Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Einstiegsmodul: Die Realisierung der Nationalstaatsidee 5
M 1.1 Hintergrundinformationen zum Deutschen Kaiserreich 5
Grundkurs: Ein Gründungsmythos für das Deutsche Kaiserreich
1. Teil: Von Arminius zu Hermann 7
M 2.1 Hintergrundinformationen zu Arminius 7
M 2.2 Denkmal des Hermann ― Arminius bei Detmold (NRW) (Infos zu Folie 1) 7
M 2.3 Chronologie zum Deutschen Kaiserreich und zur Nationalstaatsidee 8
M 2.4 Arminius ein Fürst zu Sachsen(1543) 8
2. Teil: Ein Vergleich der Sichtweisen 9
M 3.1 Ideologiekritik 9
M 3.2 Die Sicht der Zeitgenossen im Inland 9
M 3.3 Die Sicht der Zeitgenossen im Ausland 10
3. Teil: Hermann und die Gruppierungen des Deutschen Kaiserreiches 11
M 4.1 Politisch-religiöse Sichtweisen 11
M 4.2 Hermann, Bismarck und Luther 11
M 4.3 "Rassische" Sichtweisen 12
M 4.4 Antisemitische Sichtweisen 12
M 4.5 Aus einem Flugblatt der lippischen SPD (1884) 13
M 4.6 Die Sicht der Monarchisten und Nationalsozialisten 13
4. Teil: Nationalhelden Europas 14
M 5.1 Denkmal des keltischen Kriegers Vercingetorix in Alise-Sainte-Reine/Frankreich (1865) (Info zu Folie 2) 14
M 5.2 Hintergrundinformationen zu Vercingetorix 14
M 5.3 Hintergrundinformationen zu Boudicca 14
M 5.4 Denkmal der keltischen Königin Boudicca in London/Großbritannien (1902) 15
Aufbaukurs: Nationalhelden und Personenkult im 21. Jahrhundert 18
M 6.1 Hermann heute 18
M 6.2 "Junge Linke" ― Kurzaufruf aus dem Jahr 2000 19
M 6.3 Vercingetorix heute 19
M 6.4 Personenkult in der Gegenwart: Kim Il-sung 20
Urteilsmodul: Der Nationalismus des Kaiserreiches im Urteil der Fachwissenschaft 21
M 7.1 Hans-Ulrich Wehler (2001) 21
M 7.2 Hans Ottomeyer (2009) 21
Folien
M 2.2 Denkmal des Hermann ― Arminius bei Detmold (NRW) Folie 1
M 5.1 Denkmal des keltischen Kriegers Vercingetorix in Alise-Sainte-Reine/Frankreich (1865) Folie 2
Klausurvorschlag
Das Deutsche Kaiserreich und die Einheitsidee 22
UNTERRICHTSVERLAUF 24
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.
Leseprobe
Simone Martini
Die Nationalstaatsidee im wilhelminischen Kaiserreich
Vom Hermannsmythos zur Nationsbildung
Der Nationalismus im 19. Jahrhundert
Der moderne Nationalismus als prägende Kraft der europäischen, später der globalen Politik ist ein Kind der französischen Revolution, die diesem Ideensystem, das einerseits der Schöpfung, Verdichtung und Abgrenzung von Solidarverbänden, andererseits der Begründung und Legitimierung von Herrschaftsverhältnissen und der Mobilisierung der Beherrschten dient und sich ansatzweise im niederländischen Freiheitskampf des 16./17. Jahrhunderts, der englischen Revolution des 17. Jahrhunderts und dem amerikanischen Unabhängigkeitskrieg beobachten lässt, zum Durchbruch verhalf.
Der Begriff "Nationalismus" leitet sich von jenem der
Nation ab. Nation kann in zweifacher Hinsicht ausgedeutet werden. Zunächst lässt sie sich – vorrangig z.B. im Sinne der revolutionären amerikanischen und französischen Interpretationen – in Bezug zu Staat und Herrschaft setzen. Hier spielt die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Staat, die Teilhabe an dessen Ressourcen und Herrschaft, welche sich aus der gleichberechtigten Teilhabe aller Staatsangehörigen – der Bürger – speist, die zentrale Rolle. Das heißt, dass alle diejenigen, die sich einem Staat zugehörig fühlen, rechtlich eingebunden werden und ihn überhaupt erst durch ihren kollektiven Willen als Souverän konstituieren, Teil der hieraus abgeleiteten Nation sind, unabhängig von Kategorien wie Kultur, Ethnie oder Sprache. Dieser Deutung des Nationsbegriffs liegt die Vertragstheorie zugrunde; er ist in sich egalitär wie emanzipatorisch, da er auf-bauend auf den revolutionären Grundsätzen von 1776 bzw. 1789 – Freiheit, Gleichberechtigung, Volkssouveränität – den gleichberechtigten Staatsbürger als Nukleus der Nation sieht. Demgegenüber konstituierte sich gerade in Deutschland ein Nationsbegriff, der den Aspekt der Abstammungsgemeinschaft betont und als Kennzeichen der Zusammengehörigkeit Sprache und Kultur in den Mittel-punkt rückt. Im Ergebnis stehen sich
Staatsnation und Kulturnation gegenüber. Die heutige historische Forschung geht dabei in der Regel davon aus, dass es sich bei Nationen um Konstrukte (imagined communities nach Benedict Anderson) handelt, wobei jedoch um-stritten ist, bis zu welchem Grad der Konstruktionsprozess losgelöst von seinem historischen Rahmen denkbar ist bzw. letzterer ersteren steuert.
Infolge der unterschiedlichen Nationsbegriffe entwickelten sich
unterschiedliche Spielarten des Nationalismus. Der emanzipatorische Nationalismus etwa zielt auf die Auflösung monarchisch-absolutistischer Herrschaftsverhältnisse, die Herstellung von Volkssouveränität und auf Demokratisierung ab. Dieser Nationalismus, der wie alle anderen Spielarten auch von dem Verständnis ausging, dass jede Nation sich im Rahmen eines unabhängigen Staates konstituieren müsse, war nicht notwendigerweise aggressiv nach außen. So hegten deutsche Liberale, die dem Konzept des Nationalismus nahestanden, große Sympathie für den Freiheitskampf der Griechen gegen die türkische Herrschaft. Allerdings gewann im Laufe des 19. Jahrhunderts zunehmend der "integrale" Nationalismus die Oberhand, welcher sich durch eine scharfe Abgrenzung nach außen, die Betonung der Konkurrenz der Nationen untereinander und einen starken Homogenisierungsdruck nach innen auszeichnete. Er war durch eine sakrale Überhöhung der Na-tion, die messianische Aufladung des Nationsgedankens, die Entwicklung von tödlichen Erbfeindschaften im Verhältnis zu konkurrierenden Nationen sowie die Konstruktion von weit zurückrechnenden Abstammungsmythen, aus denen heraus die Exklusivität und Privilegierung der eigenen Nation begründet werden konnte, gekennzeichnet. In der Konsequenz trug dieser aggressive Nationalismus schließlich zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei und mündete in seiner extremsten Variante in Verbindung mit einem eliminatorischen Antisemitismus im Nationalsozialismus.
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