Zu diesem Heft:
Die zunehmende Verunsicherung der deutschen Bevölkerung ist statistisch belegbar. Ein Forschungsprojekt des Institutes für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld zeigt, dass sich insbesondere drei Problemkreise zwischen 2002 und 2005 signifikant verschärft haben: "Erstens: Kontrollverluste nationalstaatlicher Politik im Zuge der Globalisierung und die Wahrnehmung, dass die soziale Unsicherheit größer wird. Zweitens: Unge-richtete gesellschaftliche Prozesse, die das Gefühl der Orientierungslosigkeit hervorbringen. Drittens: Die Unbeein-flussbarkeit von ökonomischen Entwicklungen, die das Gefühl erzeugen, als politischer Bürger nur noch wenig zur ... Entwicklungsrichtung der Gesellschaft beitragen zu können." Die Angst vor Arbeitslosigkeit stieg von 21% 2002 auf 29% 2005, eine negative
Zukunftserwartung drücken 2005 42%; der Bevölkerung aus (gegenüber 34% 2002). 64% der Bevölkerung sehen keine sicherheitsverbürgende Ordnung mehr (53% 2002), 66% halten sich für politisch einflusslos (57% 2002). Wilhelm Heitmeyer, Leiter des Projektes, resümiert: "Diese negativen Wahrnehmungen lassen sich als Verstörungen begreifen."
Das "System Schule" ist von den Verstörungen der Gesellschaft unmittelbar betroffen. Angemessene Reaktionen sind schwer zu finden. Häufig fordern Eltern und Lehrer Schülerinnen und Schüler auf, nun erst recht ihre individuelle Leistungsbereitschaft zu steigern, um im Markt der Zukunftschancen zu bestehen: "Streng dich an, versuch gute Noten zu kriegen und fang schon jetzt an, Bewerbungen zu schreiben, mach ein Praktikum, damit du
nächstes Jahr einen Ausbildungsplatz hast. Dann bist du abgesichert - jedenfalls erst mal."
Aber transportieren wir als Eltern und Lehrer damit nicht eine Hoffnung auf biographische Sicherheit und berufliche Absicherung, von der wir wissen, dass es sie schon lange nicht mehr gibt? Jedenfalls zeugt eine Reaktion, die individualisierend auf Leistungssteigerung setzt auch von unseren eigenen Unsicherheiten und Fragen im Blick auf das Ziel des Unternehmens Schule. Je mehr wir uns in unserem schulischen Agieren auf die Wirtschaft ausrichten, desto unsicherer werden unsere Ziele, wenn die Wirtschaft lahmt und keine Arbeits- und Ausbildungsplätze vorhanden sind.
Folke Keden-Obrikat
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Heft
Folke Keden-Obrikat 2
Trauen sie sich wirklich
noch auf die Straße?
Ein diffuses Gefühl von
Unsicherheit breitet sich aus.
Tom Holert 4
Risk Management
in der Risikogesellschaft
Die Herrschaft der Kalkulation
Jürgen Klute 7
Wer wagt gewinnt -
außer er verliert.
Globaler Alltag zwischen Risiken
und Katastrophen.
Ideen und Skizzen zum Thema
"Entsichert leben"
Martin Autschbach 10
Das Leben riskieren
Der biblische Befund
Folke Keden-Obrikat 20
Gegen Alltags- und Existenzängste
Unterrichtspraktische Vorschläge
Martin Großmann 24
Auf Nummer Sicher gehen?
Unterrichtsbausteine
rund um die Datensicherheit
Folke Keden-Obrikat 29
"Ich habe keine Chance,
aber ich nutze sie!"
Abenteuer Ausbildung
Annette Schäfer-Roth 36
Winke des Schicksals?
Inszenierung des Zufalls
als Zukunftsschau
Beispiele aus der Antike
Annette Schäfer-Roth 37
Arbeitsblatt "Risiko des Glaubens" 43
Forum
Informationen - Bücher - CD's
Hartmut Greiling zu: Wer von Religion keine Ahnung hat ... Schüler-Wettbewerb "Plakatgestaltung" (S. 38)
Andreas Obermann zu: Paul-Gerhard Andreas u. Peter Bornkessel, Spiegelbilder (S. 38)
Peter Cleiß zu: Lernfelddidaktik als Herausforderung (S. 39)
Peter Cleiß zu: CD AmBS zum Lehrplan in Baden-Württemberg (S. 39)
Peter Cleiß zu: CD "Bausteine Religion" (S. 40)
Dirk Wolter zu: Neues Handbuch Religionsunterricht an berufsbildenden Schulen (S. 40)
Antje Steber zu: Unterrichtsmaterialien "HexenVerfolgung" (S. 42)