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Zeitschrift für Pädagogik und Theologie

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Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 2/2003 - Interreligiöses Lernen

Zeitschrift für Pädagogik und Theologie 2/2003
Der Evangelische Erzieher

Interreligiöses Lernen



 
Diesterweg - Verlagswebsite besuchen
ISSN 1437-7160

2003
80 Seiten, geheftet, 16 x 23 cm
 
10.00 Euro
 

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Editorial

Interreligiöse Lernprozesse sind kein neues Thema der Religionspädagogik. Seit langem versteht sich der Religionsunterricht in diesem Sinne als dialogisch. Aber es muss doch noch mal gefragt werden, was das heißt. Kaum jemand bestreitet vor allem in jüngster Zeit die Notwenigkeit interreligiöser Verständigung. Oft genug werden dabei allerdings die grundlegenden Probleme unterbelichtet, die Probleme jeder Verständigung, die Bilder vordergründiger Einheit, die bedrohlichen Differenzängste und die Faszination politischer Erlösungstheologien. Lässt Religion statt leichter nur leichtfertiger leben? Was ist hier Aufgabe des Unterrichts in Religion, des Religionsunterrichts ?
Interkulturelle Kommunikation wird schwieriger. Dabei helfen anscheinend auch die Versuche nicht oder wenig, Verständigung zwischen den Religionen zu erreichen. Der zunehmende religiöse Fundamentalismus auf allen Seiten prägt das öffentliche Bild, in dem ganz allgemein Religion und Religiosität wahrgenommen werden. Interreligiöse Kommunikation müsste den Fundamentalismus als Krankheit kurieren, um einsichtig zu machen, dass religiöse Auseinandersetzung Kräfte zur interkulturellen Verständigung entwickelt. Aber kann das Modell kultureller Identitäten Grundlage eines Dialoges sein? Kulturelle Identität ist ebenso wenig einheitlich und beständig wie religiöse. Sollen religionspädagogische Lernprozesse darauf zielen, Identität auszubilden oder Verständigung zu erreichen? Diese ironische Alternative macht darauf aufmerksam, dass Identität immer schon Ergebnis eines laufenden komplexen Prozesses von Auseinandersetzung, Angleichung, Einverleibung und Nachahmung ist. Identität ist selbstsicher immun gegen Fremdes oder schwankend-flexibel mit den eigenen Unsicherheiten befasst. Wie kann Religionspädagogik auf diese Situation angemessen eingehen? Es gilt heute, ganz neu den sinnvollen Umgang mit inneren Differenzen zu lernen, mit den eigenen Differenzen, den Differenzen im Eigenen. Ist interreligiöser Dialog ein ebenso fragwürdiger Begriff wie interkultureller, wenn er von Religionen als spezifischen Einheiten ausgeht? Wer könnte denn unbedenklich vom Wesen einer bestimmten Religion reden?
Viele kritische Zeitgenossen behaupten, die Welt sei dabei, die bunten Besonderheiten des Regionalen und des Partikulären global zu verspielen. Der Globalismus ist mindestens ambivalent, notwendig und fragwürdig, unumgänglich und nicht ohne weiteres zu begründen. Auf welche Einheit zielt denn menschliche Sehnsucht? Das
widerständige Fremde ist auch widerständig gegen jede Instrumentalisierung von Religion und Ethik. Das weiß religiöse Didaktik. Welche religionspädagogischen Konsequenzen ergeben sich aus diesem Wissen?
Der kritische Blick, den die religionspädagogische Diskussion auf ihr eigenes Feld wirft, könnte noch zu einseitig sein, wenn die Rahmenbedingungen interkulturellen Lernens übersehen würden. Georg Auernheimer geht in seinem Beitrag darauf ein, indem er eine kritische Zwischenbilanz zur Interkulturellen Pädagogik zieht. Dabei zeigt er Entwicklungen, Kontroversen und Zukunftsperspektiven auf. Ist beim interkulturellen Lernen nicht die religiöse Dimension von besonderer Bedeutung?
Bernhard Dressler beschäftigt sich in seinem Beitrag zum interreligiösen Lernen nicht zuletzt mit grundsätzlichen Fragen. Er zieht ein ernüchterndes Fazit und versteht seinen Beitrag als „Einwürfe in eine stagnierende Debatte".
Ursula Mihdyazgan geht auf Grundlagen interreligiösen Lernens ein, auf Erzie-hungs- und Bildungskonzepte. Sie versucht dabei Unterschiede zwischen dem christlichen und islamischen Bildungskonzept herauszuarbeiten, um auch Schwachstellen der beiden Konzepte kenntlich zu machen. Wie in Bildung und Erziehung mit Tradition und Traditionen umgegangen wird, ist eine wichtige Frage ihres Beitrags.
Rudolf Englert stellt sie unter anderer Perspektive in den Mittelpunkt seiner Überlegungen. Dass er seinen Beitrag als einen katholischen versteht, ist ihm auch deshalb wichtig, weil er religiöse Beheimatung als einen Wert betrachtet. Dabei plädiert er zugleich für Pluralitätsfähigkeit.
Vielfalt in der Heimat, Heimat in der Vielfalt? Bei allen interreligiösen Gesprächen, Debatten und Konflikten geht es wohl immer um das Fremde des Eigenen. Bärbel Husmann zeigt ein paar Aspekte von Fremdheitserfahrungen im Christentum und in (noch) christlicher Gesellschaft auf, - auch Weisen, Gesprächsfähigkeit zu entwickeln.
Die Frage, wie überhaupt jenseits von Distanzierung und Einverleibung eine Beziehung zum Fremden gewonnen werden kann, zielt auf anthropologische Grundentscheidungen. Dieter Fauth erörtert dieses Thema mit religionspädagogischer Zielstellung. Seine religionspädagogisch gelesene Hermeneutik des Fremden stellt sich gegen Konzepte, die das Fremdheitserleben zu Gunsten von Assimilationsstrategien pädagogisch zurückdrängen.
Das Thema Differenz ist nicht nur für die interreligiöse Diskussion von hoher Bedeutung. Die Förderung von Identität im Rahmen pluraler Lebenwelten ist immer auch frag-würdig. In „transkulturellen" Lebensformen (W. Welsch) müssen die Entschiedenheit einer Position und ihre Fragwürdigkeit miteinander vermittelt werden. Im Beitrag von Dietrich Zilleßen geht es um diese Beziehung und ihre theologisch-religionspäda-gogischen Konsequenzen.
Viele der Fragen, die in der religionspädagogischen Diskussion um Interreligiosität erörtert werden, werden gerade in der Fortbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern konkret. Ulrike Baumann entwickelt entsprechende Perspektiven, die durchaus die Breite und Differenziertheit der Probleme im Blick haben. Gerade ihr Beispiel Islam ist dabei in vieler Hinsicht exemplarisch.
„Interview": Aktualität und Grundsätzlichkeit interkultureller und interreligiöser Kommunikation kommen in dem Interview zum Ausdruck, das wir mit dem muslimischen Wissenschaftler und Publizisten Navid Kermani geführt haben.
„Impulse für die Praxis": Interreligiöses Lernen ist zu allererst ein Praxis-Thema an den Orten, an denen Verständigung Bedingung und Ziel alltäglichen Lebens ist. Ingo Reuter stellt das Interreligiöse Gebet als schulisches Projekt vor. Als Impuls für die Praxis zugleich ein Diskussionsbeitrag, der auch zur Auseinandersetzung herausfordert.
„Das besondere Buch": Klaus Wegenast bespricht ein Buch, das auch mit dem Heftthema zu tun hat: Ingrid Wiedenroth-Gablers Arbeit über Religionspädagogische Konzeptentwicklung.

Bernhard Dressier/Dietrich Zilleßen

Inhaltsverzeichnis

Thema: Interreligiöses Lernen

104 Georg Auernheimer
Interkulturelle Pädagogik. Eine kritische Zwischenbilanz

113 Bernhard Dressler
Interreligiöses Lernen - Alter Wein in neuen Schläuchen?

124 Ursula Mihciyazgan
Tradition und Kritik. Zu Erziehungs- und Bildungskonzepten im Islam

137 Rudolf Englert
Vom Umgang mit Tradition im Zeichen religiöser Pluralität

150 Bärbel Husmann
Fremdheit im Christentum

157 Dieter Fauth
Den Fremden verstehen. Zur Hermeneutik des Fremden

170 Dietrich Zilleßen
Identität und Pluralität. Probleme interreligiösen Lernens

181 Ulrike Baumann
Islam in der Fortbildung von Religionslehrerinnen und Religionslehrern



Interview

195 Die islamische Welt und der Westen. Interview mit Navid Kermani


Impulse für die Praxis

210 Ingo Reuter
Interreligiöses Gebet als schulisches Projekt - ein Praxisbericht


Das besondere Buch

216 Klaus Wegenast
bespricht Ingrid Wiedenroth-Gabler, Religionspädagogische Konzeptentwicklung zwischen Integration und Pluralität


Buchbesprechungen 219