den Repressalien, der Bespitzelung, der "Zersetzung" und der nicht zu unterschätzen-den Demoralisierung zu leiden hatte, wie Hohn erscheinen müssen. Nicht zuletzt haben es viele ehemalige SED-Parteifunktionäre, die sich noch heute gegenseitig protegieren, zu erstaunlichen, z. T. politischen Karrieren gebracht. Gerade in den neuen Bundesländern ist zudem eine Verdrängung der Thematik aus dem Geschichtsunterricht zu verzeichnen, weil man sich an jene Themen nur zaghaft heran-wagt. All diese Begleiterscheinungen der deutsch-deutschen Annäherung führen zum Vergessen, besser Verdrängen. Die benannte Epoche gehört nicht mehr zum biografischen Erfahrungshintergrund heutiger Schüler/-innen, doch [...]
Abstracts
Zeitzeugengespräche sind ein bedeutender Bestandteil unserer Geschichtskultur und gehören damit auch in das Methodencurriculum eines modernen Geschichtsunterrichts. Wichtig für die Auseinandersetzung mit dieser Quellengattung ist jedoch, wie bei anderen Quellen auch, das kritische Hinterfragen, das Prüfen von Aussagekraft und Perspektivität.
Diese Ausgabe von "Geschichte betrifft uns" bietet nicht nur umfangreiche Zeitzeugen-Interviews mit Frau Barbara Große zum "Leben in der DDR" auf der DVD-ROM, sondern ebenso zahlreiche Materialien zum Thema DDR/Stasi/MfS und auch Unterlagen zum grundsätzlichen Umgang mit Zeitzeugeninterviews.
Für die Schülerinnen und Schüler eröffnet sich damit die Möglichkeit, Geschichte durch die Augen von Zeitzeugen zu betrachten und sich kritisch mit den daraus gewonnenen Erkenntnissen auseinanderzusetzen.