Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Einführungsmodul: Martin Luther und die Reformation – ein erinnerungskulturelles Phänomen 5
M 1.1 Reformation damals und heute 5
M 1.2 Erinnerungskultur und kulturelles Gedächtnis 5
Grundkurs: Orte und Medien der Erinnerung
1. Teil: Die Reformation in Deutschland 7
M 2.1 Sachwissen: Chronologie der Reformation in Deutschland 7
M 2.2 Luthers 95 Thesen 8
2. Teil: Materialisierte Erinnerung 9
M 3.2 Denkmal! 9
M 3.4 Die Lutherstube auf der Wartburg 11
M 3.5 Münzen und Medaillen zur Reformation 12
3. Teil: Die Geschichte des Reformationsjubiläums 13
M 4.1 Jubiläum, Jubiläum … 13
M 4.2 Martin Luther und der 31. Oktober 1517 13
M 4.3 Das „ernste Jubeljahr“ 1917 15
M 4.4 Die 450-Jahrfeier Luthers von 1933 19
M 4.5 Luthergedenken in den beiden deutschen Nachkriegsstaaten 21
Erweiterungsmodul: Gedenken heute 23
M 5.1 „Lutherland Thüringen“ in der Reformationsdekade 23
M 5.2 Wie sollten wir heute gedenken? 24
Klausurvorschlag
Der Reformationstag – ein Teil unserer (Erinnerungs-)Kultur 25
Folien
M 3.1 Luther-Denkmäler in Deutschland Folie 1
M 3.3 Die Lutherstube auf der Wartburg Folie 2
UNTERRICHTSVERLAUF 26
LITERATUR 3. Umschlagseite
ERGÄNZENDE MATERIALIEN Extra
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien.
Leseprobe
Antonia Schwarzkopf und Matthias Schwarzkopf
Geschichtskulturelle Begegnungen mit Martin Luther
Natürlich kommen wir im Jahr 2017, dem Höhepunkt der Lutherdekade, nicht darum herum, Luther in jeder nur denkbaren Form zu erinnern. Natürlich? Wollten wir uns im Geschichtsunterricht nicht lösen von der Personalisierung von Geschichte, um unserer demokratischen Werte, der prinzipiellen Gleichheit und Gleichwertigkeit aller Menschen Willen?
Und das in einer Zeit, in der die Menschen auf die Frage hin, wie sie den Reformationstag begehen, antworten: „Reformationstag, was bitte?“ (siehe dazu den Klausurvorschlag in diesem Themenheft). In fünf Bundesländern Deutschlands ist der Reformationstag ein gesetzlicher Feiertag. Und spätestens in diesem denkwürdigen Jahr (2017) wird wohl jeder einmal über den Namen Martin Luther - übrigens einer der beliebtesten Deutschen im In- und Ausland überhaupt - stolpern. Und auch an vielen Orten begegnet man Martin Luther und den Zeugnissen und Erinnerungen an die Reformation. So macht denn die Reformationsdekade nicht nur auf diesen besonderen Akteur der deutschen und europäischen Geschichte und seine stürmische Zeit aufmerksam, sondern auch darauf, wie wir mit seinem Gedächtnis umgehen und in der Vergangenheit umgegangen sind. Die Erinnerungskultur - der sich im schulischen Kontext nahtlos das Ziel der Ausbildung einer „geschichtskulturellen Kompetenz“ anschließt - ist Teil unserer Sozialisation. Oft genug, ohne dass wir es wahrnehmen.
Was ist Erinnerungskultur und was gehört alles dazu?
Der Stellenwert der Erinnerungskultur ist allgemein groß in unserer politischen und gesellschaftlichen Gegenwart. Möglicherweise sehen wir in diesen Tagen
auch eine stärkere Besinnung auf unsere „Wurzeln“ und unsere Geschichte in Anbetracht der verbreiteten und parteipolitisch zum Teil geschürten Furcht vor „Überfremdung“.
Das geht bis hin zu der Frage nach Sinn und Unsinn von gesetzlichen Feiertagen. Noch heute ist Deutschland kein laizistischer Staat, das dürfte spätestens im Luther-Jahr wieder einmal etwas deutlicher werden.
Es gibt einige Schlagworte zur Reformation, die sofort eine Flut von Bildern in uns auslösen: Thesenanschlag, Bibelübersetzung, Hier stehe ich, ich kann nicht anders!, Ablassbriefe, auch die Wartburg sollte jedem etwas sagen, wenngleich es erstaunlich ist, wie wenig Menschen diese geografisch in Deutschland verorten können. Die Reformation wird medial, (regional-)politisch und kommerziell genutzt: Im Film (diese Geschichte ist eine Steilvorlage, die Hollywood nicht besser hätte erfinden können), in der Tourismusbranche vor allem Mitteldeutschlands (wir erleben eine Flut von Reiseführern, die zeigen, wo auf den Spuren Luthers gewandelt werden kann), das sich vorbereitet auf den ganz großen Andrang aus den USA in 2017 usw. Martin Luther als Playmobil-Figur setzt noch das i-Tüpfelchen oben drauf. Luther ist überall. Michele Barricelli spricht in diesem Zusammenhang von „Histotainement“.
Die vielfältigen Formen, in denen das Thema Reformation aufgegriffen wird, und die Inszenierung ihres berühmtesten Vertreters Martin Luther entlang der seit 2007 gefeierten Lutherdekade zeigen, wie viele Interessen sich in diese unsere Erinnerungsgemeinschaft einmischen. In erster Linie sind sie kommerzieller Natur. In diesem Zusammenhang ist auch die Luther-Figur zu sehen, die von der Firma Playmobil auf den Markt gebracht wurde. Bereits nach 72 Stunden war sie ausverkauft. Ein Verkaufsschlager auf der einen Seite, auf der anderen aber auch ein bewusst eingesetzter Werbebotschafter für Reisen nach Deutschland - die Playmobil-Zentrale liegt vor den Toren Nürnbergs, das in diesem Jahr (2017) im Zentrum der Reformationsdekade steht.
Was macht die Erinnerungskultur für den Geschichtsunterricht so wichtig?
Es ließe sich eine lange Diskussion über die Begrifflichkeiten aufzeigen, die bezüglich der „Anwesenheit von Vergangenheit in der Gegenwart“ - so der konzise Untertitel des Sammelbandes von Hans-Jürgen Pandel und Vadim Oswalt zum Thema - unter Historikern geführt wird. Welchen Stellenwert genießen Luther und die Reformation im kulturellen Gedächtnis? Und sollte im schulischen Kontext eher von Erinnerungskultur oder von Geschichtskultur die Rede sein? Pandel favorisiert Letzteres, da diese „die Verflechtungen zwischen inner- und außerschulischen historischen Bildungseinflüssen wesentlich deutlicher werden“ lasse. Viel stärker als wissenschaftliche Definitionsansätze jedoch (be)trifft uns Geschichtslehrer der damit einhergehende Vorwurf, Schule vermittle nicht das, was sich in der sie umgebenden Geschichtskultur zutrage, versäume es, Jugendlichen (den erwachsenen Staatsbürgern von morgen) Problemlösungsstrategien mit auf den Weg zu geben, mit denen sie sich in ihrer Lebenswelt zurechtfinden können. Und diese Lebenswelt ist geprägt durch einen allgemeinen gesellschaftlichen Erinnerungsboom. [...]