Andreas Bremm/Birgit Jathe/Klaus Wohlt
Christentum und Islam Begegnung der Kulturen
Christentum und Islam – Begegnung oder Krieg der Kulturen? Diese Frage stellt sich aktuell. Ein Blick in die Geschichte kann dazu beitragen, der Beantwortung dieser, unsere Gegenwart so stark bestimmenden Frage einen Schritt näher zu kommen: Wie kommt es, dass zwei Kulturen, die über tausend Jahre in Kontakt stehen, sich scheinbar gegenseitig als Feinde sehen? War Andalusien anders? Warum stellen die Kreuzzüge eine so schwere Hypothek dar? Was verbinden Saladins Bewunderer in Orient und Okzident mit dieser Figur? Warum heizt der Streit ums Kopftuch in West- und Mitteleuropa die Gemüter so auf?
Feindbilder
Insbesondere durch die Anschläge am 11. September 2001 wurden in der westlichen Welt Vorstellungen, Vorurteile und Ängste hinsichtlich des Islams aktiviert, die ihn allgemein als Bedrohung erscheinen lassen. Simples Schwarz-Weiß-Denken hatte (und hat) Hochkonjunktur: Der Islam wird als das „Andere“, als der Feind des Westens gesehen. Huntingtons Thesen vom „Zusammenprall der Kulturen“, der in Zukunft die Weltpolitik bestimmen werde, wird als Erklärungsmuster herangezogen. Dabei wird der Islam als „Herausfordererkultur“ im Gegensatz zum christlich geprägten Westen verstanden: Beide Seiten schlössen einander tendenziell aus. „Der Islam“ wird häufig als Einheit betrachtet und auf religiös motivierte aggressive und expansive Tendenzen reduziert. Seine - uns verschlossene - Religiosität bedrohe uns mit „Feuer und Schwert“. Der Islamismus und die Gewalttaten von militanten Islamisten werden in diesem Kontext in der Öffentlichkeit oft als „der Islam“ wahrgenommen. Intoleranz und Rückständigkeit werden gemeinhin mit „dem Islam“ assoziiert.
Wird „dem Islam“ pauschal Aggressivität unterstellt, findet sich die Haltung umgekehrt wieder im weit verbreiteten islamischen Feindbild von „dem Westen“: „Der Westen“ habe bis heute in weiten Teilen der islamischen Welt – von den Kreuzzügen über Kolonialismus und Imperialismus - eine Blutspur hinterlassen. (Vgl. M 1.4)
Unzweifelhaft muss die Wahrnehmung „des Anderen“ als dem Fremden, dem Feind von der komplexen Realität unterschieden werden. Letztlich spiegelt sich im Fremdbild das Selbstbild: Dass „sie“, „die Anderen“ fanatisch, gewalttätig und verschlossen sind, zeigt „uns“ unsere (vermeintliche) Individualität, Vernunft und Offenheit. Fremdbilder als Feindbilder dienen daher mehr der eigenen Stabilisierung als einer nüchternen Orientierung in der Wirklichkeit, sie wirken identitätsstiftend und reduzieren Unsicherheiten. Sie können für machtpolitische und wirtschaftliche Interessen sowie zur Schaffung von Akzeptanz von Gewalt instrumentalisiert werden. (Vgl. auch M 1.2)
Andalusien - ein Modell für friedliches Zusammenleben?
Die Mauren (schon die Römer nannten die Berberbevölkerung im nordafrikanischen Atlasgebirge so) kamen als Eroberer auf die iberische Halbinsel. Sie waren zum größten Teil Araber; es waren allerdings auch Muslime anderer ethnischer Gruppen an der Einnahme des Landes beteiligt. Wurde die neue Herrschaft anerkannt, räumten sie bessere Bedingungen ein, als es sonst siegreiche Heere taten. Es war dann ein friedliches und respektvolles Miteinander von Christinnen und Christen, Jüdinnen und Juden sowie Muslimen möglich: Es herrschte Miteinander und nicht „Kampf der Kulturen“. Das bedeutet nicht, dass das Zusammenleben reibungslos verlief. Es gab immer wieder Auseinandersetzungen; es gab rigide muslimische Herrscher, die die Christen und Juden drangsalierten und die einige arabische Schriften verbrennen ließen, weil sie ihnen ketzerisch erschienen. Es gab in politisch unruhigen Zeiten auch immer wieder kriegerische Auseinandersetzungen. Aber grundsätzlich standen Juden und Christen als „Buchgläubige“ unter dem Schutz der muslimischen Herren: Sie behielten ihre Gesetze, Gebäude und Gemeindeleiter. Sie zahlten dafür eine Kopfsteuer, sodass ihre Konversion gar nicht im Interesse der neuen Herren war; allerdings wurde der Glaubensübertritt auch nicht verwehrt. Historisch ist hier der Begriff der „Toleranz“ zu überprüfen. Unser moderner Begriff geht auf die Aufklärung zurück und beinhaltet die prinzipielle Anerkennung (etymologisch: Erdulden, Ertragen, Erleiden) der Gleichwertigkeit des anderen.
Viele Christen suchten die Vorteile der Religion der neuen Herrschenden und konvertierten; andere behielten den christlichen Glauben, übernahmen aber Sprache, Kultur, Kleidung undLebensformen der neuen Herren. Man nennt sie „Mozaraber“. Im Gegensatz dazu entstand im 9. Jahrhundert in Córdoba eine Bewegung religiöser Fanatiker, die den kollektiven Märtyrertod suchten. Christinnen und Christen schmähten öffentlich Allah und Mohammed. Sie lehnten alle lebensrettenden Schlichtungsversuche ab, denn im Märtyrertod sahen sie das Tor zur ewigen Seligkeit. […]
Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Grundkurs: Begegnung der Kulturen 5
1. Teil: Feindbilder 5
M 1.2 Feindbild „Islam“ 5
M 1.3 Ein neues Feindbild? 5
M 1.4 „Der Westen“: Wahrnehmung und Stereotype in der muslimischen Welt 6
2. Teil: Al-Andalus: Ein Modell religiöser Toleranz? 7
M 2.1 Maurisches Iberien und christliche Rückeroberung 7
M 2.2 Chronologie 7
M 2.3 Herkunft des Namens Andalusien 8
M 2.4 Feinbild und Realität 8
M 2.5 Gründe des Erfolges 8
M 2.6 Andalusien - der fortschrittlichste Staat Europas 9
M 2.7 Convivencia (Zusammenleben) 9
M 2.8 Die Strahlkraft Córdobas 10
M 2.9 Das Ende 10
M2.10 Was bleibt? 11
3. Teil: Die Kreuzzüge 12
M 3.2 Die Kreuzzugsbewegung entsteht 12
M 3.3 Der 1. Kreuzzug – die Kreuzfahrer 13
M 3.4 Juden – die ersten Opfer des Kreuzzugs 14
M 3.5 Das Massaker von Jerusalem 15
M 3.6 Zwei Jahrhunderte Kreuzfahrerstaaten – Gegen- oder Miteinander? 18
M 3.7 Der 4. Kreuzzug – Rückenwind für Wirtschaftsinteressen 20
M 3.8 Die Kreuzzüge im Urteil 21
Aufbaumodul: Saladin – Idol für Freund und Feind? 22
M 4.1 Saladin in muslimischen Berichten 22
M 4.2 Saladin und der Westen 23
Erweiterungsmodul: Frauen im Islam 24
M 5.1 Die Kopftuchdebatte 24
Folien
M 1.1 Titelseite der Illustrierten „stern“ Folie 1
M 3.1 Verlauf der ersten drei Kreuzzüge Folie 2
Klausurvorschlag
„Eine Fehde ohne Gefahr, wo der Sieg Ruhm bringt und der Tod Gewinn“ Aufruf Bernhards von Clairvaux zum Zweiten Kreuzzug, 1146 25
UNTERRICHTSVERLAUF 26
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.