Liebe Leserin, lieber Leser
Natürlich kann man über Musik auch kluge Worte machen. Ich bewundere z. B. jene Musiktheoretiker und -kritiker, die ihr luzides Handwerk verstehen. Auch der Heftschwerpunkt »redet« von Musik und ihrer Beziehung zu Religion und umgekehrt. Aber wenn schon ein Umweg, dann lade ich Sie ein, diesmal einen anderen Anweg zu wählen: den über das Bildmotiv »David spielt vor Saul«. Gehen Sie zur Einstimmung in das Thema die Bildserie durch, die Margarete Luise Goecke-Seischab erschlossen hat. Die knisternde Spannung zweier diametral vitaler Kräfte wird darin sichtbar: Macht und Musik, Harfe und Speer, ein verdüstertes Gemüt und der Zauberbann der Klänge ... Musik ist eine eminent spirituelle Kunst, die immer auch mit Herz, Geist und Seele und mit religiösem Gefühl verbunden war. Sie »ist die irdische Schwester der Religion« (Adalbert Stifter), ja, sie kann unmittelbar Überirdisches im Irdischen hörbar und erlebbar machen. Heike Lindner zeigt, wie Musik und Religion geradezu naturnotwendig zusammengehören. Klaus König geht von einem ebenso nahe liegenden wie grundsätzlich bemerkenswerten Sachverhalt aus, dass nämlich Religion kein eigenes, für ihre Anforderungen reserviertes Ausdrucksmedium besitze: »Sie muss sich vielmehr durch vorhandene, außerreligiös besetzte Bereiche mitteilen« (402). König spielt das an verschiedenen Musikbeispielen mit religiösen »Stoffen« durch. Die Beiträge von Monika Jakobs, der wir im Übrigen den Heftschwerpunkt verdanken, und Christian Cebulj können als weitere Belegstücke einer solchen gelungenen Symbiose gelesen werden. Sie laden dazu ein, die Schätze unserer religiösen Musiktradition neu zu heben und lebendig zu machen. Nach alledem ist es an der Zeit, die sprühenden Chancen einer Verbindung von Musik und Religionsunterricht direkt und praktisch vorzustellen. Maria Kaindl und Herbert Adam machen geradezu Lust darauf. Was in diesem Heft ausgespart bleibt, ist das NGL für Jugendliche. Aber hierzu konnten Sie ja bereits in KatBl 5/05 erhellende Anstöße durch Peter Hahnen gewinnen.
Wilhelm Albrecht
Schriftleiter
Inhaltsverzeichnis
THEMA: Musik und Religion
394 »Wer Ohren hat zu hören, der höre !«
Heike Lindner
Glaube und Hören, Musik und Religion haben viel miteinander zu tun.
400 Mehr als Worte sagt ein Lied
Klaus König
Eine kleine Wahrnehmungsschule von Bach bis Westernhagen.
407 Mit Musik spielen
Maria Kaindl
Über die vielfältigen Möglichkeiten von Musik und Elementarem Musiktheater mit Kindern.
415 Singen bewegt !
Herbert Adam
Drei einfache Liedbeispiele, die zeigen: Ein Lied kann eine Brücke sein.
421 Das Blümelein im Winter
Monika Jakobs
Ein Beispiel gelungener Inkulturation: Das Weihnachtslied »Es ist ein Ros entsprungen«.
427 Warum? - Ijob zwischen Händel und Brahms
Christian Cebulj
Vorschläge für ein fächerverbindendes Unterrichtsprojekt in der Sekundarstufe II.
436 Akzent
Rita Burrichter
Kind sein: Zur Welt gekommen
438 Gefunden und notiert
IrisBosold/Bernhard Bosold
David, Saul und Goliat
440 Von der Macht der Musik und der Psychologie der Farben
Goecke-Seischab Margarete Luise
Das Thema »David spielt vor Saul« in der Kunst - mit Anregungen zu einer kreativen Auseinandersetzung.
450 David gegen Goliat
Elisabeth Reil
Was oft als spannende Abenteuergeschichte präsentiert wird, hat es bei näherer Betrachtung in sich.
457 Im Blick: Gemeindekatechese
Hans Mendl
Moses in Jägerwirth
460 Bücher
467 Auslese
Petra Freudenberger-Lötz
Morgenroth, Matthias: Sternenfänger in dunkler Nacht
468 Impressum
Praxisbeilage: Materialbrief RU 4/2005
Geistliche Lieder im Spiegel ihrer Zeit