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Demokratie trotz(t) Antiextremismus? Zur Bedeutung von Extremismusprävention für (Ent-) Demokratisierung und politische Bildung
Demokratie trotz(t) Antiextremismus?
Zur Bedeutung von Extremismusprävention für (Ent-) Demokratisierung und politische Bildung




Dominik Feldmann

Wochenschau Verlag
EAN: 9783734415517 (ISBN: 3-7344-1551-9)
367 Seiten, paperback, 15 x 21cm, Dezember, 2022

EUR 43,90
alle Angaben ohne Gewähr

Umschlagtext
Sollte Extremismusprävention ein Teil politischer Bildung sein? Diese Frage tangiert grundlegende Vorstellungen von Demokratie und politischer Bildung. Extremismusprävention basiert auf der Gegenüberstellung von Demokratie und Extremismus. Dabei gerät oft aus dem Blick, dass gerade das Verhältnis von Demokratie und Antiextremismus durch Widersprüche gekennzeichnet ist und kritischer Prüfung bedarf. Dieser Band nimmt aktuelle Extremismustheorien mitsamt ihren Schwachpunkten in den Blick und bietet eine kritische Auseinandersetzung mit dem daraus resultierenden Sicherheitskonzept, das zum Schutz der Demokratie politischen Diskurs und damit Demokratie selbst beschränkt.

Dominik Feldmann ist Politikwissenschaftler. Seine Arbeitsschwerpunkte sind die Didaktik der Sozialwissenschaften, politische Bildung sowie Staats- und Demokratietheorie.
Rezension
„Gegen jede Form von Extremismus“ – diese oder ähnliche Formulierungen sind ein fester Bestandteil politischer Debatten in der Bundesrepublik Deutschland. Hinter dieser Aussage steht die Überzeugung, Staat und Demokratie seien gleichermaßen durch rechte, linke und andere Arten des „Extremismus“ bedroht. Stabile Staatlichkeit und Demokratie bedürften demnach eines Schutzes vor „Extremist*innen“. Diese Dissertation an der Humanwissenschaftlichen Fakultät der Universität zu Köln vom September 2022 fragt danach, ob Extremismusprävention ein Teil politischer Bildung sein sollte und nimmt aktuelle Extremismustheorien mitsamt ihren Schwachpunkten in den Blick und bietet eine kritische Auseinandersetzung mit dem daraus resultierenden Sicherheitskonzept, das zum Schutz der Demokratie politischen Diskurs und damit Demokratie selbst beschränkt. Auch Schule habe den Auftrag, Schülerinnen und Schüler zu mündigen demokratischen Bürgerinnen und Bürgern zu erziehen und extremistischen Ideologien vorzubeugen beziehungsweise diese entschieden zurückzuweisen. Doch wird der Antiextremismus als sicherheitspolitisches Konzept und das mit ihm verbundene Äquidistanzpostulat der politischen Realität mit ihren Bedrohungen für eine demokratische Gesellschaft gerecht? Der NSU-Komplex hat zwei Gefahren für die demokratische Gesellschaft in Deutschland aufgezeigt: rechte Gewalt, ihre Umstände und Ursachen sowie strukturelle Probleme in staatlichen Apparaturen wie dem Verfassungsschutz. Letzterem widmen sich extremismustheoretische Blickwinkel jedoch nicht. Die bundesdeutschen Sicherheitsbehörden, die in ihrer Arbeitsweise vom Antiextremismus bestimmt sind, erscheinen im NSU-Komplex also in keinem guten Licht. Inwiefern war und ist der Antiextremismus als sicherheitspolitisches Konzept Grundlage dafür, Bedrohungen für die Demokratie unzutreffend zu bestimmen und entsprechend falsche Schlussfolgerungen für die Sicherheitsbehörden und die Politik zu ziehen?

Dieter Bach, lehrerbibliothek.de
Inhaltsverzeichnis
Tabellenverzeichnis 7
Abkürzungsverzeichnis 8

1 Einleitung 10

1.1 Forschungsfragen 15
1.2 Methodisches Vorgehen und Aufbau der Arbeit 20

2 Die Extremismustheorie – Genese und Debatten 26

2.1 Von Faschismus- und Totalitarismustheorien zur Extremismustheorie 27
2.1.1 Die Anfänge der Debatten um Faschismus und „Totalitarismus“ 28
2.1.2 Von Faschismus- zu Totalitarismustheorien 30
2.1.3 Grundzüge und Ausdifferenzierung der Totalitarismusforschung 36
2.1.4 Vom Antitotalitarismus zum Antiextremismus in der Bundesrepublik 42
2.1.4.1 Der Antitotalitarismus 42
2.1.4.2 Freiheitliche demokratische Grundordnung und wehrhafte Demokratie 49
2.1.4.3 Der Antiextremismus 55
2.1.5 Die Extremismustheorie bildet sich heraus 61
2.2 Etablierung und Kritik der Extremismustheorie 68
2.2.1 Die vergleichende Extremismustheorie 68
2.2.2 Kontroversen um die Extremismustheorie in der Politikwissenschaft 75
2.2.2.1 Normativer Fluchtpunkt 76
2.2.2.2 Die Mitte 82
2.2.2.3 Der Vergleich als Methode 89
2.2.2.4 Terminologische Variationen des „Extremismus“ 96
2.3 Zwischenfazit 102

3 Die Extremismustheorie in der politischen Bildung 105

3.1 Von der Reeducation zur Extremismusprävention 106
3.2 Kontroversen um die Extremismustheorie in der politischen Bildung 119
3.2.1 Prävention gegen „Extremismus“ 120
3.2.2 Antiextremistische Reichweite von Kontroversität 129
3.3 Zwischenfazit 135

4 Antiextremismus in der Demokratie der Bundesrepublik 137

4.1 Die bundesdeutsche Demokratie zwischen Demokratisierung und Obrigkeit 138
4.1.1 Zum Verhältnis von Staat, Demokratie und Gesellschaft im Kapitalismus 140
4.1.1.1 Staat: Zwang und Hegemonie 141
4.1.1.2 Demokratie: Methode und Inhalt 151
4.1.2 Die Entwicklung der bundesdeutschen Demokratie 160
4.1.2.1 Offene Konstellation – Wolfgang Abendroth 161
4.1.2.2 Realistischer Determinismus – Johannes Agnoli 166
4.1.2.3 Ambivalenzen der Demokratieentwicklung 170
4.2 Beispiele antiextremistischer Politik in der Bundesrepublik 174
4.2.1 Der „Radikalenerlass“ 175
4.2.1.1 Zur Vorgeschichte 175
4.2.1.2 Was geschah? 178
4.2.1.3 Was ist geblieben? 185
4.2.1.4 Demokratietheoretische Einordnung 187
4.2.2 Die „Demokratieerklärung“ 191
4.2.2.1 Zur Vorgeschichte 191
4.2.2.2 Was geschah? 197
4.2.2.3 Was ist geblieben? 203
4.2.2.4 Demokratietheoretische Einordnung 210
4.2.3 Antiextremistische Kontinuitäten und Brüche in der bundesdeutschen Demokratie 215
4.3 Zwischenfazit 219

5 Demokratie in der politischen Bildung 222

5.1 Welche Demokratie für welche politische Bildung? 223
5.2 Welche politische Bildung für welche Demokratie? 230
5.3 Zwischenfazit 243

6 Extremismuspräventive Bezüge in den schulischen Lehrplänen der Sekundarstufe I 244

6.1 Zum Untersuchungsgegenstand und zur Methodik der Lehrplanstudie 245
6.2 Ergebnisse der Lehrplanstudie 250
6.2.1 „Extremismus“ als prägende Gefahrenbestimmung 251
6.2.1.1 Baden-Württemberg 251
6.2.1.2 Schleswig-Holstein 252
6.2.2 „Extremismus“ als Gefahrenbestimmung mit unterschiedlichen Akzenten und/oder ergänzenden
Begriffen und Konzepten 253
6.2.2.1 Bayern 253
6.2.2.2 Berlin/Brandenburg 254
6.2.2.3 Niedersachsen 255
6.2.2.4 Nordrhein-Westfalen 256
6.2.2.5 Rheinland-Pfalz 258
6.2.2.6 Saarland 259
6.2.2.7 Sachsen 260
6.2.2.8 Sachsen-Anhalt 261
6.2.2.9 Thüringen 262
6.2.3 An die Extremismustheorie anknüpfende Gefahrenbestimmungen 263
6.2.3.1 Hamburg 263
6.2.3.2 Hessen264
6.2.3.3 Mecklenburg-Vorpommern 266
6.2.4 An die Extremismustheorie anschlussfähige Gefahrenbestimmungen 267
6.2.4.1 Bremen 267
6.3 Einordnung und Bewertung der Ergebnisse 267

7 Politische Bildung – kein Werkzeug des Antiextremismus 277

7.1 Demokratietheoretische Rückschlüsse für die politische Bildung 277
7.2 Politische Bildung und ihre antiextremistische Infrastruktur 285
7.3 Kritische politische Bildung für eine demokratische Gesellschaft 292

8 Fazit 299

Quellenverzeichnis 317
Literaturverzeichnis 328
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