Ulrich Kropac / Georg Langenhorst
Das Zusammenwirken zweier Kräfte bestimmt die inhaltliche Konfiguration jedes Heftes der Religionspädagogischen Beiträge: Es sind dies einmal von der Schriftleitung erbetene Beiträge, um den etablierten Rubriken der Zeitschrift Gestalt zu geben, und es sind dies zum anderen von Autorinnen und Autoren eingereichte freie Beiträge, die – nach einem Prüfverfahren – veröffentlicht werden. In dieser Mischung aus Planung und Zufall entsteht jede neue Ausgabe mit einem ganz individuellen inhaltlichen Profil.
Das Frühjahrsheft 2018 eröffnet Johannes Heger mit einem Essay über (praktisch-)theologische Zugangsmöglichkeiten zum ‚Simpsonsuniversum‘. Er fragt nach Lernchancen, inhaltlichen Optionen, aber auch nach Grenzen einer religionspädagogischen Auseinandersetzung mit den in dieser bekannten Serie präsentierten Inszenierungen von Religion.
In der Rubrik „Religionspädagogik kontrovers“ begegnen einander Judith Könemann und Rita Burrichter. Beide reflektieren über aktuell maßgebliche Grundausrichtungen der Religionspädagogik. Könemann erinnert an die lebhaften Diskussionen um die Selbstbeschreibung der Religionspädagogik als eine politische in den 1960er- und 1970er-Jahren. Nach einem längeren Dornröschenschlaf macht diese Problemstellung in jüngster Zeit wieder von sich reden. Könemann verstärkt diese Stimmen mit ihrem Plädoyer für eine Schärfung des Bewusstseins, dass der von der Religionspädagogik verantworteten religiösen Bildung gesellschaftsveränderndes Potenzial innewohnt. Burrichter setzt sich zunächst kritisch mit der Frage auseinander, ob die Entgegensetzung zwischen einer politisch und einer ästhetisch ausgerichteten Religionspädagogik sachgerecht ist. Dies gibt der Schriftleitung die Gelegenheit, daran zu erinnern, dass die Rubrik „Religionspädagogik kontrovers“ nicht immer Beiträge versammelt, die im strengen Sinn kontrovers sind, sondern auch solche, die in einem komplementären Verhältnis zueinanderstehen oder – noch schwächer formuliert – verschiedene Dimensionen ein und desselben Gegenstands kenntlich machen. Burrichter entfaltet im Weiteren ein in drei Thesen gegossenes Votum für eine ästhetisch grundierte Religionspädagogik.
Die in der Sparte „Religionspädagogik diskursiv“ versammelten Artikel fügen sich unter die thematische Überschrift ‚Lernen in religiösen Kulträumen‘. Der Beitrag von Georg Langenhorst führt grundsätzlich in die Thematik ein, indem er eine geläufige Überzeugung auf den Prüfstand stellt: dass es sich nämlich zum besseren Kennenlernen von Juden, Christen und Muslimen anbiete, die jeweiligen Kulträume wechselseitig zu besuchen. Katharina Kindermann und Ulrich Riegel gehen mit den Mitteln empirischer Forschung an das Thema ‚Kirchenraumpädagogik‘ heran. Sie berichten über die Ergebnisse einer Studie zu den Wirkungen
von kirchenpädagogischen Unterrichtsgängen in die Ortskirche mit Schülerinnen und Schülern einer dritten Jahrgangsstufe. Auf empirischen Grundlagen beruht auch eine ausführliche Studie von Claudia Gärtner und Natascha
Bettin. Sie ist Lernprozessen und dem Lerngewinn von Schülerinnen und Schülern in der Begegnung mit dem Judentum in Synagogen und jüdischen Kulturinstitutionen gewidmet. Die beiden Autorinnen fassen zentrale Ergebnisse dieser Studie pointiert zusammen.
In der Rubrik „Religionspädagogik aktuell“ finden sich Beiträge mit unterschiedlichen Themen. Britta Baumert bezieht sich auf die bemerkenswerte Licht-Klang-Duft-Installation SilentMOD anlässlich der Gamescom in Köln im August 2016. Handelte es sich hierbei um eine kirchenpädagogische Konzeption oder ein medienwirksames Kunstprojekt, bei dem der Kölner Dom lediglich als Projektionsfläche gebraucht, um nicht zu sagen funktionalisiert wurde? Baumert diskutiert beide Optionen und bietet so eine ganz eigene Fortführung der zuvor in den drei Beiträgen über das ‚Lernen in religiösen Kulträumen‘ aufgeworfenen Thematik. Die notwendige Dauerreflexion um die Zukunft religiöser Bildung in der Schule bereichert Norbert Mette. Sein Beitrag stellt den zweiten Teil des Festvortrags dar, den er anlässlich des 40. Symposions der Didaktik-Sektion der AKRK am 20. Januar 2016 in Würzburg gehalten hat. Mettes Vorschlag eines ‚Religionsunterrichts für alle‘, der in Analogie zum Hamburger Modell konstruiert ist, fügt sich in die aktuell laufende Diskussion um Modelle religiöser Bildung in der Schule ein und wird sicherlich in Rede und Gegenrede weitergedacht werden.
Burkard Porzelt erinnert an den 1977 erschienenen „Zielfelderplan für den katholischen Religionsunterricht in der Grundschule“. Dieser Rahmenplan ist nichts weniger als die Geburtsurkunde der religionspädagogischen Korrelationsidee. Welche Bedeutung ist ihm – nach 40 Jahren – im Horizont der zum Paradigma aufgestiegenen Kompetenzorientierung zuzumessen? Hans Mendl richtet schließlich den Blick auf ein Thema, das in den Religionspädagogischen Beiträgen noch nie verhandelt wurde: Lernwerkstätten an Universitäten. ‚Lernwerkstatt‘ ist ein positiv besetzter Begriff; gleichwohl findet man diese Einrichtung an Hochschulen selten. Mendls Beitrag ist als begründetes Plädoyer dafür zu lesen, die Ausgestaltung von Lernwerkstätten an Hochschulen viel entschiedener als bisher in Angriff zu nehmen.
Die Kategorie „Religionspädagogik spezial“ wird nur bei bestimmten Gelegenheiten besetzt. Eine solche bot der ‚Think Tank Religionspädagogik‘ am 21. und 22. September 2017 in Fulda, zu dem der Vorstand der AKRK – nun zum zweiten Mal – die Sprecher/-innen der Sektionen und Arbeitsgruppen, die Delegierten der AKRK in anderen Gremien, weitere Vertreter/-innen des Mittelbaus und der österreichischen Religionspädagoginnen und -pädagogen sowie strukturell mit dem Vorstand verbundene Personen eingeladen hatte. Nachgedacht wur-de über die Themen „Öffentliche Sichtbarkeit und Relevanz von Religionspädagogik“ und „Suche nach neuen Kommunikations- und Organisationsstrukturen“. Lukas Ricken berichtet in seinem Beitrag über diese Tagung und macht so den erreichten Diskussionsstand der gesamten religionspädagogischen scientific community zugänglich.
Zum Schluss, wie immer, Rezensionen: Sie beleuchten kritisch-konstruktiv relevante Neuerscheinungen in unserer Disziplin.
Inhaltsverzeichnis
Editorial 3
Ulrich Kropac / Georg Langenhorst
Religionspädagogik POINTIERT
Alles gelb, oder was?
Zum religionspädagogischen Potenzial der Simpsons 5
Johannes Heger
Religionspädagogik KONTROVERS
Plädoyer für eine politische Religionspädagogik 15
Judith Könemann
Keine Frage des Stylings
Einige Gründe für eine ästhetische Ausrichtung der Religionspädagogik 24
Rita Burrichter
Religionspädagogik DISKURSIV
Interreligiöses Lernen in Synagoge, Kirche und Moschee
Trialogische Zugänge zu religiösen Kulträumen 33
Georg Langenhorst
Zu den Effekten außerschulischen Lernens im Kirchenraum vor Ort
Bericht einer Studie zur Kirchenraumpädagogik im Pre-Post-Design 45
Katharina Kindermann / Ulrich Riegel
Interreligiöses Lernen in Begegnungen mit dem Judentum
Qualitativ-quantitative Erforschung des Lerngewinns durch den Besuch von
(ehemaligen) Synagogen 56
Claudia Gärtner / Natascha Bettin
Religionspädagogik AKTUELL
SilentMOD
Chill Out Area oder Kirchenpädagogik? 69
Britta Baumert
Wenn religiöse Bildung an Schulen erhalten bleiben soll 81
Norbert Mette
Vom theorielastigen Korrelationskonzept zur theoriearmen Kompetenzorientierung?
Ein Rückblick anlässlich des 40. Jahrestages des Zielfelderplans für die Grundschule 91
Burkard Porzelt
Lernwerkstätten an Universitäten
Ein pädagogischer Zwischenraum 102
Hans Mendl
Religionspädagogik SPEZIAL
Think Tank
Die AKRK auf der Suche nach neuen Kommunikations- und Organisationsstrukturen ........... 115
Lukas Ricken
REZENSIONEN 119