LIEBE KOLLEGINNEN UND KOLLEGEN,
„mehr Mut zur Christologie – in allen Altersstufen“: das fordert die an der PH Freiburg lehrende katholische Theologin Sabine Pemsel-Maier. Explizit christologische Themen wie Gottessohnschaft, Auferstehung und Erlösungswerk Jesu Christi, so Pemsel-Maier, würden häufig ausgeklammert; stattdessen dominiere der historische Jesus.
In der Tat: Lange hielt sich in der Religionspädagogik die These vom didaktischen Vorrang des „historischen Jesus“ vor dem „kerygmatischen Christus“. Besonders in der Primarstufe, aber nicht nur dort, dominierte eine „Jesulogie“, die sich auf das Leben und die Umwelt Jesu beschränkte. Christologie schien allenfalls für das spätere Jugendalter, am ehesten für die Oberstufe, oder aber für Erwachsene geeignet.
Das spiegelt sich in Religionsbüchern und Unterrichtsentwürfen wider. Die Unterrichtsreihe über „Jesus und seine Zeit“ ist in der Regel sachkundlich orientiert. Gerne wird Jesu Umgang mit Randgruppen der Gesellschaft thematisiert und als beispielhaft für die heutige Zeit präsentiert. In der Oberstufe werden Wundergeschichten analysiert und verschiedene Bergpredigtdeutungen miteinander verglichen; aus Zeitgründen kommen christologische Themen, von denen man zudem annimmt, dass Schülerinnen und Schüler kaum Zugang zu ihnen finden, nicht selten zu kurz ...
Nun haben neuere empirische Studien gezeigt, dass sowohl Kinder als auch Jugendliche durchaus ein Interesse an spezifisch christologischen Fragestellungen zeigen. Sie denken darüber nach, was an diesem Jesus von Nazareth Besonderes ist, und entwickeln selbst eigene christologische Überlegungen. Christologische Fragen entstehen möglicherweise auch im Gegenüber zu Glaubensvorstellungen muslimischer Mitschülerinnen und Mitschülern.
Außerdem gehört es doch zum Grundverständnis des christlichen Glaubens, dass Jesus mehr war als ein vorbildhaft lebender Mensch, er vielmehr in besonderer Art und Weise mit Gott verbunden ist. Die Aussage des römischen Hauptmanns, der Zeuge des Todes Jesu war, zeigt deutlich, worum es hier aus christlicher Perspektive geht, nämlich um das Bekenntnis: „Wahrlich, dieser Mensch ist Gottes Sohn gewesen!“ (Mk 15,39).
Die Beiträge in diesem Heft geben Anregungen, wie dieser Gedanke unterrichtlich in verschiedenen Jahrgangsstufen bearbeitet werden kann. So wird in dem Grundschulbeitrag die christologische Aussage, dass Jesus Christus „wahrer Mensch und wahrer Gott“ ist, durch den „Wende- Jesus“ deutlich. Auch die Beiträge für die Sekundarstufe I haben die Frage im Blick, was das „Besondere“ an Jesus Christus ist. Die ersten beiden Beiträge stellen Christusbilder aus anderen Kulturkreisen bzw. eine Geburtsikone in den Mittelpunkt des Unterrichtsvorhabens. In einem weiteren Beitrag wird das „Besondere“ an Jesus anhand der Bergpredigt herausgearbeitet, die die Radikalität der Botschaft Jesu zeigt, wobei auch Bezüge zum Islam hergestellt werden. Weitere Möglichkeiten, die unterrichtlich genutzt werden können, sind die Smartphone-App „findingJ“, die einen interaktiven Überblick über Leben und Wirken Jesu gibt, und schließlich das „Kuschelkreuz“, durch das Schüler/innen das Kreuz Jesu neu entdecken können. Für den Bereich der Sekundarstufe II bietet das Heft mehrere Beispiele für Lernaufgaben zum Thema „Christologie“ und eine Phantasiereise zur Verklärungsgeschichte. Der fachdidaktische Beitrag für den Berufsschulunterricht beschäftigt sich mit Jesus in Bibel und Koran.
Nun also: „Mut zur Christologie“! Wir hoffen, Ihnen auch diesmal viele Impulse aus dem RPI zu geben und freuen uns auf Ihre Reaktionen!
Nadine Hofmann-Driesch
Christian Marker
Uwe Martini
Matthias Ullrich
Inhaltsverzeichnis
EDITORIAL | Nadine Hofmann-Driesch, Christian Marker, Uwe Martini, Matthias Ullrich 1
PERSONEN & PROJEKTE 2
Großer Bibelwettbewerb an Hessens Schulen: #heilig
Neue Studienleiterin in Mainz: Susanne Gärtner
Neue Studienleiterin in Kassel: Anke Trömper
KIRCHE & STAAT 3
Hearing „Jugend und Kirche“ in Kassel
EKKW und EKHN würdigen herausragende Leistungen von Schülerinnen und Schülern
Ihr seid das Licht der Welt!
Burkhard Schuldt leitet das staatliche Schulamt in Fritzlar
EKD-Text zum konfessionell-kooperativen Religionsunterricht
GRUNDSATZARTIKEL
Insa Rohrschneider, Wozu brauchen wir Christen eigentlich Jesus Christus? 5
FACHDIDAKTISCHER BEITRAG
Martina Steinkühler, Blicke hinter den Vorhang (Grundschule) 9
Gerhard Neumann, Die vielen Gesichter Jesu Christi Christusbilder – interkulturell (Sek I) 12
Petra Hilger, Christologie kompakt (Sek I) 16
Anke Pachauer und Uwe Martini, freeJee – Denkanstöße aus Stoff (Sek I) 18
Lutz Neumeier, Finding J – Eine Reise in die Zeit Jesu mit der Smartphone-App (Sek I) 22
Anke Kaloudis und Serdar Özsoy, Zwischen Friedensutopie und Gewalt (Sek I) 24
Christoph Terno, Lernen mit Lernaufgaben in der Oberstufe (Sek II) 27
Hans-Winfried Auel, „Hier ist es für uns gut sein.“ (Markus 9,5) (Sek II) 30
Kristina Augst, „Für wen haltet Ihr mich?“ (BBS) 33
KONFIRMANDENARBEIT
Achim Plagentz, Zwei Jahre Leitfaden „Die Konfi-Zeit gemeinsam gestalten“
Gut verknüpft 2.0 36
PRAXIS TIPPS 38
Filme zum Thema n Lit-Tipps n Buchbesprechungen
TIEFGANG
Dr. Gudrun Neebe U3