Beckenrandschwimmer - Sitzpinkler - Frauenversteher - Warmduscher
Schimpfwörter für Weichlinge!
Jeden Morgen um viertel nach sechs weckt das hessische Radio FFH seine Hörer mit dem Weichei-Wort des Tages, ausgewählt aus den neuesten Hörer-Zuschriften. Die gemeinsten Schmähungen gelangen zu besonderer Ehre: zeitund grenzenlos werden sie aller Welt zugänglich gemacht über die Homepage des Senders. Und der Erfolg der Radiomacher ist riesig.
Ganz wie bei den Kollegen im TV. "Milosevic des deutschen Humors" beschimpft der nach eigenem Urteil "boshafteste Comedystar Deutschlands" ("Ich hab da unten Maßstäbe gesetzt!"), Ingo Appelt, seinen TV-Kollegen Rudi Carell. Stefan Raabs "Maschendrahtzaun" stürmte die Spitzenplätze der Hit-Paraden und sorgt dafür, dass auch noch der Letzte der Republik sich vor Lachen schüttelt angesichts des kleinkarierten Streits im Grenzland zwischen Zaun und Knallerbsen. Mit einem coolen "Hey du Arsch" begrüßen sich Jugendliche beim Szenentreff, um sich gegenseitig von der neuesten "Verarsche" zu berichten.
Währenddessen gaukelt "Big Brother" der Nation eine Realität vor, die den erfolgreichen Abschluss eines bundesweiten Verblödungsprozesses voraussetzt. Eine weitere Steigerung ist schon in Sicht: Das niederländische Fernsehprojekt "Gefesselt", bei dem fünf Kandidaten eine Woche lang aneinander gekettet vor den Kameras aushalten müssen, soll demnächst auch die deutsche TV-Szene erobern. Und auch die komplette Aufzeichnung des "Aufwachsens eines Menschen von der Geburt bis ins hohe Alter" zum Zwecke der TV-Unterhaltung visiert Big Brother-Geschäftsführer Josef Andorfer an.
Witz und Humor als Varianten des "Jeder gegen Jeden" bei gleichzeitiger Abschaffung jeder Intimsphäre lautet die Vorgabe in der Unterhaltungsbranche. Wer sich nicht wehren kann, wird dem Gespött der anderen preis gegeben, wer besonders fies zuschlägt, darf sich der Anerkennung vieler sicher sein.
Welches Menschenbild wird erkennbar hinter all diesen Varianten von Humor und Unterhaltung? Muss Lachen notwendigerweise Auslachen sein? Was ist mit jenen, die nichts zum Lachen haben?
Die ganzen Facetten des Lachens neu entdecken heißt auch, dem Lachen in Kirche und Religion auf die Spur zu kommen. Und dabei zu entdecken, dass es im Spätmittelalter üblich war, in der Osterpredigt eine Geschichte zu erzählen, die die Gemeinde zum Lachen brachte. Dass hierzu durchaus auch derbe, obszöne Handlungen und Worte gewählt wurden, lässt nicht nur Freudianer vermuten, das Osterlachen sollte vor allem jene Lustquellen wieder erschließen, die durch zu viel Vernünftigkeit verloren gegangen waren.
Peter Cleiß
Inhaltsverzeichnis
Zu diesem Heft
Peter Cleiß
Lachen befreit
"Spaß beiseite" ist eine Formulierung, die es nur im Deutschen geben soll.
Rainer Lachmann
Gnadenlos lustig
"Wenn Sie auch jemand kennen mit einer speziellen Angst oder Hemmung, dann schreiben Sie uns .... (Kai Pflaume)
Bernd Abesser
Leicht lacht heute schließlich keiner mehr. Spaßtraining und Emotainment
Das Thema "Lachen" im Unterricht didaktische Einführung
Dietrich Horstmann
Von weisen Rabbis, frechen Pfaffen und armen Schnorrern
Witz, Komik und Satire aus jüdischen und christlichen Quellen
Martin Autschbach
Arbeitsblätter:
Von frechen Pfaffen
Martin Luther und die Reliquien der kurfürstlichen Gnaden
Von frechen Pfaffen
"Jeder Witz ist eine winzige Revolution"
Vom reichen Itzig und armen Schnorrern
jüdische Witze in Auswahl
Wer lacht denn da?
Spaß muß sein - koste es, was es wolle!
Wer Humor hat, spart viel Geld.
Beleidigungen im Straßenverkehr oder Mit Humor geht alles besser
Glossar
Lachen, Leid und die Lust am Leben
Fiktiver Brief an eine Schwerstbehinderte
Annette Schäfer-Roth
Lachen und das Recht zu leben
Versuch einer Hilfe gegen utilitaristisches Denken
Annette Schäfer-Roth
Eine Chance zumLachen
Die komische Erfahrung bietet eine spezielle Diagnose der Welt
Peter Cleiß
Die Mechanik der Fröhlichkeit
Lachen - eine universelle Lebensäußerung
Nicht Ernst gemeint?!
Ernst Eckers
Afrika Sanza
Gott ist ein humorvoller, lachender Philosoph
Eine Geschichte
Francis Bebey
"Freude muß Leid, Leid muß Freude haben"
Gerd Bockwoldt
Forum
11. Hochschultage "Berufliche Bildung" Eröffnungsvortrag
Maria Jepsen
Wer heilt, hat Recht.
Kleines "Erlesenes Esoterium" Beoachtungen auf dem Psycho-Markt
abschließende Folge 3
Wolfgang Piechota
Rezensionen:
A. Schäfer-Roth zu "Michael Höhn / Claudia Höhn"Was tun?" /
Chr. Th. Scheilke zu "Karlheinz A. Geißler und Frank Michael Orthey,
Der große Zwang zur kleinen Freiheit"