Liebe Leserin, lieber Leser
Ein beliebtes Motiv: Der Kirchenvater Hieronymus zieht in seiner Studierstube (!) einem Löwen den Stachel aus der Pranke. Riskieren wir einen kühnen Vergleich: Evaluation, das Reizwort, gilt streckenweise immer noch als ein solcher Dorn. Mit diesem Heft wollen die KatBl eben diesen Stachel ziehen (helfen). Lassen wir dazu erst mal das Karussell der einschüchternden Fachbegriffe - Kompetenzen, Standards, Qualitätssicherung ... - beiseite. Fragen wir lieber: Welche Grundidee steht hinter dem Anliegen »Evaluation«? Eine Gegenfrage kann uns weiterhelfen: Was tun wir da in der Schule und mit welchen Effekten tun wir das? Unser Tätigsein soll ja nicht ins Leere laufen. Es soll den SchülerInnen, den LehrerInnen, der Schulgemeinschaft etwas wert sein. So verliert das Reizwort seinen Schrecken. Denn wenn Bildungsarbeit ein »Gut« ist, dann verdient sie, kultiviert zu werden. Wenn sie einen aufbauenden und menschenförderlichen Wert hat (der zugleich Nutzen abwirft), dann sollte sie auch sorgsam behandelt und gepflegt - eben: evaluiert - werden. Evaluation lediglich auf Leistungserhebungen und Noten zu beziehen, greift da viel zu kurz. Es handelt sich vielmehr um einen Durchbruch in der pädagogischen Grundhaltung und um einen professionellen Mentalitätswandel, wie Helga Kohler-Spiegel zeigt. Alles Weitere, die zugegebenermaßen sperrige Nomenklatur und die folgerichtigen Handlungsstrategien erschließen sich aus dieser Sicht. Wer sich zunächst im Grundsätzlichen vergewissern will, dem sei der großräumige Überblick von Hans Mendl empfohlen, der den Heftschwerpunkt besorgt hat. Wer an griffigen Beispielen prüfen will, ob Lernen nach dieser Art wirklich Lust machen kann, wird ebenfalls fündig werden. - Aber worin liegt die »neue Qualität« solchen Lernens? Wiederum ist die Antwort ganz einfach: in einer gesteigerten Selbstverantwortlichkeit. Sie wird nicht als Last sondern als Chance wahrgenommen. Ich bin gewiss: Das Denken in Kategorien der Evaluation entpuppt sich als heilsame Medizin für eine verunsicherte Schule.
Wilhelm Albrecht
Schriftleiter
Inhaltsverzeichnis
THEMA: Reizwort Evaluation
238 Was ist guter Unterricht?
Helga Kohler-Spiegel
Das Nachdenken über Standards und Kompetenzen verändert den Blick.
241 Religionsunterricht evaluieren - ein weites Feld !
Hans Mendl
Eine alte Frage in neuer Dringlichkeit: Wie misst man den Ertrag des Religionsunterrichts?
249 Schulische Notengebung: Probleme und Entwicklungsmöglichkeiten
Thorsten Bohl
Neue Lernformen brauchen auch neue Formen der Bewertung.
255 Wenn Kinder sich selbst beurteilen
Bettina Ramor
Ein Modell für die Grundschule, das die Kinder aktiv in ihre Lernentwicklung einbezieht.
260 Lernen mit der Portfolio-Methode
Rainer Lemaire
Wie SchülerInnen und ihr Lehrer im Nachgang ein Portfolio-Projekt beurteilen.
264 Schüler bewerten Schülerarbeiten
Jean-Louis Gindt
Ein Beispiel aus der Sekundarstufe: Uber die Lernchancen, wenn SchülerInnen einander selbst Noten geben.
268 »Mach mal einen Punkt !«
Edeltraud Weber
Feedback-Kultur im Unterricht sollte nicht nur zum Schuljahresende gepflegt werden.
273 Evaluation und Schulentwicklung
Gerhard Ziener
Erfahrungen aus der Praxis: Wer nicht ziellos handeln will, muss sein Tun auch auswerten.
279 Entzauberung einer Zauberformel?
Bernhard Grümme Bernhard Grümme
Ein Kommentar zu den Kirchlichen Richtlinien zu Bildungsstandards für den Religionsunterricht in der Grundschule.
284 Akzent
Rita Burrichter
286 Gefunden und notiert
Iris Bosold/Bernhard Bosold
Alltagsspiritualität
288 »Ganz - schön - schwer«
Gotthard Fuchs
Spiritualität hat viel mit einem Vertrauen in die Verlässlichkeit und Güte der Welt zu tun - trotz allem.
294 Schulbilder zwischen Realität und Ideal
Angela Kaupp
Schulhausarchitektur als Prüfstein: Die Bildserie dieses Heftes spiegelt schulische Wirklichkeit.
297 Zwei junge Finninnen
Iris Gniosdorsch
Eine auf den ersten Blick ganz alltägliche Zimmerszene ist das Thema des Farbdrucks von Sonia Delaunay.
300 Das neue Leitbild des dkv
Wilhelm Albrecht
Die kompakte Ziel- und Handlungsformel lautet: »glauben.bilden«.
301 Im Blick: Gemeindekatechese
Markus Elsener/Gregor Schwander
Evaluation eines Firmweges
306 Bücher
311 Auslese
312 Impressum
Praxisbeilage: Materialbrief GK 2/2007
Katechese mit KatechetInnen