Martin Jandler
Alltag in der DDR
Leben in der Diktatur
Die besonderen Bedingungen der Entstehung und des Endes des sozialistischen deutschen Staates DDR erfordern besondere Anstrengungen, sich seine frühere Wirklichkeit zu vergegenwärtigen.
Im Unterschied zu anderen Diktaturen sowjetischen Typs in Osteuropa war die DDR eine Staatsneugrün-dung: Sie entstand mit dem Zerfall der Anti-Hitler-Koalition nach der Zer-schlagung des Nationalsozialismus und verschwand mit dem Ende des sowjetischen Imperiums.
Die ganz verschiedenen Erfahrungen, die Bürgerinnen und Bürger der DDR in und mit der Diktatur gemacht haben, scheinen nach dem Beitritt der fünf neuen Bundesländer zur Bundesrepublik am Ende des Jahres 1990 fast schon unwirklich geworden zu sein. Und dies gilt nicht nur im Westen der neuen Bundesrepublik.
Die DDR mit ihren Institutionen ist verschwunden. Im Unterschied aber zu den Institutionen des zweiten deutschen Nachkriegstaates sind die Menschen, die in und mit ihnen lebten noch da. Nur wer lernt ihnen zuzuhören, die Besonderheit ihrer Lebenserfahrungen zu erkennen, ohne vorschnell zu verallgemeinern, wird sich in der neuen Republik zurechtfinden und dann auch orientieren können.
Dabei gilt es ganz besonders, ein Gespür dafür zu entwickeln, aus welcher Perspektive, aus welcher Zeit und von welchem sozialen Ort der ehemaligen DDR die Rede ist. Die hier entwickelte Unterrichtseinheit setzt deshalb neben der Vermittlung von Kenntnissen vor allem darauf, ein Gespür für die Lokalisierung und Differenzierung ganz unterschiedlicher Alltagserzählungen zu entwickeln.
Alltagsgeschichte und Demokratie
Im Unterschied zur politischen Geschichte und zur Geschichtsschreibung über politische Ideen ist das besondere Kennzeichen einer Alltagsgeschichtsschreibung immer die Fähigkeit gewesen, die Lebenswirklichkeit der großen Mehrheit der Gesellschaftsmitglieder zur Sprache zu bringen.
Die Beschäftigung mit Alltagsgeschichte(n) hat eine wesentliche Aufgabe in der Demokratie: Sie kann Erfahrungen, Vorstellungen und unterschiedliche Lebenslagen in das Gespräch einer Gesellschaft hineinvermitteln und Verständnis, aber auch Kontroversen und damit insgesamt die Selbstverständigung einer Gesellschaft fördern.
Das Verfahren einer solchen Vergegenwärtigung der untergegangen Diktatur kann dabei zurzeit jedoch nur exemplarisch angelegt werden. Die sozial-wissenschaftliche Forschung selbst hat bislang nicht den Stand erreicht, der es erlauben würde, abgeschlossene Urteile abzugeben. Die verschiedenen Ansätze einer Forschung zum Alltag in der DDR fördern zwar immer neue Erkenntnisse zutage, sie bilden bislang jedoch nur deutlich begrenzte Erfahrungsbereiche ab. Die kritische Rekonstruktion der untergegangenen Diktatur ist keineswegs abgeschlossen.
Das hier präsentierte (Quellen-)Mate-rial orientiert sich an bereits vorgelegten Veröffentlichungen und an in der Literatur greifbaren Beispielen, die ei-ne Annäherung an die Erfahrung einer ganz anderen Gesellschaft ermöglichen. Die Literaturliste am Ende der Veröffentlichung ermöglicht darüber hinaus einen Zugang zu weiteren leicht erschließbaren Quellen.
Angestrebt wird kein geschlossenes Bild, es werden eher unterschiedliche Zugänge zu der kommunistischen Diktatur in Deutschland eröffnet.
Geschichte der DDR
Eine erste Annäherung an die ganz verschiedenen Alltage in der DDR kann nur gelingen, wenn zunächst die wesentlichen Ereignisse in der Geschichte der früheren Sowjetischen Besatzungszone und der späteren DDR in Erinnerung gerufen werden. Ihre Bedeutung für den Alltag der Bürgerinnen und Bürger der DDR ist da-mit noch nicht erklärt. Ohne ihre Benennung würde jedoch eine Annäherung an die Besonderheiten des Lebens in der deutschen Nachkriegsdiktatur nicht möglich.
Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Grundkurs: Leben in einer Diktatur 5
1. Teil Geschichte und Institutionen 5
M 1.2 Chronologie zur DDR-Geschichte (1945-1989) 5
M 1.3 Begriffsglossar 6
M 1.4 Staatsaufbau der DDR (DDR-Darstellung von 1978) 7
2. Teil Diktatur 8
M 2.1 Ideologie: Sozialistischer Staat (1978) 8
M 2.2 Heimliche Verfassung (17.10.1949) 8
M 2.3 Alltag im Politbüro (1) 9
M 2.4 Alltag im Politbüro (2) 9
M 2.5 Ideologie: Staatssicherheit 10
M 2.6 Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit 10
M 2.7 Alltag eines Verhörs (1) 10
M 2.8 Alltag eines Verhörs (2) 10
M 2.9 Ideologie: Mauerbau 11
3. Teil Gesellschaft 11
M 3.1 Flüchtlinge (1949-1961 11
M 3.2 Streikforderungen am 17.6.1953 12
M 3.3 Brief aus der DDR (3.10.1969) 12
M 3.4 "Zufrieden waren wir trotzdem nicht" 12
M 3.5 Erinnerung eines Bürgerrechtlers 13
M 3.6 Alltage 14
M 3.7 „Postkontrolle" 15
M 3.8 DDR-Alltag im historischen Urteil 18
M 3.9 DDR-Alltag im Karikaturisten-Urteil 18
Aufbaumodul: Verfolgung 19
M 4.1 Ideologie: Verfolgung 19
M 4.2 Eine Heimerzieherin berichtet (28.12.1989) 19
M 4.3 Verfolgung: Deutsche Kommunisten 20
Erweiterungsmodul: Minderheiten 21
M 5.1 Vertragsarbeiter in der DDR 21
M 5.2 Vertragsarbeiter in der DDR-Industrie 21
M 5.3 Alltag eines schwarzen Vertragsarbeiters 21
M 5.4 Alltag eines binationalen Ehepaars 22
M 5.5 Juden und Jüdinnen in der DDR 22
M 5.6 Ein jüdischer Remigrant erinnert sich 23
Folien
M 1.1 "Juice-shop" (Karikatur) Folie 1
M 1.5 Staatsaufbau der DDR Folie 2
Klausurvorschlag
"Jeder folgt freudig Honeckers Aufruf zum Schmuck der Heimat" 24
UNTERRICHTSVERLAUF 25
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.