Wir eröffnen den Jahrgang 2001 mit einem Sammelheft. So sehr wir daran interessiert sind, thematische Akzente zu setzen: Nicht alles, was uns an veröffentlichungswürdigen Texten zugeht, lässt sich umstandslos einem Heft-Thema zuordnen. So finden Sie in diesem Heft die ganze Bandbreite grundsätzlicher und aktueller Themen von der Bibeldidaktik über schulische Erziehung bis zu verfassungsrechtlichen Fragen.
Isolde Karle setzt sich, ausgehend von systemtheoretischen Überlegungen, prononciert kritisch mit bibeldidaktischen Konzeptionen und ihrer Bedeutung für Identitätsbildungsprozesse auseinander. Sie plädiert u. a. dafür, die Fremdheit biblischer Erzählmotive nicht als Lernhindernis zu begreifen, also auch nicht zu Gunsten problematischer Aktualisierungen zu unterschlagen. Hans-Günter Heimbrock beleuchtet einen anspruchsvollen Entwicklungstrend, der sich in den religionspädagogischen Konzeptionsdebatten der letzten Jahre deutlich abzeichnet, und von dem man gespannt sein darf, wie und in welchem Maße er die Praxis des Religionsunterrichts erreicht: "Von der Kontext- zur Lebensweltorientierung". Der gleichsam "ethnografische" Blick, den Herbert Kalthoff auf den Erziehungsalltag in Internatsschulen wirft, dürfte für unsere Leserinnen und Leser von Interesse sein, auch wenn er nicht explizit auf religiöse Aspekte eingeht. Wie Erziehung und Bildung im Schulleben insgesamt ins Verhältnis zueinander gesetzt werden, wird in nächster Zeit auch aus religionspädagogischer Sicht eine wichtige Frage sein.
Zur Diskussion stellen wir eine Replik von Werner H. Ritter auf Rolf Sistermanns These aus 2/2000, das theologoumenon vom "Sühnopfertod" Christi sei nicht mehr zu vermitteln.
Ebenfalls zur Diskussion: Eine Replik von Ursula Sieg auf Karl-Ernst Nipkows Stellungnahme zum "Hamburger Modell" (Heft 3/2000) und eine Thesenreihe des Hamburger Erziehungswissenschaftlers Wolfram Weiße zum gleichen Thema.
Als Impuls für die Praxis stellt Ingo Reuter eine "werbeästhetische Reinszenierung des Christusgeschehens" vor - das berührt ein Thema, das als Konkretion der "Lebensweltorientierung" stark in den Vordergrund der religionspädagogischen Aufmerksamkeit gerückt ist.
Ein besonderer Gruß geht mit diesem Heft an Peter Biehl zum 70. Geburtstag. Mit großem Recht gilt Peter Biehl als der Systematiker unter den Religionspädagogen: Kaum jemand hat wie er die Grundfragen der Religionspädagogik immer wieder neu theologisch reflektiert - und dennoch hat er wie kaum ein anderer auch unmittelbar praktische Impulse gesetzt, deren produktive Wirkung auf die Gestaltwerdung von Religion in der Schule gar nicht absehbar ist. Trotz schwerer Krankheit ist seine Arbeitskraft ungebrochen, wovon eine eindrucksvolle Zahl wichtiger Publikationen gerade auch aus den letzten Jahren zeugt. Wir grüßen Peter Biehl mit Respekt und allen guten Wünschen und rücken als Zeichen der Verbundenheit die Besprechung seines großen neuen Buches "Festsymbole" durch Gert Otto in die Beiträge dieses Heftes ein.
Last but not least: Auch Henning Schroer wird siebzig. Ihm gilt herzlicher Dank für die Jahrzehnte prägender Mitarbeit an dieser Zeitschrift. Wir wünschen uns von ihm seine weitere geistreiche Begleitung und Unterstützung und wünschen ihm Gesundheit, Muße und weiterhin Freude am theologischen Denken und Arbeiten.
Bernhard Dressler / Friedrich Schweitzer
Inhaltsverzeichnis
Im Brennpunkt
Dietrich Zilleßen
Leitbildung
Beiträge
Isolde Karle
Die Bibel als Medium der Identitätsbildung. Überlegungen zum Umgang mit der Bibel im Religionsunterricht
Hans-Günter Heimbrock
Religionsunterricht - von der Kontext- zur Lebensweltorientierung
Herbert Kalthoff
Die kulturelle Praxis des Erziehens. Ethnografische Beobachtungen des internatsschulischen Alltags
Reinhord Wunderlich
Religionspädagogische Ironie. Ein Zwischenruf
Gert Otto
Symboldidaktik - weitergedacht. Zu Peter Biehls Buch .Festsymbole"
Impulse für die Praxis
Ingo Reuter
INRI - eine werbeästhetische Reinszenierung des Christusgeschehens.
Überlegungen zum Fotozyklus von Serge Bramly und Bettina Rheims
Zur Diskussion
Werner H. Ritter
Abschied vom Erlöser-Mythos?
Ursula Sieg
Es geht gemeinsam! Diskussionsbeitrag zu
K. E. Nipkow: Religionsunterricht für alle?
Stellungnahme zum Hamburger Modell
Wolfram Weiße
Thesen zu einem dialogischen
Religionsunterricht in Hamburg
Das besondere Buch
Gottfried Bitter
bespricht: Handbuch für die Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden
Buchbesprechungen
Klaus Wegenast
bespricht: Jahrbuch der Religionspädagogik 16