»Wer treibt wo - also: mit wem? - und in wessen Interesse - also: für wen? - Theologie?«, fragte 1977 J.B. Metz (in: Glaube in Geschichte und Gegenwart 55). Die Sinnspitze dieser Frage besagt: Es ist Zeit für den Abschied vom theoretisch-abstrakten Theologisieren und (Be-)Lehren. Es ist Zeit für die Hinkehr zum konkreten, geschichtlichen, kontextuellen Denken.
Diese fundamentaltheologische Besinnung scheint heute (erst) greifbar in der praktischen Religionspädagogik angekommen zu sein. Im ersten Heftschwerpunkt, Zugänge und Klärungen zum Thema "Gott", wird das in verschiedenen Hinsichten durchdekliniert. A. Hanses, R. Oberthür und G. Hilger springen über die Vorstellung einer - wie immer anzupackenden - Unterweisung in Gotteslehre hinweg. Sie veranlassen Kinder und Jugendliche, selber als Subjekte Theologie zu treiben. Ihre Kunstmittel: Gestaltung eines Kinderbuchs, ein physikalisches Experiment, Farbstift und Radiergummi. Die Ergebnisse: Beispiele eines anspruchsvollen Ringens um eine persönliche Glaubensfundierung in den jeweiligen Lebensaltern und Entwicklungsstufen.
Ablösung von ontologischen und Hinwendung zu geschichtlich-gesellschaftlich akzentuierten Erschließungen betreiben auch die beiden weiteren Beiträge zu diesem Schwerpunkt. H. Keul nimmt sprachphilosophische Anleihen beim Metaphernverständnis, um den »androzentrischen« Sprachgebrauch bei Gottesvorstellungen aufzubrechen. - »Gott ist allmächtig« lautet eine der »Eigenschaften« Gottes, die v.a. durch die Tradition der Katechismen eine besondere Faszination auf die Gläubigen ausübte. H.E. Richter sieht in dieser Vorstellung eine Fixierung auf die »narzisstische Ohnmacht des Menschen« (Der Gotteskomplex 29). Wie heute mit solchen Formulierungen umgehen? W. Ritter rückt den Begriff der Allmacht historisch zurecht. Insbesondere, in den Zeiten der Potentaten und Despoten diente dieses Bekenntnis als Gegenbild-Entwurf: Gottes Macht ist überlegen.
Im zweiten Schwerpunkt geht es letztlich um das Verständnis von Kirche: Kirche als Ort der Entfaltung als Einladung, als Weg zu einem »Leben in Fülle« (Joh 10,10). Eine Nagelprobe dafür ist gewiss die heutige Jugendpastoral, ein besonderer Brennpunkt darin die (begegnungs- und kommunikations-)offene Jugendarbeit. K. Reith und P.C Horing befördern die Grundlagenreflexion, denn »seit der Synode (ist) es nicht gelungen ein eindeutiges und konsensfähiges theologisches Konzept zu entwickeln« (195). M. Schindler macht einen Vorschlag, die »vorurteilsgeladene Außenseite von Kirche« bei Jugendlichen zu durchstoßen. Das Schlagwort Erlebnispädagogik wird dabei nicht reißerisch um bloßer suggestiver Vitalität willen gewählt, sondem es erhält ein spirituell ausgerichtetes Widerlager gegen ausufernden Wildwuchs.
Wilhelm Albrecht
Inhaltsverzeichnis
Nach Gott fragen
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152 Ein Buch über Gott schreiben
Annette Hanses
157 Das Licht und die Dinge - Gott und die Menschen
Rainer Oberthür
162 Eine Theologie des Radierens
Georg Hilger
171 Wenn Frauen Gott zur Sprache bringen
Hildegund Keul
177 Allmacht Gottes?
Werner H. Ritter
Jugendarbeit
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190 Ein Plädoyer für offene Jugendarbeit
Klemens Reith
194 Schlüsselprinzip Koinonia
Patrik C. Häring
199 Erlebnispädagogik in der kirchlichen Jugendarbeit
Michael Schnuller
204 Der Weg zu mir ist der Weg aus mir heraus
Dorothea Weber
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150 Zeichen sprühen: Peur - Angst
Rudolf Seitz
153 Bildserie: Fragen an Gott - Karikaturen (sowie 155, 156, 173, 178,181,184,193,202,213, Umschlag und Editorial)
186 Fest im Kalender: St. Georgsfest bei den Roma
Gertrud Wagemann
188 Gefunden und notiert
208 Zurückgeblättert - 125 Jahre KatBl
Reinhard Göllner
(in den KatBl aus Platzgründen gekürzt)
(ungekürzte Fassung der gesamten Artikelreihe - online)
214 Leserbriefe
216 Literaturbericht: Umgang mit Aggressionen
218 Bücher
221 Glückwunsch für Wilhelm Albrecht
222 Impressum, MitarbeiterInnen, Vorschau
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Materialbrief RU 2/2000
Türen öffnen
Freiarbeitsmaterialien für die Jahrgangsstufen 5-10