Zu diesem Heft
"Gebt acht! Hütet euch vor jeder Art von Habgier! Denn das Leben eines Menschen hängt nicht von seinem Besitz ab, auch wenn dieser noch so groß ist " gibt Jesus einem zur Antwort, der ihn um Hilfe in einem Erbstreit bittet (Lk 12,15). Und schon sehen viele darin eine unzweideutige Aussage über die Minderwertigkeit von Besitz jedweder Art. "Hast du was, dann bist du was" lautet dagegen die erfahrungsbegründete Erkenntnis vieler Jugendlicher und nicht weniger Erwachsener. Das Handy mit Farbdisplay, die zum Auto erweiterte Musikanlage auf Rädern, Marken-Klamotten die sonst an der Schule keiner trägt ... Selbstdefinition über das was wir besitzen, scheint allseits gültige Regel zu sein! Shoppingmeilen prägen das Bild unserer Innenstädte, Konsumtempel versprechen Zeitvertreib und Sinn-findung, derweil die Sonntagsgottesdienste der Kirchen zur Randgruppenveranstaltung jener mutieren, die den
Anschluss an die Zeit verpasst zu haben scheinen.
Das Heftthema "Ich kaufe, also bin ich" stellt sich der Frage nach dem Wert des Lebens inmitten einer Haben-Welt. Und dabei kann nicht ausgeblendet werden, welch grundsätzlichen Gewinn Konsum eben auch ermöglicht. Arbeitsplatzsicherheit, das Äußerlichmachen von Zugehörigkeit, die Stärkung des Selbst-wertgefühls oder auch Genuss in seinem banalsten Sinn sind nicht zuletzt Folgen eines kontrollierten Konsumverhaltens. Die derzeitigen Klagen des Einzelhandels über einbrechende Umsätze und der nachfolgende Rückgang bei Lehrstellen für junge Verkäuferinnen und Verkäufer spiegeln diese Zusammenhänge wieder.
Nicht nur die Kampf-Käufer der Schluss-verkaufsorgien, die bei nahezu komplettem Verlust jeder Selbstkontrolle nur mühsam vom Sprung mitten in die Wühltische hinein zurück gehalten wer-
den können, stehen also im Mittelpunkt der Reflexionen dieses Heftes. Die gesellschaftliche Bedeutung des Handelns miteinander wie auch die Wirkung des Erwerbs einer Sache für den eigenen Nutzen und Gebrauch sollen vielmehr mitbedacht werden, wenn die Exzesse einer da und dort kaufsüchtigen Gesellschaft in den Blick geraten. Aber vor allem auch der Frage danach, welche Bedeutung Kaufen und Verkaufen für das Leben Einzelner gewinnen kann, gehen einzelne Beiträge des vorliegenden Heftes nach beziehungsweise regen dazu an sich ihr zu stellen.
"Das Kind nicht mit dem Bad ausschütten" mag auch als Motto gelten für den abwägenden Charakter der Unterrichtseinheit "Ich kaufe, also bin ich", wie sie im neuen Lehrplan für Evangelische und Katholische Religionslehre an Beruflichen Schulen in Baden-Württemberg zu finden ist.
Peter Cleiß
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Heft
Peter Cleiß 2
Consumo ergo sum
Kein Genuss mit schlechtem Gewissen,
sondern Genuß mit Verstand
Dirk Schneider 4
In einem Konsumtempel um 1900
Klaus Strohmeyer 4
Kaufen und Verkaufen
Zwischen Lust und Frust
Biblische Perspektiven und aktuelle
Unterrichtsideen
Martin Autschbach 7
Der Kapitalismus wird ungemütlich
Die Mär von den unbegrenzten
Möglichkeiten
Dieter und Karin Ciaessens 16
Ich habe den Kontakt
zu meinem Geld abgebrochen
Anne Makarow 19
eBay
Der virtuelle Marktplatz der
Weltgemeinschaft
Christoph Breer 22
König Kunde trifft Kaiser Verkäufer? Wir lassen uns nichts mehr gefallen
Rolf-Herbert Peters 22
Die Kunst, ein Produkt an den Mann/die Frau zu bringen
Gespräch mit einem Vertreter für Autoteile, der nicht genannt werden möchte
Anette Schäfer-Roth 30
Wie hypnotisiert
Bei den "Herzkreisen" - das sind Schenk-Zirkel nach dem Schneeballsystem -
macht Nehmen viel seliger denn Geben.
Ingrid Müller-Münch 35
Arbeitsblätter
Ich kaufe - also bin ich!? 13
Wir sind, was wir kaufen?! 14
"... und verkaufte alles, was er hatte." 15
Welchen Artikel über 150 Euro haben
Sie in den letzten Monaten gekauft? 17
Gewinn und Verlust -
Ein Spiel mit Worten 18
Volkswirtschaftlicher Moment 20
Warum werde ich nicht satt? 21
"Der Groschen in dem Kasten klingt,
die Seele in den Himmel springt!" 25
Kann denn Reichtum Sünde sein? 26
Der Elch und die Gasmaske 27
Marketing für Ökos 28
Bei wem würde ich eher kaufen ... 29
Mein Kaufverhalten 32
Kauftypen 33
Mal was ganz anderes 34
Forum
Tradition heißt: Das Feuer hüten. 35 Jahre "Gesellschaft für Religionspädagogik e.V. Villigst"
Karl-Theo Siebel 37
Berufsbezug im Lebensbezug Wieder falsche Alternativen
Wolfgang Dietrich 39
Rezensionen 42