Liebe Leserinnen und Leser,
im Zuge der Umsetzung kompetenzorientierten Unterrichts und der damit angestrebten Nachhaltigkeit von Lehr- und Lernprozessen ist die Bedeutung des Übens besonders in den Blick gerückt. Was in den „Hauptfachern“ selbstverständlich ist, ist im RU noch längst nicht Alltag. Es werden und wurden schon immer methodische Fähigkeiten der Schülerinnen und Schüler ausgebildet und trainiert, was aber oftmals noch zu kurz kommt, ist ein inhaltliches Üben in den Inhaltsbereichen unseres Faches, das mehr ist als ein bloßes Repetieren von Inhalten - „intelligentes Üben“. Deutlich wurde uns das besonders, als wir das Konzept dieses Heftes entwarfen: Alle Kolleginnen und Kollegen, die wir mit der Bitte um einen Beitrag ansprachen, sahen die Notwendigkeit dieses Vorhabens und sagten uns sofort zu, etwas Entsprechendes zu konzipieren und zu erproben, alle jedoch berichteten im Nachgang von der Herausforderung dieses Um- bzw. Neubedenkens, Unterrichtsprozesse so zu gestalten, dass über die Jahrgangsstufen hinweg im Sinne eines roten Fadens Wissen aufgebaut, ergänzt und in sinnvollen Transfer- und Anwendungssituationen eingeübt werden kann. Allen Autorinnen und Autoren, die uns Beiträge für diese RelliS-Ausgabe geliefert haben, danken wir deshalb ganz herzlich für ihr Engagement und ihr innovatives Tun. Der Akzent in diesem Heft liegt auf dem inhaltlichen Üben - es ist naturgemäß jedoch nicht immer ganz trennscharf zu bestimmten methodischen Einübungen. So geht es bei einer Förderung ethischer Urteilsfähigkeit sowohl um Wissensbestände, auf die sich Argumentationen stützen, als auch um eine gewisse Schrittfolge des Vorgehens. Auf der Rückseite dieses RelliS-Heftes finden Sie eine Mindmap, die die vorwiegend inhaltlich orientierten Übungsfelder dieses Heftes veranschaulichen soll, Anregungen bieten, aber keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben will. Wegen des Themas dieses Heftes haben wir seine Struktur etwas verändert - anders als Sie es schon kennen, finden Sie dieses Mal nur zwei Grundlagenartikel: Nach Michael Fischer zielt RU „darauf ab, eingeübtes Fach- wissen und erworbene Fähigkeiten und Fertigkeiten, auch Haltungen und Lernbereitschaften, durch herausfordernde Aufgabenstellungen in ein „Können“ durch Bewältigung einer neuen Anwendungssituation zu überführen - Voraussetzung dafür ist sowohl die Erarbeitung eines profunden Sachwissens als auch das Üben methodischer Schritte.
Michael Fischer zeigt, wie dies in verschiedenen Phasen des Lernprozesses gelingen kann.
Georg Gnandt aus Freiburg entwickelt aus lernpsychologischen Erkenntnissen Konsequenzen für die Gestaltung von Lernprozessen und zeigt rote Fäden für den RU auf: seine „10 Säulen des Christentums“ und die „großen Fragen“ der Bibel, um den Schülerinnen und Schülern zu ermögli- chen, Christentum als Lebensmodell zu verstehen. Unsere Praxisartikel sind nicht bestimmten Jahrgangsstufen zugeordnet, sondern zeigen jeweils auf, wie über die Jahrgangsstufen hinweg Übungsprozesse in verschiedenen Inhaltsbereichen angelegt und in Transfer- bzw. Anwendungssituationen überführt werden können.
Diese Herleitungen roter Fäden führten zum Teil dazu, dass die Praxisartikel etwas länger sind, als Sie es bisher kennen, und wir weniger Materialien ins Heft aufnehmen konnten - diese finden Sie dann auf der beigelegten CD. Diese zu erkunden lohnt sich!
Gotthard Fuchs lenkt in der Unterbrechung den Blick weg von der schulischen Betriebsamkeit auf das geistliche Üben.
Wir danken all unseren Autorinnen und Autoren sehr und hoffen, dass die Vielen Anregungen für Sie, liebe Leserinnen und Leser, gewinnbringend sind.
Ihre
Jutta Paeßens und Gabriele Otten
Inhaltsverzeichnis
Editorial 1
Grundlagen
Michael Fischer
Perspektivenwechsel einüben
Was kann und wozu soll im Religionsunterricht geübt werden? 4
Georg Gnandt
Nachhaltigkeit erreichen
Lernen im Religionsunterricht mit wiederkehrenden Motiven 9
Unterrichtspraxis
Im Fokus: Bibel verstehen
Anna Borchert
„Gotteswort in Menschenwort“ – „In echt?“
Das Wort als Ausdruck der wahrhaftigen Beziehung zwischen Gott
und Mensch in verschiedenen biblischen Kontexten 15
Im Fokus: Religiöse Sprache als Bildsprache verstehen
Hildegard Glees-zur Bonsen/Silvia Hanrath
Symbole erklären die Auferstehung
Verwandlung und Kontinuität des Leibes in Tod und Auferstehung 23
Im Fokus: Theologisch urteilen
Gabriele Otten/Jutta Paeßens
„Das biegt sich doch jeder so zurecht, wie es ihm passt!?“
Das biblisch-christliche Gottes- und Menschenbild als Kriterium für die
Beurteilung theologisch relevanter Deutungen und Vorstellungen 30
Im Fokus: In den interreligiösen Dialog eintreten
Jan Woppowa
Mit anderen Augen sehen lernen
Aufbauender Kompetenzerwerb für den interreligiösen Dialog 40
Im Fokus: Ethisch argumentieren
Meinolf Lange
„Wie soll ich mich denn da entscheiden?“
Methodenblätter als Hilfe bei der ethischen Urteilsbildung 46
Im Fokus: Christen in der Nachfolge
Marcus Hoffmann
Zuspruch und Anspruch als Textur des biblisch-christlichen Glaubens
Den Doppelcharakter als roten Faden im Religionsunterricht nutzen 52
Im Fokus: Üben (auch) für Leistungsüberprüfungen
Albrecht Willert
Wie bereite ich meine Schülerinnen und Schüler auf eine Klausur
in evangelischer oder katholischer Religionslehre vor? 56
Unterbrechung
Gotthard Fuchs
Höre nie auf, anzufangen ...
Von geistlicher Übung und Begleitung 32
REZENSIONEN UND AV-MEDIENTIPPS 58
NACHRICHTEN DES BKRG 62
VORSCHAU 64