Die vorliegende Ausgabe der Religionspädagogischen Beiträge ist ein ‘offenes’ Heft. Es
lenkt den Blick auf verschiedene Forschungsfelder und verdeutlicht so die Vielfalt reli-
gionspädagogischen Arbeitens.
Thomas Nauerth macht in einem religionsdidaktischen Beitrag auf strukturelle Dilem-
mata im schulischen Bedingungsgefüge des Religionsunterrichts aufmerksam. Im Kon-
text der schulpädagogischen Herausforderung, „Schule neu zu denken“, ermutigt er,
die didaktischen Koordinaten des Faches neu zu justieren und die Chancen der Schulre-
form auch für eine Reform des Religionsunterrichts zu nutzen. Auch der Artikel von
Michael Quisinsky richtet den Fokus der Aufmerksamkeit auf den Religionsunterricht.
Er verknüpft den religionsdidaktischen und den fundamentaltheologischen Diskurs über
das Korrelationsprinzip und zeigt auf, wie der schulische Religionsunterricht im Para-
digma der Korrelationsdidaktik nicht nur zu einem Lernort der Religionsdidaktik, son-
dern zugleich zu einem Lernort der gesamten Theologie wird. Hans Mendl thematisiert
das Problem des „Wissenserwerbs“ im Religionsunterricht. Der Rekurs auf lern- und
kognitionspsychologische Forschungsergebnisse und die Ausdifferenzierung des Beg-
riffs der Erfahrung als einer religionspädagogischen Schlüsselkategorie münden in eine
Problemskizze, die verdeutlicht, „auf welch unterschiedlichen Ebenen bei religiösen
Verstehensprozessen und in welcher Legitimität an unterschiedlichen Handlungsorten
erfahrungsorientiertes Lernen erfolgen kann.“ Oliver Reis schlägt eine Brücke zwischen
systematisch-theologischer und religionsdidaktischer Reflexion, wenn er fragt: „Wie
kommt die Rede von der Auferstehung in den Lernprozess?“ Er dokumentiert die in
einem hochschuldidaktischen Projekt erhobenen Befunde zu unterschiedlichen Auferste-
hungsverständnissen und analysiert die darin zum Tragen kommenden Wirklichkeits-
verständnisse. Überlegungen zu deren Auswirkungen auf das Lehren und Lernen lassen
nach adäquaten didaktischen Handlungsmöglichkeiten fragen. Manfred Riegger fokus-
siert in einem wissenschaftstheoretisch fundierten und praxeologisch ausgerichteten Bei-
trag die Chancen einer kooperativen Vernetzung universitärer und schulischer Praxis
am Beispiel schulpraktischer Studien. Er entfaltet den in diesem Zusammenhang maß-
geblichen Theorie-Praxis-Bezug einer sowohl auf Reflexions- als auch auf Handlungs-
kompetenz zielenden wissenschaftsbasierten Lehrerbildung. Anknüpfend an die oft kon-
trovers geführten Diskussionen über das Lernen an Vorbildern und an Befunde empiri-
scher Studien zur Vorbildorientierung von Kindern und Jugendlichen legt Konstantin
Lindner in einem Beitrag die Ergebnisse einer qualitativ-empirischen Erkundung des
Vorbildverständnisses bei Jugendlichen vor. Er gelangt zu vier unterschiedlichen Typen
des Rekurses auf Vorbilder, die es nahelegen, Vorbilder im Religionsunterricht nicht im
Modus verpflichtender Nachahmung, sondern im Modus eines biographischen Lernens
einzuführen, das für unterschiedliche Weisen der Aneignung und der Auseinanderset-
zung offen ist.
In der Rubrik „Neu gelesen“ bespricht Andreas Benk den aus dem von Günter Stachel
initiierten und geleiteten Projekt der Auswertung der „Mainzer Dokumentation von Re-
ligionsunterricht“ hervorgegangenen und im Jahr 1976 veröffentlichten Band „Die Re-
pirischer Unterrichtsforschung im Bereich der katholischen Religionspädagogik.
Auch in diesem Heft informiert ein Rezensionsteil über neuere Fachveröffentlichungen.
In zehn Besprechungen werden zwölf Buchpublikationen vorgestellt.
Die Schriftleitung freut sich über die breite Akzeptanz, welche die Religionspädagogi-
schen Beiträge als Forum des wissenschaftlichen Diskurses unseres Faches finden.
Herzlich laden wir dazu ein, diesen Diskurs auch weiterhin durch innovative und anre-
gende Originalbeiträge aus den aktuellen Forschungen vor Ort lebendig zu halten. Wir
freuen uns über Ihre Mitarbeit und Ihre Unterstützung.
Mainz/Regensburg, im Juli 2010
Werner Simon und Burkard Porzelt
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
1
Thomas Nauerth,
„Die Schule neu denken“ – auch eine religionspädagogische Aufgabe?
3
Michael Quisinsky,
Korrelierende Unterbrechungen – unterbrechende Korrelationen.
Der Religionsunterricht als Ort des Gesprächs zwischen Religionspädagogik und Fundamentaltheologie
17
Hans Mendl,
Wissenserwerb im Religionsunterricht.
Die Bedeutung von Erfahrung in einem performativ ausgerichteten Religionsunterricht
29
Oliver Reis,
Wie kommt die Rede von der Auferstehung in den Lernprozess? Das Verstehen von Auferstehung und seine Bedeutung für schulische Lernprozesse
39
Manfred Riegger,
Theorien der schulischen Praxis.
Zur kooperativen Vernetzungvon Universität und Schule – exemplarisch verdeutlicht an schulpraktischen Studien
57
Konstantin Lindner,
Vorbild ≠ Vorbild –
Ergebnisse einer qualitativ-empirischen Studie zum Vorbildverständnis bei Jugendlichen
75
Buchbesprechungen
91
Andreas Benk,
‘Neu gelesen’: Günter Stachel (Hg.), Die Religionsstunde –
beobachtet und analysiert (1976)
113