Inhaltsverzeichnis
ZUM INHALT 1
MATERIALIEN 5
Einstiegsmodul: Chronologie 5
M 1 Der lange Weg zur Reichsgründung 5
Grundkurs I: Nationalstaatsgründung "von unten"? 6
1. Teil: Die Entstehung der bürgerlichen Nationalbewegung 6
M 2.1 Eine neue Bewegung - Ursachen und Ziele 6
M 2.2 Der Wiener Kongress und die Nationalbewegung 8
M 2.3 Reichsgründung durch Revolution? 9
Grundkurs II: Zweikampf um die Vorherrschaft über Deutschland 11
2. Teil: Wien gegen Berlin - der Konflikt spitzt sich zu 11
M 3.1 Preußen in der Pole-Position? 11
M 3.2 Der Weg in den "Bruderkrieg" 12
3. Teil: Der preußisch-österreichische Krieg, 1866 13
M 4.1 Verlauf und Ausgang des Krieges 13
M 4.2 Reaktionen der bürgerlichen Nationalbewegung 14
M 4.3 "Reichsprognostikon", 9. September 1866 15
Grundkurs III: Reichsgründung "von oben" 18
4. Teil: Was wird aus Süddeutschland? 18
M 5.1 Der Krieg mit Frankreich, 1870/71 18
M 5.2 Die süddeutschen Staaten treten bei 19
5. Teil: Reichsgründung am Ziel? 20
M 6.1 Kontroverse im Reichstag des Norddeutschen Bundes 20
M 6.2 Aus der Verfassung des Deutschen Reiches, 1871 21
Erweiterungsmodul I 22
6. Teil: Thesen der Forschung 22
M 7.1 Reichsgründung ohne Alternative? 22
M 7.2 Reichsgründung nur "von oben"? 23
Erweiterungsmodul II 24
7. Teil: Erinnerungskultur 24
M 8 Reichsgründung - ein deutscher Erinnerungsort? 24
Folien
M 2.3 e Germania, 1848 Folie 1
M 6.1 c Apotheose des Kaisertums Folie 2
Klausurvorschlag
Hermann Baumgarten: Selbstkritik eines Liberalen, 1866 25
UNTERRICHTSVERLAUF 26
LITERATUR 3. Umschlagseite
Verlagstext
"Geschichte betrifft uns" bietet Planungsmaterial für einen modernen und interessanten Geschichtsunterricht in der Sek. II unter Berücksichtigung der Klassen 9 und 10. Jede Ausgabe enthält: eine Einführung ins Thema, kopierfertige Vorlagen der Texte, Übersichten, Schaubilder, Karikaturen und Fotos, Vorschläge für den Unterrichtsverlauf, Tafelbilder und einen Klausurvorschlag. In jeder Mappe finden Sie außerdem zwei farbige OH-Folien und eine CD-ROM.
Leseprobe
Dr. Michael Brabänder
Die Reichsgründung 1870/71
Nationalstaatsbildung zwischen Bürgerbewegung und Kabinettspolitik
Entstehung und Politisierung der deutschen Nationalbewegung
"Am Anfang war Napoleon." Der prägnante erste Satz von Thomas Nipperdeys Grundlagenwerk "Deutsche Geschichte 1800-1866" schwebt auch über diesem Themenheft. Seinen Ursprung hatte der deutsche Nationalismus zwar schon im 18. Jahrhundert. Eine wachsende Funktionselite in administrativen und publizistisch-kulturellen Schlüsselstellungen vertrat eine aufgeklärte, bürgerliche Geisteshaltung und grenzte sich damit von der partikularstaatlichen Enge ebenso ab wie von der frankophilen Kultur an den Fürstenhöfen. Deutschland als einheitliche Sprach- und Kulturnation war in dieser frühen Phase aber noch eine romantisch-ideale Vorstellung ohne politische Konkretisierung. Das änderte sich mit Napoleon. Die „Franzosenzeit" ging in Deutschland mit einem hohen Kontributions- und Rekrutierungsdruck einher, und die Meinungsfreiheit war geknebelt. Die Herrschaft Napoleons wurde in den deutschen Staaten zunehmend als Unterdrückung empfunden, und das einigende Feindbild des korsischen Tyrannen dynamisierte und radikalisierte den deutschen Nationalismus. Johann Gottlieb Fichte traf im Winter 1807/08 mit seinen "Reden an die deutsche Nation" (M 2.1 b) im besetzten Berlin einen Nerv und begeisterte sein Publikum. Vier Jahre später legten Friedrich Ludwig Jahn und Karl Friedrich Friesen den Grundstein für die "Deutsche Burschenschaft" (vgl. M 2.1 c), die an den Universitäten die traditionellen landsmannschaftlichen Zusammenschlüsse überwinden sollte. Die akademische Jugend wurde rasch zur Speerspitze der nationalen Bewegung. Als König Friedrich Wilhelm III. von Preußen im März 1813 mit seinem Aufruf "An mein Volk" die Freiheitskriege gegen die Franzosen einläutete, war die Resonanz enorm. Eine Flutwelle patriotischer und antifranzösischer Publizistik ergoss sich über Deutschland, und die Freikorps fanden regen Zulauf.
Die Konfrontation nimmt Gestalt an
Dann die Zäsur. Als die europäischen Monarchen sich Ende 1814 in Wien daranmachten, die Konkursmasse des Grand Empire zu verteilen, hatten sie keine Vertreter der Nationalbewegung eingeladen. Ein starker deutscher Nationalstaat lag weder im Interesse der europäischen Mächte noch der deutschen Fürsten, die auf die möglichst weit gehende Souveränität ihrer Partikularstaaten pochten. Die neue staatliche Gestalt Deutschlands, der Deutsche Bund, spiegelte diese Konstellation wider - eine lockere, kaum handlungsfähige Konföderation (M 2.2 b). Die Reaktionen des Bürgertums reichten von ungläubigem Kopfschütteln bis hin zu blankem Entsetzen. "Die Nation ist betrogen!", so brachte es ein Zeitzeuge auf den Punkt (M 2.2 c). Der Ruf nach Freiheit, der ursprünglich an die französischen Okkupanten adressiert war, richtete sich nun gegen die neuen Tyrannen, die deutschen Fürsten. Liberalismus und Nationalismus, getragen von einer wachsenden bürgerlichen Bewegung, gingen eine enge Verbindung ein. Erst Bismarck sollte sie zerbrechen.
Die Nationalbewegung im Vormärz
Fürstenherrschaft gegen Bürgerbewegung, Partikularismus gegen Nationalismus, Restauration gegen Liberalismus - der Vormärz lässt sich als ein antagonistischer Schlagabtausch dieser politischen Grundkräfte verstehen. Den Reigen eröffnete 1817 die burschenschaftliche Manifestation auf der Wartburg unter den schwarz-rot-goldenen Farben der Lützowschen Freikorps. Die repressiven, gerade in Preußen und Österreich mit großer Härte ausgeführten Karlsbader Beschlüsse von 1819 erstickten die auf Mitgestaltung drängende populare Bewegung für ein Jahrzehnt. Anstelle der politischen Aktion spiegelte sich die Nation in utopischen Projektionen aus einer imaginierten mittelalterlichen Reichsherrlichkeit (vgl. M 2.1 d). Die französische Julirevolution 1830 gab der Bewegung einen neuen Schub, und zwei Jahre später demonstrierte ein breites bürgerliches, aber auch unterbürgerliches Publikum auf dem Hambacher Schloss für Einheit und Freiheit - "die erste politische Volksversammlung der neueren deutschen Geschichte" (Theodor Heuss). Prompt unterband der Deutsche Bund die Vereins- und Versammlungsfreiheit und verschärfte die Zensur. Bei der Rheinkrise von 1840 brach sich der aufgestaute Nationalismus in einer innbrünstigen Rheinliedbewegung Bahn. Zur Umgehung der politischen Repression bildeten sich Turner-, Sänger- und Schützenvereine, deren Zahl rasch anstieg. 1845 feierte man das erste deutsche Sängerfest in Würzburg, und die 1860er-Jahre waren die Zeit der großen "Nationalfeste". Zugleich entstand eine rührige Nationaldenkmalbewegung - das Jahr 1842 sah sowohl die Einweihung der Walhalla in Regensburg als auch das Kölner Dombaufest. [...]