Edmund Schmitz
Friedrich I. Barbarossa - ein Kaiser lobesam?
Mittelalter und Mittelalterrezeption
Jugend und Mittelalterunterricht
Die Fülle von Publikationen in den letzten Jahren signalisiert ein ungebrochenes Interesse der Fachhistorie am Thema "Friedrich Barbarossa". Aber übt dieser Stoff auch auf die heutige Schülergeneration "einen ganz besonderen Reiz" (F. Opll) aus? Ein Blick auf die Lehr- und Lernvoraussetzungen verdeutlicht jedenfalls; dass die Behandlung mittelalterlicher Gegenstände mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden ist. Dieser Stoff unterliegt an den weiterführenden Schulen, gemessen am kärglichen Stundenkontingent in der Sekundarstufe I, einer stiefmütterlichen Wertschätzung durch die Lehrplankommissionen. Entsprechend wenig überrascht die Tatsache, dass Oberstufenschüler nur rudimentäre Kenntnisse aus der Mittelstufe mitbringen und dem Mittelalter eine eher mäßige Anteilnahme entgegenbringen.
Diese Befunde gelten auch für das Interesse an der Person Friedrich Barbarossas, der bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts der Inbegriff deutscher Kaiserherrlichkeit war, ein Geschichtsbild, das sich bei der Jugend von heute fast vollkommen verloren hat. Für sie gilt, dass Mittelaltervorstellungen nicht vorwiegend durch die Schule geprägt werden, sondern durch Formen öffentlicher Geschichtskultur, wie sie sich in Film und Fernsehen, historischen Romanen, Denkmälern, in "historischen" Festen, Mittelaltermärkten und Ritterspielen, in Internetangeboten und Computerspielen niederschlägt.
Thematische und mediale Aspektierung Um diesen Mittelalter-Boom zu nutzen, wird ein Einstieg über die Alltagserfahrungen in das Unterrichtsvorhaben als Umsetzung einer notwendigen Schülerorientierung verstanden. Dabei soll mit dem Einbezug von Materialien aus dem 19. bis zum 21. Jahrhundert die Einsicht in die Historizität öffentlicher Geschichtskultur angebahnt werden; der kritische Umgang mit wechselnden Schwerpunkten der Rezeptionsgeschichte wird als wichtige Kompetenz für den Aufund Ausbau eines reflektierten Geschichtsbewusstseins verstanden.
In der historischen Erarbeitung soll mit einem vielfältigen Quellen- und Darstellungsangebot die "Alterität" des Mittelalters motivational genutzt werden, wie sie sich in Formen der Herrschaftslegitimation, Rechtssetzung, Friedenswahrung und Konfliktaustragung sowie der grundsätzlich religiös-christlichen Ausrichtung sozialen und kulturellen Daseins niedergeschlagen hat.
Der Titel der vorliegenden Materialsammlung zitiert eine Kapitelüberschrift des Werks "Überall ist Mittelalter" von H. Fuhrmann. Die Anfangszeile ("Als Kaiser Rotbart lobesam") des bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts sehr beliebten Uhlandgedichts ,;Schwäbische Kunde" aufgreifend, findet er zu einer recht kritischen Würdigung des Staufers. Schon mit der Übernahme der Frageform soll verdeutlicht werden, dass die Lerngruppen den Auszügen aus den vorgelegten historischen Darstellungen nicht nur die notwendigen Hintergrundinformationen entnehmen sollen, um zu einem ausgewogenen Sachurteil zu gelangen, sondern dass sie sich einem in der Fachwissenschaft kontrovers diskutierten Sachverhalt zuwenden und in einem problemorientierten Zugriff einer wertenden Stellungnahme nicht ausweichen sollen. Angestrebt wird dabei die Anbahnung des Verständnisses für die historische Gestalt Friedrichs I. und ihr Verhalten in Entscheidungssituationen, denen schon in den Berichten mittelalterlicher Chronisten eine solche Bedeutsamkeit zugewiesen worden ist, dass sie auch der Nachwelt in wechselnder Bewertung als erinnerungswürdig erschienen sind. Dementsprechend wird die Analyse von Quellen des 12. Jahrhunderts durch die Auswertung unterschiedlicher Text- und Bildbeispiele der Barbarossa-Rezeption ergänzt. Mit dieser Konzeption ist das Unterrichtsvorhaben in den Erfahrungsbereichen der politik, sozial- und kulturgeschichtlichen Dimension angesiedelt und strukturiert sich nach den Untersuchungsformendes diachronen und des perspektivisch-ideologiekritischen Verfahrens. […]
Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Einstiegsmodul: Zugriffe auf das Mittelalter
M 1.1 Kyffhäuser als Erinnerungsort 5
M 1.2 Nachleben 6
M 1.3 Kyffhäuserdenkmal 7
M 1.4 Neue Medien 7
Grundkurs: Stationen eines Herrscherlebens
1.Teil: Königswahl 8
M 2.1 Königswahl mit den Augen eines Zeitgenossen 8
M 2.2 Königswahl im Urteil des Historikers 8
2. Teil. Friedrich I. und sein Historiograf
M 3.1 Friedrich I. an Otto von Freising (1157) 9
M 3.2 Otto von Freising: Widmung 9
M 3.3 Friedrich, wie er wirklich war? 10
3. Teil. Friedrich l. und Heinrich der Löwe
M 4.1 Konsens 11
M 4.2 „Augsburger Schied" (1158) 11
M 4.3 König und Reichsfürsten 12
M 4.4 Chiavenna 12
4. Teil. Friedrich I. und Alexander III.
M 5.1 Friedrich I. und die Päpste (Zeittafel) 13
M 5.2 Von Pavia nach Venedig 13
M 5.3 Der Frieden von Venedig im Urteil der Geschichtsschreibung 14
5. Teil. Mainzer Hoffest (1184)
M 6.1 Das Mainzer Hoffest: "zur Ehre des Kaisers und seiner Söhne" 18
M 6.2 Das Mainzer Hoffest: "ein brisantes Mit- und Ineinander" 18
6. Teil: Kreuzzug
M 7.1 Ansberts Kreuzzugsbericht: Schlacht bei Ikonium und Tod im Saleph 19
M 7.2 Friedrich I. als Kreuzritter 20
M 7.3 Kreuzzug: Zeit und Raum 20
7. Teil: Fazit
M 8.11 Überragender Herrscher 21
M 8.2 Gültigkeit anderer Maßstäbe 21
Erweiterungsmodul: Friedrich I. und die lombardischen Städte
M 9.1 Zeittafel 22
M 9.3 Der Konflikt in der Wahrnehmung von Zeitgenossen 22
M 9.4 Der Konflikt im Urteil der Fachwissenschaft 23
Folien
M 6.3 Friedrich I. Barbarossa und seine Söhne Folie 1
M 9.2 Karte des Reiches Folie 2
Klausurvorschlag
Schreiben Ottos von Freising an Friedrich I. (1157) 25
UNTERRICHTSVERLAUF 26
LITERATUR 3. Umschlagseite