Liebe Leserinnen, liebe Leser,
Fremd ist der Fremde nur in der Fremde – so sagt Karl Valentin in seinem Gespräch mit Liesl Karlstadt. Er spielt dabei auf eine Ausnahmeerscheinung an, die für uns so typisch zu sein scheint: den engstirnigen Einheimischen, der seit Generationen an dem Ort seiner Vorväter wohnt und dort noch nie herausgekommen zu sein scheint.
Dabei ist die Geschichte der Menschheit von Migration gekennzeichnet. Im Geschichtsunterricht lernen wir sie unter der Überschrift Völkerwanderung kennen, in der Bibel finden wir sie von den Vätergeschichten über die Propheten bis hin zur Flucht Marias und Josephs mit dem kleinen Jesus nach Ägypten. Christen flohen und fliehen bis heute, weil ihre Religion nicht geduldet ist. In unserer Gesellschaft existiert kaum jemand, dessen Großvater oder Großmutter nicht zumindest aus einer anderen Gegend oder sogar einem anderen Land eingewandert ist. Zwei Arten von Migration haben wir dabei vor Augen:
Positiv sehen wir die Auswanderung, bei der jemand beschließt, dass er ein anderes Land mehr liebt als das eigene und deshalb dorthin zieht. Diese Einwanderer, die unserer Meinung nach begierig sind, sich bei uns anzupassen und unsere Sprache zu lernen, sind uns herzlich willkommen.
Als problematisch sehen wir die Einwanderung von Menschen, die aus ihrem Land fliehen, weil sie zu dem Entschluss gekommen sind, dass sie dort aus wirtschaftlichen oder politischen Gründen nicht mehr leben können. Wir haben Angst, dass sie sich Annette Schäfer-RothDeutschland nur ausgesucht haben, weil sie sich hier in der sozialen Hängematte ausruhen könnten oder dass sie unser Land überfremden.
Unser Augenmerk soll in diesem Heft vor allem dem Thema Flucht gelten. Es soll helfen, Schülerinnen und Schülern dieses angstbesetzte und komplexe Thema näher zu bringen und über ihre Einstellungen zu reflektieren. Neben der Vermittlung der Frage »Wie ist das eigentlich, fliehen zu müssen?« geht es auch um die Klärung der verwirrenden Begrifflichkeiten wie Duldung, Aufenthaltsgenehmigung etc.
Ein weiterer Artikel beschäftigt sich mit der Frage »Wie kann Religionsunterricht in Internationalen Förderklassen aussehen?« und zeigt Unterrichtsbeispiele für den Unterricht mit neu eingewanderten Jugendlichen.
Menschen kommen und gehen. Nach vielen Jahren in der BRU-Redaktion verabschiede auch ich mich schweren Herzens von den Leserinnen und Lesern. Andere Dinge schulischer und privater Natur verlangen meine verstärkte Aufmerksamkeit. Ich habe die gemeinsame Zeit in der Redaktion sehr genossen und mich gefreut, immer mal wieder gezwungen zu sein, über den Tellerrand des Schulalltags hinauszuschauen. Ich danke der Redaktion, den Herausgebern und den Leserinnen und Lesern, mir dafür einen Rahmen geboten zu haben.
Annette Schäfer-Roth
Inhaltsverzeichnis
1 Editorial
Annette Schäfer-Roth
Titelthema
2 Gestrandet im Dublin-Gebiet
Drea Fröchtling
5 Lexikon der wichtigsten Begriffe zum Thema Asyl
Jo La Gro
+ Literaturverzeichnis Titelthema
8 Ansichtssache
Fluchtgeschichten
Ina Schubart | Annette Schäfer-Roth
UNTERRICHTSPRAXIS – BAUSTEINE FÜR DEN UNTERRICHT
11 Flucht und Asyl als ethische Thema
Johan La Gro | Burkhard Schmidt
14 M1.1 Fallbeispiele zu Asylbewerbern
+ M1.2 Ablauf des deutschen Asylverfahrens
+ M1.3 Informationsblatt
16 M1.4 Grundformen ethischer Urteilsbildung
M1.5 Biblische Fluchtgeschichten
+ M1.6 Fluchtgründe Arbeitsauftrag
+ M1.7 Flucht und Asyl in der Bibel
18 M1.8 Änderungen im Asylrecht
19 M1.9 Änderungen im Asylrecht | Bewertung
+ M1.10 Internet-Recherche zum Thema Kirchenasyl
+ M1.11 BAMF-Präsident kritisiert Kirchen wegen steigender Kirchenasyl-Zahlen
+ M1.12 Arbeitsblatt Texte aus der Bibel zu Vertreibung, Flucht und Asyl
Film: Auf der Flucht (121 MB)
20 Krieg. Stell dir vor, er wäre hier.
Folke Keden-Obrikat
+ M2.1 Gefühle und Erfahrungen auf der Flucht
+ M2.2 Wortbausteine
+ M2.3 Filmprojekt "Wie geht Deutschland?"
+ M2.4 Fremdling in der Bibel
23 M2.5 Aachener Hände | Interview
+ M2.6 Zuwanderung gut für Sozialstaat
25 Religion in internationalen Förderklassen
Annette Schäfer-Roth
28 M3.1 Wie ist jemand, der…
29 M3.2 Von Männern und Frauen
30 Die Reinoldikirche in Dortmund
Knut Höcke
31 M4.1 Die Reinoldikirche in Dortmund
+ M4.2 Reinoldikirche leer
+ M4.3-6 Reinoldikirche Arbeitsblätter
+ Unterrichtsentwurf "Die Reinoldikirche"
32 Flucht von der Insel Südubien
Ein Planspiel
Annette Schäfer-Roth
35 M5.1 Vorbereitung des Planspiels
M5.2 Meine Erfahrungen aus dem Planspiel
+ M5.3 Lehrerinformation: Situation in Südubien
+ M5.4 Asylantrag
+ M5.5 Aufenthaltsgestattung
+ M5.6 Sprachkurs
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36 Schulkultur
Migration und Flüchtlingshilfe. Ein Unterrichtsprojekt
Thomas Aschhoff-Lennier
38 Karan würde uns fehlen. Eine Klasse entdeckt ihre Flüchtlinge
Beate Allmenröder
41 Brückenbauer zwischen den Welten. Seelsorgerliche Begleitung und Beratung von Flüchtlingen
Wolfgang Bauer
44 Bildungspolitik
Einladung zu den Hochschultagen Berufliche Bildung 2015 in Dresden
44 Religion – Interesse – moralisches Urteil
Eine Unterrichtsinterventionsstudie des EIBORs
Friedrich Schweitzer | Georg Wagensommer | Friederike Strohm
45 Wissenschaft + Forschung
Schulinterne Curricula und Inklusion
Jörg-Peter Pahl
+ Literaturverzeichnis
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51 Bücher | Forum
AufGelesen
• Religiöse Orientierung gewinnen
• Kursbuch Religion Berufliche Schulen
• Diakonisches Lernen an Biographien
Internet | Forum
54Auf dieser Welle surfen
55Wirelex geht online
56 In eigener Sache
Herzlichen Dank! Zur Verabschiedung von Annette Schäfer-Roth und Marion Holzhüter
56 Impressum
Herausgeber | Trägerschaft | Beirat | Redaktion | Herstellung | Bezugspreise | Vertrieb
U3 Spirituelle Momente
Hallo, ist da draußen jemand? | K. Peter Henn
U4 Schlusslicht
Aktuelle Termine und Veranstaltungshinweise unter www.bru-portal.de
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