Zu diesem Heft
"Wenn du mich anblickst, werd' ich schön, schön wie das Riedgras unterm Tau.» (G. Mistral)
Es ist die Beziehung zu den Menschen und zu den Dingen, die die Begriffe von Schönheit und Hässlichkeit ins Spiel bringt. Beide sind nicht objektiv gegeben, sondern haben zu tun mit dem Blick, den wir auf Menschen und Dinge werfen. Zwar werden Designer nicht müde, unser Empfinden für das Schöne wie das Hässliche medial vermittelt zur Frage des korrekten Stylings verkommen zu lassen. Und es gelingt ihnen auch, wo die ästhetische Bildung - vor allem im berufsbildenden Bereich - angesichts kurzfristiger Nutzenkalküle den Rückzug angetreten hat. Seelenund beziehungslos verweigern die Dinge ebenso wie normiert agierende Menschen die Zuschreibung des Schönen wie des Hässlichen. Etwas oder eine/r sieht dann allenfalls noch gut aus, doch verloren gegangen ist die Beziehung zwischen Material, Form und Funktion oder im Falle des Menschen die Beziehung von Innen- und Außenwelt.
Zugleich aber erweist sich das Unangepasste, das nicht verwertbare Hässliche als unausrottbarer Teil des Daseins. Ebenso wie das Schöne, das sich nicht verstecken lässt hinter mangelnder Marktkonformität. Wo Menschen und Dinge ausbalanciert sind in einem Selbst- und Weltverhältnis, das weiß, dass es sich nicht selbst verdankt, da tritt Schönheit zutage und vermag gerade das als hässlich zu qualifizieren, was in seinem Design reine Selbstbezogenheit repräsentiert.
So versuchen die Beiträge dieses Heftes je eigene Annäherungen, setzen sich mitunter auch der Frage nach dem guten wie dem schlechten Geschmack aus. Und versuchen doch die Annäherung an ein Geheimnis, dessen Existenz nicht dadurch zu leugnen ist, dass uns nur die subjektiven Zugänge bleiben. Was für mich schön ist, braucht es für andere noch nicht zu sein - aber wir können versuchen, darüber zu kommunizieren. Und die Frage, in welchen Rahmen wir wiederum unsere Kommunikation eingespannt sehen, wird darüber entscheiden, ob es ein "schönes" Gespräch wird. Lassen wir uns also ein auf die Hypothese, dass es Schönheit gibt, die sich aus noch anderer Quelle speist als nur der des gesellschaftlich-politisch korrekten Designs. In der Beziehung zu uns selbst wie zur Welt können wir dann den Versuch unternehmen, sie zu verifizieren.
Bernd Abesser
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Heft
Bernd Abesser 2
Von der Schönheit der Welt und ihres Gottes Schönheit:
Vorgabe - Konstrukt - Simulation?
Uwe Gerber 4
Die Schönheit hässlicher Bilder
Wolfgang Thorns 7
Das ist lustig, das ist schön, das ist das Zugrundegehn.
Ulf Poschardt 8
Ist das real, ist das normal, ist das erlaubt?
Wolfgang Thorns 9
Kleider machen Leute
Arbeitsblatt 10
Schön - hässlich: Acht kurze Kreuzgeschichten
Bernd Beuscher 12
"Kein Blinder, Lahmer, Spaltlippiger oder Verkrüppelter darf herantreten ..."
Biblische Menschenbilder zwischen Wohlgestalt und Ungestalt
Ideen und Skizzen zu einer unterrichtlichen Aktualisierung
Martin Autschbach 15
Nur nicht abhängig sein ?
Jeden Tag neu zum Leben erwachen
Annette Schäfer-Roth 24
Das Schönheitspuzzle
"Zu dick, zu blond, zu blöd?"
Folke Keden-Obrikat 29
Der Leib - ein Designobjekt?
Ein Unterrichtsbaustein
Bernd Abesser 36
Mein Körper
Arbeitsblatt 41
Forum
Bayerischer Gesundheitsförderung
und Präventionspreis 2002
Eva-Maria Endres 42
Interreligiöses Lernen
Ein Projektbericht
Andres Obermann 42
Rezension zu R. Möller/R. Tschirch,
Arbeitsbuch Religionspädagogik für Erzieherinnen
Anne Becker 43