Liebe Leserin, lieber Leser
Es scheint an der Zeit, Religionspsychologie als Bezugspunkt religiösen Lernens ins Scheinwerferlicht zu rücken. Psychologie und Psychotherapie haben eine Vielzahl von »Techniken des Selbstgewinns« (Hilarion Petzold) hervorgebracht. Sie besonnen zu nutzen gehört mittlerweile auch zum religionspädagogischen Alltag. Im Heftschwerpunkt »Religionspsychologie« präsentieren Helga Kohler-Spiegel und Rudolf Englert als »Heftmacher« ausgewählte neuere Einsichten und Ergebnisse. Bereichert das auch die Praxis der Unterrichtenden? Elisabeth Hennecke weckt den Spürsinn dafür, dass Fragen und Antworten der Schülerinnen und Schüler nicht selten eine Art Versteckspiel des wirklich Wichtigen sind, das herausdrängen möchte. Und sie stellt eine Warntafel auf: über den heutzutage anwachsenden Nachdruck auf Lernergebnisse den pädagogisch begleitenden Prozess des Verstehenlernens nicht abzuwerten. Gabriele Klappenecker richtet die Aufmerksamkeit auf die »untersten Schichten« religiösen Lernens, nämlich die Stimmungen und Lebensgefühle, in denen ein Mensch seiner selbst gewahr wird. In einem grundsätzlicheren Beitrag stellt Bernhard Grom den inneren Zusammenhang der beiden »Subsysteme« Emotion und Kognition heraus und betont, dass Wissenselemente nur durch Bereitstellen von Erlebnismöglichkeiten personal verwurzeln können. Gerhard Büttner stützt sich insbesondere auf neuere angloamerikanische Forschungen zur Entwicklungspsychologie. Wenn Kinder geborene Metaphysiker sind, brauchen sie religiöse »Stoffe« zum Erproben von lebenstragenden Hypothesen. Damit verstärkt er zugleich die Forderung nach dem »Recht des Kindes auf Religion« (Friedrich Schweitzer). Und er bricht eine Lanze dafür, anthropomorphe Gottesbilder nicht allein für kindliche Entwicklungsstufen gelten zu lassen. Meine eigene Bilanz: Im Kontakt von Religionspädagogik und Humanwissenschaften zeichnet sich eine neue, lebhafte Runde der Begegnung ab.
Wilhelm Albrecht
Schriftleiter
Inhaltsverzeichnis
4
Dürfen Kinder glauben, dass Gott sie auffangen kann?
Elisabeth Hennecke
Fragen einer Grundschullehrerin an die Religionspsychologie.
8
Ein Blick hinter die Kulissen der Religionspsychologie
Susanne Heine
Über das Menschenbild hinter den verschiedenen Religionstheorien.
12
Frankl und sein kalifornischer Fluglehrer
Elisabeth Lukas
Zum 100. Geburtstag des Begründers der Logotherapie.
14
Religion als evolutionärer Vorteil ?!
Gerhard Büttner
Neuere Erkenntnisse zur Entstehung religiösen Denkens.
22
Wie mir religionspsychologisches Wissen in der Praxis hilft
Helga Kohler-Spiegel
Wer etwas weiß über psychische Verarbeitungsmuster, kann achtsamer und verständnisvoller sein.
25
Religiöse Entwicklung - nicht ohne unsere Gefühle
Bernhard Grom
Wie aus kalten »warme« Kognitionen werden können.
32
»Da ist ganz helles Licht, und dann ist der Sturm vorbei«
Gabriele Klappenecker
Die Bedeutung von Atmospären und Stimmungen für den Unterricht.
38
Im Spiel verborgen ist eine Welt
Otmar Kampert
Spielen ist wichtig: Entwicklungspsychologisch abgestimmte Vorschläge für die Sekundarstufe.
44
Akzent
Rita Burrichter
Kind sein: Ich sein
46
Gefunden und notiert
Norbert Mette
48
»Hast du Jesus schon gefunden?« - Filme und Verkündigung
Martin Ostermann
Nicht der christliche Inhalt ist es, der einen Film zu einem guten Film macht.
53
Verkündigung: Die Urfassung des Bildes von Silke Rehberg für »Meine Schulbibel«
Herbert Fendrich
Anmerkungen zu einem umstrittenen Bild.
59
»Die Frau ist wunderschön«: Unterrichtserfahrungen mit einem Verkündigungsbild
Christoph Dohmen-Funke
Überraschende Beobachtungen einer Grundschulklasse.
63
»Vor Augen: Das Kreuz«
Simone Honecker
Ökumenischer Kreuzweg der Jugend 2005.
64
»dann vielleicht werd ich frei« – Zeitgenössische Gedichte zur Auferstehung
Alexander Joist
Zwei Beispiele für den Unterricht in der Sekundarstufe.
69
Im Blick: Jugendarbeit
Joachim Kittel
Ignatianische Experimente
74
Bücher
77
Auslese
Georg Langenhorst
78
Impressum
Materialbrief RU 1/2005
Der Philemonbrief. Erschlossen mit Elementen des Bibliodramas für die 7.-10. Klasse.