Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Einstiegsmodul: Das 20. Jahrhundert: Das Zeitalter der Genozide. Das Zeitalter der Extreme? 5
M 1.1 Genozide im 20. Jahrhundert 5
M 1.3 Das 20. Jahrhundert. Das Zeitalter der Extreme 5
M 1.4 Zwölf Menschen betrachten das 20. Jahrhundert 6
Grundkurs: Völkermord im 20. Jahrhundert 7
1. Teil: Der Begriff Genozid: Entstehung, Definition, Auslegung 7
M 2.1 Raphael Lemkin: „Father of the Genocide Convention“ 7
M 2.2 Die Völkermordkonvention der Vereinten Nationen (1948) 9
M 2.3 Schwächen und Grenzen der Genozidkonvention (1948) 10
M 2.4 Quantitativer Überblick über Genozide 10
M 2.5 Völkermord gleich Völkermord? 11
M 2.6 Genozide im 20. Jahrhundert 11
2. Teil: Das Jahr 2015 – 100 Jahre Aghet 13
M 3.1 24. April 1915: Beginn des Völkermords an den Armeniern 13
M 3.2 Aghet – Die Katastrophe (1915/1916) 15
3. Teil: Das Jahr 2015 – 70 Jahre Holocaust 19
M 4.1 27. Januar 1945: Befreiung des KZ Auschwitz 19
M 4.2 Der Holocaust (1941–1945) 20
4. Teil: Das Jahr 2015 – 20 Jahre Srebrenica 22
M 5.1 11. Juli 1995: Das Massaker von Srebrenica 22
M 5.2 Der Fall Srebrenicas 23
Vertiefungsmodul: Gedenkkultur 24
M 6.1 Das Gedenkjahr 2015 24
Folien
M 1.2 Genozide weltweit 1900–2005 Folie 1
M 5.3 Völkermord unter den Augen der Weltöffentlichkeit Folie 2
Klausurvorschlag
Lehren für die Zukunft 25
UNTERRICHTSVERLAUF 26
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.
Leseprobe
Doris Pfleiderer
Das 20. Jahrhundert – Zeitalter der Genozide
Das Zeitalter der Völkermorde Völkermord ist das schlimmste denkbare Verbrechen, "the crime of crimes", das der Mensch begehen kann. Er verursacht den Tod von Tausenden, manchmal sogar von Millionen Menschen. Völkermord gilt aus diesem Grund als ein Verbrechen gegen die Menschheit. Die Betroffenheit der Menschen artikuliert sich zumeist in einem laut geschrienen "Nie wieder"!
"Nie wieder Völkermord!", "Nie wieder Auschwitz!" lautete deshalb auch die Maxime der internationalen Staatengemeinschaft nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Am 9. Dezember 1948 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen angesichts der Gräueltaten der Nationalsozialisten gegen Juden, Sinti, Roma und anderen Volksgruppen die Konvention über die Verhütung und Bestrafung des Völkermordes. Darin ächtete die internationale Staatengemeinschaft Vergehen von Nationalstaaten gegen Minderheiten und ethnische, religiöse, rassische und nationale Gruppen im eigenen Land. Doch aus dem Vorsatz "Never again" wurde "Again and again". Das 20. Jahrhundert ging als blutigstes Jahrhundert in die Menschheitsgeschichte ein. Niemals zuvor kamen mehr Menschen gewaltsam ums Leben. Zwei Weltkriege forderten Abermillionen von Opfern. Millionen Menschen fielen zudem einem Verbrechen zum Opfer, für das es bis Mitte des 20. Jahrhunderts überhaupt keinen Namen gab. "Wir erleben ein Verbrechen ohne Namen", beklagte der britische Premierminister Winston Churchill im August 1941 in einer Radioansprache das Morden deutscher Polizeieinheiten in Russland. Der britische Historiker Eric Hobsbawm (1917-2012), einer der einflussreichsten Neuzeithistoriker, gab seinem 1994 erschienenen Buch über das "kurze 20. Jahrhundert" (1914-1991) bezeichnenderweise den Titel "The Age of Extremes" (Das Zeitalter der Extreme). Es gilt als sein erfolgreichstes und bedeutendstes Werk. Der Abschlussband seiner 1962 mit der Analyse des "langen" 19. Jahrhunderts (1789-1914) begonnenen Trilogie umfasst die Zeit vom Ersten Weltkrieg bis zum Untergang der UdSSR. Es beginnt, dreiteilig angelegt, mit dem "Zeitalter der Katastrophen" (1914-1945). Zwei Weltkriege, Massenmord bis zum Genozid, menschenfeindliche Diktaturen, Flüchtlingselend und am Ende die atomare Bedrohung wecken Assoziationen an einen "zweiten Dreißigjährigen Krieg". Nach einer Phase des Wohlstands der europäisch-nordamerikanischen Welt ("Goldenes Zeitalter") folgt das "Zeitalter des Erdrutsches" (1973-1991). Auch in dieser Phase überwiegen mit internationalen Depressionen, politischen Umwälzungen, Bevölkerungsexplosion, Massenverelendung und Umweltkrisen Katastrophen. Das Jahrhundert beginnt und endet trotz einer Reihe von günstigen Entwicklungen wie fortschreitende Demokratisierung, Entkolonisierung, Globalisierung und Weltgemeinschaft extrem oder in einem Ausnahmezustand. Das 20. Jahrhundert, so der historische Konsens, war das Zeitalter der Völkermorde. Es gilt als eine Zeit, in der die Gewalt, Massenvernichtung und der Krieg die höchste Intensität erreichten. Deshalb ist es zu Beginn des 21. Jahrhunderts notwendig, den Blick auf das 20. Jahrhundert zu schärfen und die Erinnerung wachzuhalten, damit der Vorsatz "Never again" angesichts der Genozide in Darfur (2004) und im Nordirak (2015) nicht vollends zu einer leeren Worthülse verkommt.
Der Begriff Genozid
Der Begriff "Genozid" wurde 1944 von dem polnisch-jüdischen Juristen Raphael Lemkin (1900-1959) in dem Buch "Axis Rute in Occupied Europe" geprägt. Er ist ein Kunstwort und setzt sich aus dem griechischen Wort genos (Stamm, Volk, Gruppe) und dem lateinischen
caedere (morden, töten) zusammen. Lemkin entkam 1939 dem Holocaust durch eine Emigration über Schweden in die USA, verlor aber bis auf seinen Bruder und seine Schwägerin seine ganze Familie durch das Nazi-Regime. Für Lemkin wurde das Anliegen einer Konvention gegen Völkermord zu seiner Lebensaufgabe und -leistung.
Lemkin setzte sich mit dem Thema Völkermord schon Anfang der 1920er-Jahre auseinander. Auslöser war die Ermordung des ehemaligen türkischen Innenministers Talât Pascha 1921 in Berlin, der maßgeblich für die Vernichtung der Armenier 1915/16 verantwortlich war, durch den jungen Armenier Soghomon Tehlirian. Nach dem Krieg entging Talât Pascha einer Verurteilung durch eine Flucht nach Berlin, das seine Auslieferung an die Türkei verweigerte. Die vorherrschende Praxis staatlicher Souveränität verbot die Einmischung in die inneren Angelegenheiten eines souveränen Staates. [...]
Abstracts
Ausgehend von einem globalen Blick auf das 20. Jahrhundert sowie der Klärung des Begriffs "Genozid" werden die von der UN-Völkermordkonvention anerkannten Völkermorde thematisiert. Dabei geht es weniger um eine detaillierte Darstellung der Ereignisse als vielmehr um einen "weiten" Blick auf die Geschehnisse, der zum einen das Gedenken wachhält und zum anderen auch ein Bewusstsein schafft, das solche Ereignisse in Zukunft verhindern hilft.
Neben der Auseinandersetzung mit der Entstehung und den Inhalten der UN-Völkermordkonvention von 1948 wird auch die Vergleichbarkeit von Völkermorden thematisiert sowie die Auseinandersetzung damit in Form von "Erinnerungskultur".
Ein Klausurvorschlag auf der Basis eines UN-Berichts zum Massaker von Srebrenica rundet die Einheit ab.