,Im Blickpunkt' des vorliegenden Heftes der Religionspädagogischen Beiträge steht die Empirische Religionspädagogik. Drei Beiträge spiegeln aktuelle Forschungsschwerpunkte und Problemstellungen.
Ausgehend von den Ergebnissen einer qualitativ-empirischen Längsschnittstudie, die Auswirkungen des Binnengeschehens des Unterrichts auf die Kompetenzen Wissen, Interesse, Perspektivenübernahme und Sinnerfüllung untersuchte, entwickelt Georg Ritzer den Entwurf eines empirisch gestützten und integrierend konzipierten Kompetenzmodells für den schulischen Religionsunterricht. Der Beitrag vernetzt in anregender Weise den Ertrag empirisch-religionspädagogischer Forschung mit dem systematisch-religionspädagogischen Diskurs einer kompetenzorientierten Religionsdidaktik. Katrin Bederna stellt zentrale Ergebnisse eines qualitativ-empirischen Forschungsprojekts zur „Anthropologie Jugendlicher" vor. Sie pointiert und interpretiert sieben empirisch gefundene Menschenbildtypen Jugendlicher, schlägt Brücken zwischen Befunden empirischer Jugendforschung und Fragestellungen einer anthropologisch gewendeten Theologie und fragt prospektiv nach der Bedeutung der so gewonnenen Einsichten für religiöses Lernen und religionspädagogisches Forschen.
„Empirisches Forschen in der aktuellen Religionspädagogik" - unter dieser Überschrift geben Silvia Arzt, Burkard Porzelt und Georg Ritzer einen Literaturüberblick über die aus der Arbeit der AKRK-Sektion „Empirische Religionspädagogik" im vergangenen Jahrzehnt erwachsenen Veröffentlichungen. Der Beitrag bündelt und ordnet die Vielfalt der Projekte und belegt in beeindruckender Weise den inhaltlichen und methodischen Reichtum empirisch-religionspädagogischer Forschung in der jüngeren Vergangenheit. Markus Tomberg fragt in einem systematisch-religionspädagogischen Beitrag neu nach dem, was katechetisches religiöses Lernen in der Gemeinde und religionsunterrichtliches religiöses Lernen in der Schule verbindet und unterscheidet. Er profiliert die lernortspezifischen Merkmale und gewinnt im Paradigma der Kompetenzorientierung und der Bildungsstandards einen Ansatz, der es ihm ermöglicht, sowohl das Verbindende als auch das Unterscheidende des bildenden und didaktischen Profils religiösen Lernens in der Schule und in der Gemeinde herauszuarbeiten und näher zu bestimmen. Zwei weitere Beiträge setzen Impulse für den interdisziplinären Dialog. George Reilly stellt im Kontext der durch Navid Kermanis Betrachtung des Kreuzigungsbildes von Guido Reni ausgelösten Kontroverse die religionsdidaktische Frage nach dem, was Religionslehrer/innen über Kultur wissen müssen, wenn sie eine didaktisch verantwortbare Begegnung zwischen Schüler/innen und Werken der Kultur angemessen ermöglichen wollen. Der Rückgriff auf Kategorien des Kultursoziologen Pierre Bourdieu und des Cultural Studies-Ansatzes eröffnet einen kritischen Blick auf die gesellschaftlichen Bedingungen kultureller Produktion und Rezeption. Mizrap Polat entfaltet in seinem Beitrag das für die islamische Theologie zentrale Verständnis des Menschen als „Kalifen Gottes auf Erden" im Hinblick auf eine sinnanthropologische Grundlegung islamischer Religionspädagogik: als Aufforderung zur Entfaltung von Individualität, zur Wahrnehmung von Freiheit, zum Dialog, zur Kooperation imri 7iir Solidarität
In der Rubrik „Neu gelesen" unterzieht Eva Maltrovsky das im Jahr 1985 veröffentlichte Buch „Glaubensgeschichte und Bildungsprozeß" von Rudolf Engten einer Relecture. Der in diesem Werk programmatisch entfaltete Ansatz einer „religionspädagogischen Kairologie" ist bis heute aktuell und bedeutsam.
Wiederum enthält das Heft der Religionspädagogischen Beiträge einen Rezensionsteil. In ihm werden dreizehn neuere wissenschaftliche Fachveröffentlichungen vorgestellt und besprochen.
Mainz/Regensburg, im September 2011
Werner Simon und Burkard Porzelt
Inhaltsverzeichnis
Vorwort 1
‘Im Blickpunkt’:
Empirische Religionspädagogik
Georg Ritzer,
‘Kleine Brötchen backen’. Entwurf eines empirisch gestützten
Kompetenzmodells für den schulischen Religionsunterricht 3
Katrin Bederna,
„Unerklärlich wie Gott“ oder „ein lösbares Problem“? Menschenbilder
Jugendlicher empirisch erforscht 21
Silvia Arzt / Burkard Porzelt / Georg Ritzer,
Empirisches Forschen in der aktuellen
Religionspädagogik. Projekte aus der AKRK-Sektion „Empirische Religionspädagogik“
– ein Literaturüberblick über das vergangene Jahrzehnt 43
Allgemeine Beiträge
Markus Tomberg,
Religiös bilden? Glauben lernen? Was Religionsunterricht und
Katechese einander sagen könnten, wenn sie (mehr) miteinander reden
würden 57
George Reilly,
Was muss ein Religionslehrer über Kultur wissen? 69
Mizrap Polat, Menschen als ‘Kalifen Gottes auf Erden’. Eine sinnanthropologische
und religionspädagogische Betrachtung 77
Buchbesprechungen 85
Eva Maltrovsky, ‘Neu gelesen’: Rudolf Englert, Glaubensgeschichte und Bildungsprozeß
(1985) 109