Liebe Leserinnen und Leser,
Lange war es nicht klar. Wird das nun das letzte Schönberger Heft sein? Wird es diese Zeitschrift weiterhin geben oder nicht? Diese Fragen erreichen uns zur Zeit sehr häufig, denn zum 1. Januar 2015 fusionieren das RPI der Ev. Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) und das PTI der Ev. Kirche von Kurhessen-Waldeck zu einem gemeinsamen Religionspädagogischen Institut. Bislang hat die EKHN die „Schönberger Hefte“ kostenfrei allen Unterrichtenden im Fach Ev. Religion und in der Konfirmandenarbeit im Bereich der EKHN zur Verfügung gestellt. Soll es ein solches Heft nun für beide Landeskirchen geben? Kann man das überhaupt finanzieren? Oder stellen wir die Hefte ein? Seit dieser Woche steht fest: Es wird eine religionspädagogische Zeitschrift des neuen Institutes geben, welche das Erbe der „Schönberger Hefte“ antritt und kostenfrei an alle Religionslehrkräfte und alle Pfarrerinnen und Pfarrer beider Landeskirchen zur Verfügung gestellt wird. Damit können wir an einem kleinen, konkreten, aber nicht unbedeutenden Punkt einlösen, was wir mit der Fusion der Institute im Großen verbinden, nämlich eine Verbesserung des religionspädagogischen Supports seitens der Ev. Kirchen für die Lehrkräfte an unseren Schulen. Die neue Zeitschrift wird im Hebst 2015 mit ihrer ersten Nummer starten. Wahrscheinlich wird es zu Beginn des Jahres noch ein letztes „Schönberger Heft“ nach traditioneller Machart geben.
Dieses aktuelle vorliegende Heft 4/14, das noch unter der alleinigen Verantwortung des RPI der EKHN veröffentlicht wird, trägt den Titel „Heterogenität“. Mit diesem Begriff haben wir im Team des RPI versucht, uns den großen, weiten und unhandlichen Themenkomplex „Inklusion“ aufzuschließen und für unser Fortbildungs- und Beratungshandeln bearbeitbar zu machen. Unterricht aus dem Blickwinkel der Heterogenität zu betrachten, bedeutet für uns, wahrzunehmen, dass im Unterricht stets ein Plural an Lernprozessen geschieht. Unterricht aus dem Blickwinkel der Heterogenität zu gestalten, radikalisiert die Bemühungen der letzten Jahre, im Umgang mit heterogenen Lerngruppen stark binnendifferenziert zu arbeiten. Binnendifferenzierung behauptete oft noch den Anspruch, dass die unterschiedlichen Schülerinnen und Schüler auf unterschiedlichen, ihnen je angemessenen Wegen, das gleiche (Lern-) Ziel erreichen. Heterogenität fragt nun radikaler danach, ob denn wirklich alle dasselbe lernen sollen. Letztendlich war dies immer schon eine Fiktion. Selbst bei einem stark monolithisch strukturierten Unterricht, der sich um Differenzierungen nicht bemühte, sind die Schülerinnen und Schüler letztlich eigene Lernwege gegangen und haben möglicherweise auch ganz unterschiedliche Ergebnisse erzielt und sei es das Lernergebnis, dass Mathe möglicherweise nicht gerade das eigene Lieblingsfach darstellt. Heterogenität fragt auch nicht in erster Linie, etwa im Sinne eines Förderunterrichtes, welches Lernergebnis für den einzelnen Schüler, die einzelne Schülerin erreichbar und möglich ist. Denken Sie an die mittlerweile wohl allgemein bekannte Parabel der Tiere, in dem der Hase fliegen, der Adler schwimmen und der Fisch klettern lernen soll und alle damit auf fatale Weise überfordert sind, weil sie dieses Ziel niemals erreichen können. Heterogenität fragt aber nicht nach dem Grad der Fähigkeiten, sondern darüber hinaus nach den Lernergebnissen, die für den einzelnen Schüler und die einzelnen Schülerin relevant und sinnvoll sind. Ein solcher Unterrichtsprozess kann stattfinden, wenn die Beziehungen der am Unterricht Teilhabenden geleitet ist von einem gegenseitigen Interesse. Ich interessiere mich als Unterrichtender für meine Schülerinnen und Schüler. Ich lerne sie kennen. Ich interessiere mich für ihr Leben, ihre Vorlieben, ihre Erfahrungen, ihre Wünsche und Ziele, ihre Gedankenwelten, ihre Überzeugungen. Weil sie meine Schülerinnen und Schüler sind, habe ich es in erster Linie mit Persönlichkeiten zu tun, die mich in Frage stellen und mich fordern, mir aber auch meine eigenen Horizonte erweitern. So werden sie zu meinen Schülern und ich zu ihrem Lehrer. So bin ich ihnen Begleiter. So kann ich individuelle Lernangebote vorbereiten. Die fachdidaktischen Beiträge in diesem Heft wollen dazu anstiften.
Besonders weisen wir hin auf die Artikel zur Arbeitshilfe „Wenn Christen und Muslime in der Schule beten“. Diese Arbeitshilfe ist im RPI entstanden und steht nun allen Interessierten zur Verfügung (siehe auch die letzte Umschlagseite dieses Heftes). Außerdem finden Sie den neuen Erlass des Hessischen Kultusministeriums für den Religionsunterricht, sowie News aus der religionspädagogischen Welt und verschiedene Serviceangebote aus Bibelhaus, Medienzentrale, Buchbesprechungen, ganz so wie Sie es von uns gewohnt sind.
Viel Spass beim Lesen, viel Freude beim Ausprobieren einzelner Impulse und Ideen
ein gesegnetes Weihnachtsfest und einen gelungen Start in das neue Jahr 2015
Harmjan Dam Uwe Martini
Inhaltsverzeichnis
Dam, Harmjan; Martini, Uwe Editorial
Personen, Praxis, Projekte
Matthias Ullrich als Studienleiter in sein Amt eingeführt • Schuleigenes Fachcurriculum in Grundschule und Sek I ? – So kann es gehen ! • Das Bettenhaus des RPZ ist nun Flüchtlingsunterkunft • Infotag zum Studium der Ev. Theologie • Online-Beteiligungsverfahren zum Bildungsgipfel • Dagmar Dann gestorben • Gernot Bach-Leucht neuer Landesjugendpfarrer • Textsammlung zum Thema »Frieden« – und Ausstellung • Zum Start des neuen RPI
Aus Kirche und Staat
Neuer Erlass zum Religionsunterricht in Hessen • Erlass vom 3. September 2014 : Religionsunterricht
Fachdidaktische Impulse zum Thema
»Damit wir allen gerecht werden«
Neumann, Kirsten
Anregungen für den Umgang mit Heterogenität im Religionsunterricht
Muthmann, Barbara
Heterogenität als Chance - Jahrgangsübergreifend arbeiten in der ev. Grundschule in Freiensee
Ullrich, Matthias
Die Sinus-Jugendstudie und die heterogenen Lebenswelten der Schülerinnen und Schüler
Hupp, Hartmut
Lust auf Vielfalt im Konfirmandenunterricht
Hofmann-Driesch, Nadine
Wegzehrung: Kein Elefantengrau !
Dam, Harmjan
Wenn Christen und Muslime in der Schule beten - Einführung in eine Arbeitshilfe für gemeinsames Feiern
Lenski, Daniel
Gemeinsamer Blick auf Abraham - Eine interreligiöse Feier zum Ende der Grundschulzeit
Grassmann, Irina
Filme aus der Medienzentrale
Heterogenität und Vielfalt
Dinkelaker, Veit
Aus dem Bibelhaus
Als Radioreporter auf den Spuren der Bibel
Knoche, Andrea
Aus der Konfirmandenarbeit
Lernstationen für eine Konfirmandenarbeit in bunt gemischten Lerngruppen
Dettmar, Volker
LitTipps
Bleib bei mir • Tacheles Glauben – Christliche Klischees auf dem Prüfstand • Der Jesus-Deal
Wenn Christen und Muslime in der Schule beten • Arbeitshilfe