Liebe Leserinnen und Leser,
ich schaue in das grob gepixelte Gesicht eines Mannes. Das Bild ist hell und freundlich, aber so richtig erkennen kann ich die Person nicht. Ein bisschen erinnert mich die Gestalt an bekannte Jesusdarstellungen. Oder denke ich nur daran, weil das Foto auf dem Titel eines »Schönberger Heftes« ist? Abhängig von der Entfernung zum Bild scheint es klarer oder undeutlicher zu werden. Die Verpixelung macht zudem deutlich, dass dieses Foto aus vielen kleinen Teilchen zusammen gesetzt ist – wie jedes Foto, wie jeder Mensch, wie auch Gott. Ist es Jesus, kann ich Gott über den Blick auf Jesus erkennen ? Gerne würde ich das Bild »scharf stellen«, um es klarer zu sehen. Dieses Heft widmet sich einer der zentralen Fragen des Religionsunterrichtes, der Frage nach Gott. Seine Beiträge zielen vor allem da rauf, den Blick auf diese Fragen »scharf zu stellen«.
Brigitte Nagel und Michael Roth fragen von den Schülerinnen und Schülern aus. Viele Jugendliche möchten sich mit der Gottesfrage beschäftigen, um ihre eigenen Gottesvorstellungen weiter zu entwickeln und im Gespräch mit anderen auskunftsfähig zu sein. Nagel/ Roth stellen dabei fest : »Für den Glauben ist nicht die Rede über Gott, sondern die Rede zu Gott charakteristisch.« Ausgehend von dieser Reflexion der Lebenshaltung entwickelten sie diese Unterrichtseinheit für die Oberstufe.
Auch die »Bibel in Gerechter Sprache« (BiGS) verweigert eine Versachlichung und Verdinglichung des Gottesnamens. Hermann Köhler weist darauf hin, dass in der jüdischen Tradition nicht nur ein Aus sprechen des Gottesnamens verhindert wer den sollte, sondern vielmehr die Texte selbst eine Vielzahl von Gottesnamen kennen, die nun in der BiGS je nach Kontext und Beziehung entsprechend umgesetzt werden. Hieraus entstand ein Unterrichtsentwurf für Sek II.
Bei den »Fachdidaktischen Impulsen« finden Sie auch ein Karikaturen blatt zu un terschiedli chen Gottesvorstellungen. Selçuk Dogˇruer, der interreligiöse und interkulturelle Beauftragte der DiTiB, führt in die islamische Gottesvorstellung ein. In seinem theozentrischen Ansatz geht er auf die wesenseigenen Eigenschaften Gottes (zati) und die von Gott bezeugten Eigenschaften (subuti) ein. Als Kern der islamischen Gotteslehre betont Dogru er insbesondere Gottes Einsheit und Transzendenz (Uluhiyya) wie seine Schöpferschaft und Immanenz(Rububiyya).
Diese theologisch-theoretischen Betrachtungen können als Grundlage für den Islam als Unterrichtsgegenstand dienen. Aus der Medienzentrale empfiehlt Ihnen Irina Grassmann dazu ein Videoprojekt »Was glaubst du ?« von unterschiedlich religiös geprägten Jugendlichen. Und in »Schnitzel jagd im Heiligen Land« gehen jugendliche Protagonisten der Frage nach : »Ist der Gott der Christen, Muslime und Juden der gleiche ?« Auch im Web findet Uwe Martini interessante Unterrichtsanregungen zum Islam und auf dem »Blauen Stuhl« muss in Sachen Religion jeder Farbe bekennen. Wenn Veit Dinkel - aker schließlich mit inter religiösen Gruppen durch das Bibelhaus geht, wird schnell klar: »Wir sind ja alle Geschwister!«
In der Rubrik Personen, Praxis, Projekte berichten wir u. a. über die Einrichtung einer »Godly Play«- Gruppe. In Aus Kirche und Staat bildet die Debatte um die Kürzung der Schulpfarrstellen der Ev. Kirche in Hessen und Nassau im Rahmen der neuen Pfarrstellenbemessung den Schwerpunkt: ein Zwischenruf des RPI und ein Gespräch mit Kirchenpräsident Dr. Volker Jung.
Auch in den Rubriken Neue Bücher und LitTipps widmen sich die Rezensenten Anke Kaloudis und Volker Dettmar der Gottesfrage, sowohl mit wissenschaftlichen wie auch mit unterhaltsamen Büchern: die Studie von Lukas Ohly »Warum Menschen von Gott reden. Modelle der Gotteserfahrung« und »Herr G.« (ein Schöpfungsroman der besonderen Art) von Alan Lightman sind nur zwei daraus.
In der Wegzehrung wirbt Annegret von Dahl, Studienleiterin des RPI in der Regionalstelle Nassau, für ein respektvolles aufeinander Hören und miteinander Reden, einem Thema das, obwohl simpel, nie an Wichtig keit verliert.
Wir hoffen, dass dieses Heft Ihnen zu Beginn des Schuljahres mit einem Bündel interessanter Informationen und Impulse Freude macht, um das Tagewerk des Unterrichtens wieder aufzunehmen und sich (möglicher weise angeregt durch die fachdidak tischen Beiträge zur Gottesfrage) mit Ihren Schülerinnen und Schülern neu auf Gottsuche zu begeben.
Mit herzlichen Grüßen,
Dr. Harmjan Dam, Direktor Uwe Martini
Inhaltsverzeichnis
Editorial
Personen, Praxis, Projekte
- "Godly Play" Regionalgruppe Hessen
- Ausstellungs künstlerischer Werke in Gießen
- Berg-Bendt-Preis für das Bibelhaus
- Bildungsgerechtigkeit - Konferenz
- Dr. Volker Jung zur Bevollmächtigung ev. Lehrkräfte
- Vorschläge der Humanisten für fächerübergreifenden Religionsunterricht
Aus Kirche und Staat
- Zur Zukunft der hauptamtlichen Schulpfarrerinnen und Schulpfarrern. Ein Gespräch mit Kirchenpräsident Dr. Volker Jung
- Ein Zwischenruf des RPI
- Lehrer/-innentage
Fachdidaktische Impulse
- Mit Schülerinnen und Schülern in der Oberstufe über Gott reden - Ein Unterrichtsentwurf für die Sek II. Brigitte Nagel und Michael Roth
- Gottesbilder - Ein Karikaturenblatt. Svenja Groß
Der Gottesname in der Bibel in Gerechter Sprache - Ein Unterrichtsentwurf für die Sek II. Hermann Köhler
- Die islamische Gottesvorstellung - Der Glaube in der Spannung von Theos und Logos. Selcuk Dogruer
Aus der Medienzentrale
"Was glaubst du?" / "Schnitzeljagd im Heiligen Land" – Filmtipps für Religionspädagogen, Irina Grassmann
Aus dem Bibelhaus
Interkulturelles Lernen - nicht nur im Nomadenzelt. Mit interreligiösen Gruppen im Bibelhaus, Veit Dinkelaker
Aus der Konfirmandenarbeit
Neues Heft "KU Praxis" zum Thema "Gottesdienst"; Zweite Studie zur Konfimandenarbeit; Fragen zur Konfi-Arbeit in der EKHN
Neue Bücher
Anke Kaloudis: "Warum Menschen von Gott reden", von Lukas Ohly
LitTipps, Volker Dettmar
Aus dem Web
"Der blaue Stuhl"; Todesvorstellungen in den Religionen; "Was geht? Was glaubst du?; Islam in Deutschland; Filme zu Islam; Islam Online
Wegzehrung
Respektvoll hören und reden, Annegret vonm Dahl
Kreuzworträtsel
Veranstaltungen