Friederike Harig
Der "Absolutismus" in Frankreich - Vorbild für europäische Fürstenhöfe
Der Absolutismusbegriff in der historischen Forschung
Der Begriff "Absolutismus" kam in Deutschland erstmals im 19. Jahrhundert auf und war ein Kunstbegriff: Es sollte den Verfassungsstaaten des 19. Jahrhunderts ein Kontrastbild gegenübergestellt werden. (Vgl. Heinz Duchhardt, Barock und Aufklärung, siehe: Literaturhinweise, 3. Umschlagseite.) Der Terminus wurde von liberalen Intellektuellen verwendet, die die absolute Monarchie der von ihnen favorisierten konstitutionellen Monarchie entgegenstellten. Später erhielt der Begriff "Absolutismus" eine positive Konnotation, da er insbesondere von preußischen Historikern als ein Interpretament verstanden wurde, um die Leistungen der Hohenzollernmonarchie angemessen darzustellen. Erst nach dem 2. Weltkrieg keimten in der Geschichtsforschung Zweifel an der Staatsgläubigkeit und damit am Begriff „Absolutismus" auf. Historiker begannen nachzuweisen, dass Anspruch und Wirklichkeit des "Absolutismus"" weit auseinanderklafften. Die aktuelle Forschung verwendet weiterhin den Begriff "Absolutismus"; allerdings ganz pragmatisch: Nämlich um eine prägende Herrschaftsidee des 17. und 18. Jahrhunderts zu bezeichnen, deren idealtypische Gestalt der französische König Ludwig XIV. war. (Vgl. ausführlich zur Frage des Terminus "Absolutismus" das Interview mit Michael Kaiser auf S. 5/6 in diesem Heft.)
Die Säulen der absolutistischen Macht
Macht, ihre Entstehung, Rolle, Bedeutung usw. ist ein immer wiederkehrender Untersuchungsgegenstand der Geschichtsforschung. Im Geschichtsunterricht stellt die Beschäftigung mit dem Begriff "Macht" die Basis für das Gegensatzpaar von dem Souverän und der Volkssouveränität dar. Zum geschichtsunterrichtlichen Gebiet Neuzeit wird der Begriff der Volkssouveränität in der Zeit der Aufklärung eingeführt und in seiner Fortentwicklung im Zusammenhang mit den demokratischen Staatsformen behandelt: Geht bei dem Konzept der Volkssouveränität die Staatsgewalt vom Volk aus, so herrscht der souveräne Fürst oder König mit alleiniger Macht über das Volk. Der Souverän regiert als unabhängiger Machtinhaber. Er ist so unabhängig, dass er sich an die eigenen Gesetze, die er selbst erlassen hat, nicht halten muss. Begründet wird diese überragende, über allem stehende Sonderposition mit dem Gottesgnadentum: Gott habe den souveränen Monarchen in sein Amt eingesetzt, damit er in seinem Sinne seine Untertanen lenken und leiten solle. Gott ist in diesem Verständnis die einzige Instanz, die dem absoluten Herrscher in seinem Tun Einhalt gebieten könnte. Wie allerdings diese Rückversicherungen des Königs bei Gott zu geschehen haben, bleibt offen. Kritisch betrachtet, ist der König also vollkommen frei (und "losgelöst") in seinem Handeln. Bindend ist dieses Konstrukt vom Gottesgnadentum lediglich für die Untertanen: Ihnen obliegt der absolute Gehorsam.
Das Christentum prägte die Menschen in Europa schon seit Jahrhunderten. Die christliche Heilslehre wurde von Generation zu Generation weitergegeben. Der Glaube an Gott war tief und fest verwurzelt und wurde jeden Sonntag in der Kirche für die - zum großen Teil noch analphabetische - Bevölkerung aufgefrischt. Dies machten sich die Staatstheoretiker, die im Auftrage des absolutistischen Monarchen agierten, zunutze, um die absolute Herrschaft „von Gottes Gnaden- zu legitimieren und durchzusetzen. Der König war ein von Gott gesandter; wenn der Gläubige an Gott glaubte und ihm gehorchte, so musste er auch an den König glauben und diesem gehorchen.
Das Religionsverständnis der katholischen Kirche in Frankreich stellte allerdings nur eine der Säulen der Macht im absolutistischen Staat dar. Flankiert wurde es vom neu entwickelten stehenden Heer und der Verwaltung. Diese beiden Säulen waren ausgestattet mit zu unbedingtem Gehorsam verpflichtetem Personal, das zur Kontrolle des zahlenmäßig wesentlich überlegenen Volkes diente. Königstreue Beamte setzten den Willen des Königs im ganzen Land durch. Bei Weigerung des Volkes konnte sofort über gut ausgerüstete und ausgebildete Soldaten verfügt werden, die die Übermacht des Königs demonstrierten und möglichen Widerstand mit Gewalt brachen. Sowohl das stehende Heer als auch der Beamtenapparat waren aufwendig und daher sehr kostspielig: Ob die zivilen oder militärischen Staatsdiener zum Einsatz kamen oder nicht, Gehälter und Sold mussten monatlich gezahlt werden. Zudem waren Ausrüstung und Kasernen kostenintensiv. Das Geld hatte das Volk - also der dritte Stand - in Form von Steuern aufzubringen.
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Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Grundkurs: Der "Absolutismus" in Frankreich 5
1. Teil: Was ist "Absolutismus"? 5
M 1.1 Der "Absolutismus" - vom Leitbegriff zum Mythos.Interview mit dem Kölner Historiker Michael Kaiser 5
M 1.2 Kurzer Abriss des französischen "Absolutismus" 7
2. Teil: Herrschaftsinszenierung Ludwigs XIV. 8
M 2.1 Regierungsprinzipien 8
M 2.2 Ludwig als Sonnenkönig 9
M 2.3 Ludwig XIV. als Apollon mit Familie 9
M 2.4 Ludwig als Sonnenfigurine 10
M 2.5 Ludwig als Apollon 10
M 2.6 Die Allgegenwart des Sonnengottes 10
3. Teil: Ökonomie 11
M 3.1 Colberts Finanz- und Wirtschaftspolitik 11
M 3.2 Die Handelsgrundsätze Ludwigs XIV. 12
M 3.3 Über die wirtschaftliche Situation im absolutistischen Frankreich 12
4. Teil. Kritik am Absolutismus 13
M 4.1 Die wirtschaftliche Situation in Frankreich 13
M 4.2 Ludwig XIV. reagiert auf die Adelsopposition 14
M 4.3 Widersprüchlichkeiten 15
Aufbaumodul: Theorie: Für und Wider 18
M 5.1 Jean Bodin: Die wahren Attribute der Souveränität 18
M 5.2 Gegen den tyrannischen König - die Monarchomachen 19
Erweiterungsmodul: Die barocke Welt 20
M 6.1 Was ist Barock? 20
M 6.2 Versailles als Vorbild für die europäische Baukunst 20
M 6.3 Die Würzburger Residenz als die Synthese des europäischen Barock 21
M 6.5 Barocke Gartenarchitektur 21
M 6.6 Barocke Literatur 22
Folien
M 2.7 Die Versailler Schloss- und Gartenanlage Folie 1
M 6.4 Das Treppenhaus der Fürstbischöflichen Residenz in Würzburg Folie 2
Klausurvorschlag
Die Inszenierung der Königsmacht - der Hof von Versailles 23
UNTERRICHTSVERLAUF 24
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.