Andreas Coenen
"Unternehmen Barbarossa"
Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941
Historische Einordnung
Der deutsche Angriff auf die Sowjetunion 1941 legte den Grundstein für eine Zäsur in der Geschichte des 20. Jahrhunderts. Mit dem "Unternehmen Barbarossa" wollte Hitler seine bereits in den 1920er-Jahren entwickelten Wahnideen vom „Lebensraum im Osten" realisieren. Die Sowjetunion galt ihm als Hort des "jüdischen Bolschewismus", dessen Vernichtung den Weg für ein "großdeutschgermanisches Imperium" in Osteuropa frei gemacht hätte. Das Scheitern des Angriffs zerschlug Hitlers Kriegsplanungen und machte seine Niederlage absehbar. Die Teilung Deutschlands und Europas sowie der Kalte Krieg nahmen hier ihren Ausgang.
Ursachen und Hintergründe
Der Hitler-Stalin-Pakt vom August 1939 kam trotz der diametralen ideologischen Gegensätze zustande, da die kurzfristigen militärisch-politischen Zielstellungen der beiden Mächte in Einklang zu bringen waren. Der Pakt ermöglichte Hitler die militärische Niederwerfung Polens und die Ausdehnung seiner Interessensphäre in Osteuropa, die überhaupt erst einen geografischen Ansatzpunkt für einen möglichen Angriff auf die Sowjetunion schuf. Zudem konnte Hitler die Operation gegen Frankreich 1940 aufgrund der Nichtangriffsklausel als Einfrontenkrieg führen. Schließlich stellten die mit der Sowjetunion vereinbarten Rohstofflieferungen eine nicht zu unterschätzende Hilfsquelle für Hitlers erfolgreiche Kriegsführung in den Jahren 1939 bis 1941 dar. Stalin war sich über Hitlers eigentliche Motive und Ziele durchaus im Klaren. Er versprach sich von der Übereinkunft mit seinem ideologischen Todfeind in erster Linie einen Zeitgewinn, um die Gefechtsbereitschaft der Roten Armee für eine mögliche militärische Auseinandersetzung mit dem Deutschen Reich zu erhöhen. Nach den "Säuberungen" in den späten 1930er Jahren war das Offizierskorps der Roten Armee in erheblichem Umfang dezimiert. Die daraus resultierenden Defizite in der Operationsführung sollte der finnisch-sowjetische Winterkrieg 1939/40 offenlegen. Stalin hoffte, dass Hitlers militärische Auseinandersetzung mit den Westmächten, die der Hitler-Stalin-Pakt ermöglichte, dieses notwendige Zeitfenster für seine Vorbereitungen öffnen würde.
Stalins Kalkül ging nicht auf. Entgegen der allgemeinen Erwartung zog sich Hitlers Krieg gegen Frankreich nicht hin, sondern endete bereits nach wenigen Wochen mit einem überwältigenden Sieg der Wehrmacht. Moderne Einsatzverfahren getragen von Panzern und Kampfflugzeugen führten dazu, dass mit der französischen Armee das letzte nennenswerte militärische Gegengewicht zur deutschen Wehrmacht auf dem europäischen Kontinent verschwand. Fortan waren die deutschen Landstreitkräfte frei und wurden schrittweise an die deutschsowjetische Demarkationslinie, die der Hitler-Stalin-Pakt festgelegt hatte, verlegt.
Da sich die britische Regierung mit Winston Churchill an der Spitze im Sommer 1940 weigerte auf Hitlers Friedensbedingungen einzugehen und die Wehrmacht - sprich Luftwaffe und Marine - nicht in der Lage waren Großbritannien militärisch zu besiegen, geriet Hitler in eine strategische Sackgasse. Dass Großbritannien den Widerstand fortsetzte, machte er an der Annahme fest, dass London sich mit der Sowjetunion zu verbünden beabsichtigte, um Deutschland in einen Zweifrontenkrieg zu verwickeln und zu besiegen. Somit setzte er eine Niederwerfung der Sowjetunion fälschlicherweise gleich mit einem Sieg gegen Großbritannien. Ursprünglich beabsichtigte Hitler nach den Erfahrungen des Ersten Weltkrieges die unbedingte Vermeidung eines Zweifrontenkrieges. Nun sah er sich gezwungen dieses Risiko einzugehen. So fasste er Ende Juli 1940 den Entschluss zum Angriff auf die Sowjetunion, um einerseits der strategischen Sackgasse eines militärisch nicht zu gewinnenden Krieges mit Großbritannien zu entfliehen und andererseits sein programmatisches Ziel vom „Lebensraum im Osten" mittels eines Vernichtungskrieges zu realisieren.
In der Frage, ob es sich beim deutschen Angriff auf die Sowjetunion um einen Präventivkrieg gehandelt habe, gelangt die neuere Forschung zu einem eindeutigen Urteil. Stalin war 1940/41 generell an einer Konfliktvermeidung mit Deutschland interessiert. Der Aufmarsch der Roten Armee und der Verlauf des Feldzuges 1941 zeigen, dass von Angriffsbereitschaft und -fähigkeit seitens der Sowjetunion nicht die Rede sein kann. Dies wird von entsprechenden amtlichen deutschen Quellen belegt. Auch Gedankenspiele über möglicherweise irgendwann vorhandene langfristige Kriegsabsichten Stalins tilgen die historische Last eines vertragswidrigen deutschen Angriffs auf die Sowjetunion nicht.
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Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Grundkurs: Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion 1941 5
1. Teil. Ursachen und Hintergründe 5
M 1.1 "Lebensraum im Osten" 5
M 1.2 "Freie Hand im Osten" 5
M 1.3 Feindbild 6
M 1.4 Deutsch-sowjetischer Nichtangriffspakt 7
M 1.5 Entscheidung zum Angriff 7
M 1.6 NS-Propagandaplakat 8
M 1.7 Propaganda und Präventivkriegsthese 9
M 1.8 Gegenwärtiger Forschungsstand zur Präventivkriegsthese 10
2. Teil. Militärische Kriegführung 11
M 2.2 Tagebucheintrag des Generalstabschefs Halder 11 vom 3. Juli 1941
M 2.3 Tagebucheintrag des Generalstabschefs Halder 11 vom 11. August 1941
M 2.4 Feldpostbriefe 12
3. Teil. Charakter des Krieges 15
M 3.2 "Richtlinien für die Behandlung politischer Kommissare" (6.6.1941) 15
M 3.3 Überprüfung des Kommissarbefehls wird abgelehnt (23.9.1941) 15
M 3.4 "Reichenau-Befehl" (10.10.1941) 18
M 3.5 Behandlung sowjetischer Kriegsgefangener 19
M 3.6 Hungerpolitik 20
Erweiterungsmodul: Forschung und Erinnerung 21
M 4.1 DDR-Historiker zum Angriff auf die Sowjetunion 21
M 4.2 Zwei bundesdeutsche Schulbücher im Vergleich 22
M 4.3 "Kein Krieg im herkömmlichen Sinne" (2006) 23
M 4.4 Dir Wehrmachtsausstellung - ein Tabubruch? 24
Folien
M 2.1 Karte zum Kriegsschauplatz Folie 1
M 3.1 NS-Propagandafotografie Folie 2
Klausurvorschlag
Die Gefahr im Osten und der Barbarossa-Befehl" 26
UNTERRICHTSVERLAUF 27
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.