LIEBE LESERINNEN UND LESER,
wie geht Frieden? In unseren Tagen markiert diese Frage ein brisantes Thema. Auf verschiedenen Ebenen zeigen sich Gefährdungen des Friedens. Seit dem Ende des Kalten Krieges nehmen Konflikte zu, die unterhalb der Kriegsschwelle angesiedelt und durch häufig wiederkehrende Gewalt gekennzeichnet sind. Das friedliche Zusammenleben von unterschiedlichen Menschen in der Gesellschaft scheint gefährdet zu sein. Nichtdemokratische Parteien und Bewegungen gewinnen Zulauf. Und auch im näheren Umfeld und im unmittelbaren Erfahrungsfeld von Schülerinnen und Schülern zeigt sich Gewalt in Form von Ausgrenzung, direktem Mobbing oder sogar physischer Gewalt (Bullying), die unter Jugendlichen praktiziert wird.
Frieden meint dabei mehr als die Abwesenheit von Krieg; es geht vielmehr um einen Zustand in zwischenmenschlichen, innerstaatlichen und zwischenstaatlichen Beziehungen, bei denen Gewalt verhindert, soziale Gerechtigkeit und Freiheit gewährleistet sind. Wie also geht ein solcher Frieden?
Das Indianerwort entspricht der Erfahrung, die wir häufig machen. Frieden kommt in der Tat häufig nicht „einfach so“ und überraschend, sondern ist das Ergebnis von Einsatz
und Anstrengung. Der Frieden kann zu denen kommen, die sich für ihn einsetzen, die ihn vorbereiten, die für ihn arbeiten.
Die Frage ist also: Wie lässt sich Frieden vorbereiten? Wie können wir die im Evangelium verankerte Botschaft der Gewaltfreiheit und Versöhnung praktisch umsetzen? Wie lassen sich – im Rahmen von Schule und RU – entsprechende Lernprozesse bei Kindern und Jugendlichen initiieren? Wie können junge Menschen mit Kompetenzen ausgestattet werden, damit sie Konflikte fair, gewaltlos und konstruktiv austragen lernen?
Mit den Artikeln in diesem Heft wollen wir einen Beitrag leisten zu der Frage, was der / die Einzelne zum Frieden beitragen kann, wie Frieden lernen und leben im Raum von Schule (und darüber hinaus) möglich sein kann. In den Beiträgen wird aus verschiedenen Perspektiven dargestellt, wie Gewaltfreiheit und ein konstruktiver Umgang mit Konflikten thematisiert bzw. eingeübt werden können. Im Grundsatzartikel wird dargelegt, wie eine Grundbildung zum Frieden in christlicher Verantwortung gedacht werden kann; dabei werden auch einige Kompetenzen beschrieben, die zur Friedensfähigkeit heute gehören. Weiterhin finden Sie eine Einführung in die „Gewaltfreie Kommunikation“ (GfK) mit Hinweisen auf biblische und theologische Entdeckungswege im RU. Das Beispiel einer Grundschule, die sich auf den Weg gemacht hat, um Schülerpartizipation und Demokratie einzuüben, wird vorgestellt, ebenso das EKKW-Projekt „Jugendliche werden Friedensstifter“ und die Ausstellung „Frieden geht anders“. In einer Stationenarbeit für die Sek. I können die Schülerinnen und Schüler Martin Niemöllers Weg vom U-Boot-Kommandanten zum Friedensaktivisten nachvollziehen.
Für die Sek. II finden Sie drei profilierte evangelische Statements zum Thema und einen Beitrag über „Bundeswehr und Schule“.
Die Frage, wie eine Friedensbildung nicht nur plausibel sein kann, sondern auch wirksam werden kann, ist für ein gutes Miteinander in der Gesellschaft, aber auch für ein intaktes Schulleben von Bedeutung. Es käme daher darauf an, dass Methoden der konstruktiven Konfliktbearbeitung und die Praxis der aktiven Gewaltfreiheit erlernt, immer wieder eingeübt und im (Schul-) Alltag wirksam werden. Wir wünschen Ihnen, dass Sie durch die Beiträge angeregt werden, im Unterricht in diesem Sinne tätig zu werden und ein Stück Friedensarbeit zu realisieren.
Inhaltsverzeichnis
EDITORIAL | Nadine Hofmann-Driesch, Christian Marker, Uwe Martini, Matthias Ullrich 1
PERSONEN & PROJEKTE 2
Bischöfe Hein und Algermissen weihen ökumenisches Haus der Religionspädagogik in Fulda ein
Anne-Ruth Wellert wird Dezernentin für Arbeits- und Schulrecht
Abiturgebet – Zwei Tage vor dem schriftlichen Abitur
Neue Ausbildungsbeauftragte in Darmstadt
Short-cuts: Gnadenlos. Ein Social- media Filmprojekt
Hilfe für traumatisierte geflüchtete Kinder. Ein seelsorgerliches Abrufangebot des RPI
Jahreskonferenz Schulseelsorge
KIRCHE & STAAT 5
#95neuethesen
Neue Webseite „Konfessioneller Religionsunterricht in Hessen“
Vokationstagung in Kassel, Februar 2017
GRUNDSATZARTIKEL 6
Ulrike Baumann, Frieden lernen – Religionspädagogische Perspektiven zu aktuellen Herausforderungen
FACHDIDAKTISCHE BEITRÄGE
Anne Klaaßen, Schülerpartizipation und Demokratie – eine Schule macht sich auf den Weg 11
Gottfried Orth, The Lord will satisfy your needs. Gewaltfrei kommunizieren nicht nur im RU 13
Thorsten Krug, Jugendliche werden Friedensstifter/innen 16
Matthias Ullrich, Reiner Braun, Verantwortlich leben und handeln.
Eine Unterrichtseinheit zu Martin Niemöller 19
Matthias Ullrich, Christian Marker, Jochen Walldorf,
Drei evangelische Positionen zur Frage nach dem Frieden 23
Sabine Müller-Langsdorf, „Ab November wird draußen gespielt“. Die Bundeswehr rekrutiert Minderjährige und wirbt an Schulen 26
AKTUELLES AUS DER KONFIRMANDENARBEIT 28
Jugendliche nach der Konfirmation
Nachhaltige Konfirmandenarbeit
Informationen und Material zur Konfirmandenarbeit auf unserer Webseite
PRAXIS TIPPS 30
Filme zum Thema
Lit-Tipps
Bibelhaus
Hinweise auf Materialien zum Thema Frieden
Wundergeschichten neu entdecken
„Der Berufsschulreligionsunterricht ist anders!“
Michael Landgraf: Der Protestant
Reformation aktuell
TIEFGANG | Jochen Walldorf 36