Vorwort
Die vorliegende Ausgabe der Religionspädagogische Beiträge gehört zur Gattung der 'offenen' Hefte. Sie wurde nicht thematisch 'vorkomponiert', vielmehr speist sie sich aus unterschiedlichen Artikeln, die der Schriftleitung im Laufe der Zeit zugingen.
'Offene' RpB-Ausgaben sind so etwas wie Seismographen der religionspädagogischen Forschungslandschaft. Der Verzicht auf einen vorgängigen konzeptionellen Filter eröffnet einen weiten Blick auf Fragestellungen, Ansätze und Themen, die den Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern vor Ort drängend und interessant erscheinen.
Der Begriff der 'Elementarisierung' bildet einen ersten, deutlichen Schwerpunkt dieses Heftes. Offensichtlich erweist sich gerade das Elementarisierungsmodell für die religionspädagogische Reflexion unserer Tage als ausgesprochen hilfreich und tragfähig. Dies wird in den einleitenden Beiträgen dieses Heftes dreifach deutlich: Während Richard Schlüter 'Elementarisierung' im Lichte aktueller Dokumente zur Religionslehrerausbildung ausbuchstabiert, konturiert Ralph Sauer den Elementarisierungsbegriff im weiten Horizont einer religionspädagogisch bedachten Communio-Theologie. Robert Ebner schließlich reflektiert 'Elementarisierung' gezielt auf sonderpädagogische Handlungszusammenhänge.
Das Stichwort 'Texte' markiert einen zweiten, wenn auch weniger homogenen Akzent des vorliegenden Heftes. Religionspädagogische Praxis ist in besonderer Weise mit schriftlichen Zeugnissen befasst. Einen hemeneutisch fundierten Aufriss von Textarbeit im Religionsunterricht präsentiert Franz W. Niehl. Mit der Rezeption biblischer Texte durch Schülerinnen und Schüler befassen sich Gerhard Büttner und Oliver Reis in einem Bericht, der das Entdecken der Eigenstruktur biblischer Sprachformen präferiert.
Zwei Beiträge, die sich gezielt mit sozioreligiösen Kontexten religionspädagogischer Gegenwartspraxis auseinandersetzen, markieren den dritten Akzent des Heftes. Während sich Joachim Kunstmann an der These eines Wandels von Religion und Religiosität orientiert, um eine Begründung religiöser Bildung zu entfalten, reflektiert Franz-Josef Bäumer das gerade für Ostdeutschland kennzeichnende Phänomen der Konfessionslosigkeit als religionspädagogische Herausforderung.
Der Blick auf einzelne religionspädagogisch relevante Handlungsfelder verbindet den vierten Block an Beiträgen, die in diesem Heft vorgestellt werden. Indem Britta Marschke aufzeigt, wie sich Islamischer Religionsunterricht in einigen europäischen Nachbarländern gestaltet, gelangt sie zu Impulsen für die hiesige Diskussion. Andreas Kampmann-Grünewald wendet sich der kirchlichen Jugendarbeit zu - einem in der religionspädagogischen Reflexion zu Unrecht vernachlässigten Praxisfeld - und untersucht das Strukturmerkmal der Ehrenamtlichkeit auf seine Zukunftstauglichkeit. Bernhard Jendorff schließlich richtet sein Augenmerk auf die universitäre Ausbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern, wobei er Grundelemente eines praxisorientierten Curriculums veranschaulicht.
Der abschließende Artikel wurde von Richard Schlüter auf ausdrückliche Bitte der Schriftleitung verfasst. Hatte Karl Dienst im Jahre 1988 im Jahrbuch der Religionspädagogik eine Gesamtschau der unter der Schriftleitung von Hans Zirker erschienenen Ausgaben 1/1978-20/1987 unserer Zeitschrift vorgelegt, so erschien es nach dem Ende der 'Amtszeit' von Herbert Zwergel sinnvoll und lohnend, die unter seiner Ägide entstandenen Hefte 21/1988-45/2000 resümierend in den Blick zu nehmen. Entstanden ist ein Rückblick auf mehr als ein Jahrzehnt religionspädagogischen Forschens und Fragens, der viele 'Highlights' und Stärken, aber auch manch offene Frage und zukünftige Herausforderung für die religionspädagogische 'Scientific Community' erkennen lässt.
Mainz, im Februar 2002
Burkard Porzelt und Werner Simon
Inhaltsverzeichnis
Vorwort
Richard Schlüter,
Zur Elementarisierung theologischer Ausbildung und theologischer Persönlichkeitsbildung in neuen kirchlichen Verlautbarungen
Ralph Sauer,
Elementarisierung als religionspädagogische Aufgabe
Robert Ebner,
Integration von Behinderten und Nichtbehinderten im Religionsunterricht. Wichtige Aspekte der Elementarisierung beim Von- und Miteinander lernen
Franz W. Niehl,
Mit Texten im Gespräch. Über die Arbeit mit Texten im Religionsunterricht
Gerhard Büttner / Oliver Reis,
Wie werden Kinder zu (biblischen) Theologen oder wie entsteht ein kohärentes Bibelwissen?
Joachim Kunstmann,
Religiosität zwischen institutioneller Bindung und individueller Konstruktion. Religionspädagogik vor neuen Fragestellungen
Franz-Josef Bäumer,
Religionsunterricht ohne gesellschaftlichen Auftrag? Konfessionslosigkeit als religionspädagogische Herausforderung
Britta Marschke,
Islamischer Religionsunterricht in europäischen Nachbarländern. Impulse für die Diskussion in Deutschland
Andreas Kampmann-Grünewald,
Förderung des Ehrenamtes in der kirchlichen Jugendarbeit. Problemlagen und Perspektiven zwischen Sozialmanagement und solidarischer Praxis
Bernhard Jendorff,
Kursus zur Verbesserung des Lehrverhaltens angehender Religionslehrer und -lehrerinnen
Richard Schlüter,
Zur Pünktlichkeit der Religionspädagogik. Die 'Religionspädagogischen Beiträge' seit 1988