Zu diesem Heft
Heinz Schmidt
So sehr Diakonie inzwischen zu einer unverzichtbaren Dimension der Theologie geworden ist, so wenig ist diakonisches Lernen bislang ein selbstverständlicher Teil der Religionspädagogik. Gewiß haben Erfahrungs und Handlungsorientierung einen Zugang zu diakonischem Handeln eröffnet. Es kommt aber nur selten zu einer Reflexion diakonischer Erfahrungen und Aktivitäten, weshalb auch die hier einschlägige Verbindung von allgemeinen altruistischen Motiven und christlich-theologischen Gewißheiten im Dunkeln bleibt. Wer sich auf diakonisches Lernen einläßt, wird Bestätigung und Dankbarkeit, aber auch Enttäuschungen und Resignation erleben. Gewißheit über den Sinn vergeblichen Handelns und die Wahrnehmung der Gnade Gottes in Bestätigung und Dankbarkeit sind Besonderheiten diakonischer Erfahrung, auch unter den Bedingungen des Wandels von einer sozialstaatlich verankerten zu einer dienstleistungsorientierten Diakonie. Dieser sollte nicht nur organisationstheoretisch, sondern auch theologisch, ethisch und pädagogisch bedacht sein.
Das Heft soll den Zusammenhang grundsätzlicher und praktischer Fragen erschließen und pädagogische Konsequenzen nicht nur andeuten, sondern demonstrieren. Letzteres leistet schon eingangs Jörg Thierfelder mit der 'zum Nachdenken' aufgegebenen neuen Bewertung von Vorbildern und entsprechenden Anregungen. Konkrete Praxis stellen Britta von Schubert mit einem Praxisprojekt und einem Grundkurs für die Oberstufe sowie Lothar Kuld und Stefan Gönnheimer mit ihrer Begleituntersuchung des Projekts Compassion vor, das mit Varianten in mehreren Schulen durchgeführt wird. Einen breiten Überblick über unterschiedliche Konzepte und Aktivitäten diakonischen Lernens gibt Gottfried Adam, während Heinz Schmidt das dialektische Verhältnis von allgemeiner und christlicher Ethik sowie von ethischer und diakonischer Didaktik - ausgehend von einem Unterrichtsbeispiel - herausarbeitet. Das 'Kennwort' von Theodor Strohm entfaltet die Zukunftsaufgaben der Diakonie angesichts des politischen und sozialen Wandels. Für 'theologische Klärung' sorgt Gerd Theißen hinsichtlich der Frage, ob und inwiefern ein universales Ethos der Barmherzigkeit im Neuen Testament zu finden ist bzw. dort gefordert wird. Klaus Hildemann zeigt, daß eine zunehmende Wettbewerbsorientierung auch zu Formen des Engagements führen kann, die ursprüngliche diakonische Impulse aufnehmen. Unter den 'Lesehinweisen' stellt Britta von Schubert einige grundlegende Veröffentlichungen zum Thema vor.
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Heft 3
ZUM NACHDENKEN
Jörg Thierfelder
Diakonisches Lernen und Lebensbilder 4
KENNWORT
Theodor Strohm
Diakonie: Zukunftsperspektiven und Lernaufgaben 11
THEOLOGISCHE KLÄRUNG
Gerd Theißen
Universales Hilfsethos im Neuen Testament? Mt 25,31-46 und Lk 10,25-37 und das christliche Verständnis des Helfens 22
Klaus D. Hildemann
Erneuerung diakonischer Verantwortung zwischen Sozialstaat, Markt und bürgerschaftlichem Engagement 38
AUFGABEN DER MITTEILUNG
Heinz Schmidt
Ethik und Didaktik der Diakonie. Perspektiven für diakonisch-soziales Lernen 50
Gottfried Adam
Diakonisches Lernen in Schule und Gemeinde 68
IMPULSE FÜR DIE PRAXIS
Lothar Kuld und Stefan Gönnheimer
Das Praxis- und Unterrichtsprojekt Compassion. Darstellung und Ergebnisse der wissenschaftlichen Begleituntersuchung 80
Britta von Schubert
Grundkurs Diakonie: Ein Konzept diakonischen Lernens in der Oberstufe des Gymnasiums 88
LESEHINWEIS
Britta von Schubert
Grundlegende Literatur, Unterrichtsmaterialien und Filme 99