Das Ende der Spaßgesellschaft" - so oder ähnlich lautete der Tenor nach dem 11. September. Ein Hoffnungsschimmer für die Wiederentdeckung einer niveauvolleren eben der traditionellen Fest- und Feierkulturdie in erster Linie ernsthafte Sinnvermittlung will? Der regelmäßige Sonntagsgottesdienst, die religiösen Feiertage, die Festkreise des Kirchenjahres als Alternative? Längst sind sie als milieuspezifisch erkannt. Als Muster für eine neue Fest- und Feierkultur könnten sie kaum mehr allgemeine Gültigkeit erlangen - wenn sie es denn je hatten. Die Fernseh-Gottesdienste anläßlich des 11. Septembers zeigten, dass die biblischen und liturgischen Traditionen auch bei den deutschen Eliten nicht mehr lebendig sind. Am schaurigsten die Übersetzungen von Bibeltexten durch deutsche TV-Sender anläßlich von amerikanischen Gottesdiensten. Beim Versuch wörtlicher Übertragungen ohne die Kenntnis biblischer Sprache kam ein unverständliches Gestammel heraus. Andererseits: Neue Formen auch der "Amtshandlungen" bilden sich aus. Neue Rituale sind gefragt. Die Pluralität der kulturellen Außerungen setzt sich durch. Eine Restauration einer christlichen Fest- und Leitkultur vermag auch der Terror nicht hervorzubringen. Die event-Kultur blüht. Die Verwertung von eingesetztem Kapital ist mit der Niveaumilieu-Kultur nicht einträglich genug. Einschaltquoten prägen den Geschmack und der Protest dagegen darf sich bei arte oder nach 23.00 Uhr in Spartenprogrammen selbst beweihräuchern. Harald Schmidt und seine 700.000 Getreuen. Wenn das bildungsbürgerliche Monopol für sinnstiftende Feste gefallen ist, muss dies aber nicht bedeuten, dass andere Feste keine solche Funktion mehr hätten. Es scheint, dass die Sinnhaftigkeit vieler Feste, Parties oder Feiern im Kontrast zum verzweckten Leben sonst besteht nicht mehr und nicht weniger - also Selbstzweck sind. Zur Sinnsuche haben sich zudem neue Formen herausgebildet: Musik, Film, Körperkult, Esoterik und vor allem der Diskurs einschließlich der oft ätzenden Talkshows. Feste feiern ist also ein unübersichtliches Feld - eine gute Basis für unser BRU-Magazin, das - vom Erleben ausgehend - im Diskurs Erfahrungen machen lassen will: Erleben von biblischen Texten im Erfahrungshorizont Jugendlicher (Tradition kann durchaus lebendig werden). Beispiele von gelungenen - traditionellen und alternativen - Festen. Reflexion von Erlebtem. Projekte zur Party- und Festgestaltung. Hilfen für die Praxis in der sozialpädagogischen Ausbildung... Vor allem aber: Das "Fest" im Alltäglichen entdecken. Das Alltägliche anders erleben - das hat doch schon was.
Mit dem Beitrag von Schmitthenner, der in der Heftmitte als Sonderbeitrag eingefügt ist, setzen wir einen weltweiten, politischenAkzent: Eine Globalisierung für die Kinder. Speziell für die Kolleginnen und Kollegen in sozialpädagogischeu Bildungsgängen wollen wir wieder etwas mehr anbieten.
Neue didaktisch-methodische Ansätze für die Berufsbildenden Schulen finden sich in den Rezensionen. Es tut sich was. Das könnte auch in den angekündigten Symposien und Tagungen herauskommen. Es wird Zeit für die Weiterentwicklung von Konzepten des BRU im Erlebnishorizont mediengeübter Jugendlicher.
Dietrich Horstmann
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Heft
Dietrich Horstmann
Festliche Augenblicke im Alltag
Eine Suchbewegung
Wolfgang Dietneh
Glaube -ganz Fest
Zwischen Freudigkeit und Lebenslust
Bernd Beuscher
Partyservice
Ein Gespräch mit
Kai Horander
Beerdigungen
Trauriger Anlaß, dröge Feier,
fröhliches Erinnerungsfest?
Christoph Scheilke
Das letzte Wort
Familienloyalitat am Totenbett
Wolfgang Sieg
"Würfel hat meine Ratte geklaut.
Aber sonst war es ganz nett"
Aus- und Einlassungen zur Gastmahlparabel
Martin Autschbach
Tag und Recht des Kindes
Frieder C. Schmitthenner
Kleine Anfrage beim Sinnologen
Annette Schäfer Roth
Feste und Feiern
in der Fachschule für Sozialpädagogik
und der Berufsfachschule Fachrichtung Kinderpflege
Johan La Gro
Ideen und Inszenierungen
Thema: Weihnachtsfeier
Martin Autschbach
Licht im Winter
Vorschlag für eine Moditation
Annette Schäfer-Roth
Arbeitsblätter
Das Gleichnis vom großen Gastmahl
Das große Gastmahl - Neuinszenierung
Mein Festkalender
Ein Fest planen und gestalten - mit dem Internat
Trauung, Taufe, Konfirmation, Bestattung
Wir Nomaden feiern das Dankopfer
Wir Bauern und Gärtner feiern des Erntedankfest
Vorschlag für eine Vorweihnachtsfeier
Forum
Was hat die Wirtschaft vom RU in beruiebildenden Schulen?
Thesen zum Gespräch zwischen Kirchen- und Wirtschaftsvertretern
Christoph Scheilke
Berufsschulsymposion April 2002 im PTI Bonn-Bad Godesberg
Hochschultage "Berufliche Bildung"
März 2002 in Köln
BRU zwischen christlicher Befreiung und Selbstbanalisierung
Februar 2002 im Haus Villigst, Schwerte
reliweb.de eine neue Plattform für Religionspädagogik
Joachim Happel
Neun Stunden Pauken sind zuviel!
Gunter Lange
Rezensionen