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Schule und Exklusion
Eine herrschaftskritische Ethnografie
Hendrik Richter
Transcript
EAN: 9783837676853 (ISBN: 3-8376-7685-4)
300 Seiten, paperback, 15 x 23cm, Juni, 2025
EUR 45,00 alle Angaben ohne Gewähr
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Umschlagtext
Während Inklusion in Schulen breit diskutiert wird, ist von Exklusion kaum die Rede. Dabei ist die Umsetzung von Inklusion in widersprüchliche Praktiken verstrickt, die mitunter das Gegenteil dessen bewirken, was sie erreichen wollen. Hendrik Richter setzt sich in seiner – an einer österreichischen Mittelschule durchgeführten – Ethnografie mit solchen Exklusionseffekten auseinander und analysiert sonderpädagogische Zuschreibungs- und Veranderungspraxen aus einer intersektionalen Perspektive, die Behinderung mit anderen Differenzlinien wie Klasse, Ethnizität und Geschlecht diskutiert. Vom Subjekt aus gedacht richtet er den Blick auf die Umgangsweisen der Schüler:innen mit den Exklusionsmechanismen: Wie erleben sie Ausgrenzung und welche selbstermächtigenden Antworten finden sie darauf?
Hendrik Richter (Dr. phil.), geb. 1989, ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Professur für Erziehungswissenschaft mit dem Schwerpunkt Inklusive Bildung an der Technischen Universität Dresden. Der Bildungswissenschaftler promovierte an der Universität Innsbruck und war dort Mitglied des Doktoratskollegs 'Dynamiken von Ungleichheit und Differenz im Zeitalter der Globalisierung'.
Rezension
Faktisch sind Schüler*innen mit Behinderung trotz Inklusion von Ausgrenzung und Diskriminierung bedroht. Während allerorten von Inklusion gesprochen wird, greift dieses Buch gezielt Exklusionsmechanismen im Schulalltag auf. Das Buch nimmt eine herrschaftskritische Perspektive ein und fragt danach, wie sich Schüler*innen zu den Exklusionsmechanismen eines Schulsystems, das soziale Ungleichheiten und Differenzen auf empfindliche Weise reproduziert, verhalten. Die Umgangsweisen und Ausdrucksformen der Schüler*innen stehen dabei im Mittelpunkt der Studie. Die Darstellung liefert einen seltenen Einblick in den Schulalltag von benachteiligten Schüler*innen. Zugleich schärft das ethnografische Material den Blick für Phänomene der Exklusion in der Inklusion, womit auch hegemoniale Diskurse in der Erziehungswissenschaft kritisch hinterfragt werden. Das Buch begreift schulischen Protest und Widerstand als Antwort auf ungerechte Gesellschaftsstrukturen zu lesen. Damit erweitert sich die Perspektive schulischer Inklusion um die Dimension gesellschaftlicher Exklusionsphänomene und um die Frage sozialer Ungleichheit: Wie und unter welchen Bedingungen wird hier Inklusion eigentlich hergestellt?
Oliver Neumann, lehrerbibliothek.de
Verlagsinfo
Schlagworte:
Bildungsforschung, Soziale Ungleichheit, Sozialpädagogik, Bildungssoziologie, Kulturanthropologie, Qualitative Sozialforschung, Jugend, Armut, Bildungspolitik, Behinderung, Sozialarbeit, Rassismus, Migration, Kultursoziologie, Politische Soziologie, Sozialpolitik, Politik, Politikwissenschaft, Demokratie, Menschenrechte, Gewalt, Migrationspolitik, Rechtsextremismus, Bildung, Pädagogik, Neoliberalismus, Soziologie, Bevölkerung, Familiensoziologie, Flüchtlingsforschung
Inhaltsverzeichnis
Einleitung. Schule und Exklusion 9
Inklusion und Exklusion 18
Behinderung und Ableismus 25
Intersektionalität und soziale Differenz 28
I. Back to school. Ethnografisch forschen 33
Teilnehmende Beobachtung, Zugang und Vertrauen 35
Zwischen Qualitätsmanager und Verdächtigem 42
Die Autorität des Feldtagebuches 45
Ereignislosigkeit und Langweile 47
Forschen in der (Corona-)Krise 50
II. Ein Ort der Ungleichheit. Die NMS Bachmannstraße 55
Zur Schule. Stadt, Bildung, Ungleichheit 56
Stadtteil und Migrationsgeschichte 57
Bildungsungleichheit und Biografie 61
Schulreform und Neue Mittelschule 64
Biografische Brüche und Verletzungen 65
(Alltags-)Rassismus 67
Soziale Klasse und Lebensentwürfe 72
Häusliche Gewalt und Armut 76
III. Ordnung. Machtverhältnisse im Schulalltag 79
Ordnungen in Raum und Zeit 80
Macht und Disziplinierung 84
Rituale des Übergangs 88
Außeralltägliche Ereignisse 90
Reproduktion, Qualifikation und Leistung 91
Nur positiv reicht 97
Leistung und Ideologie 100
Ungleichheit und kulturalisierende Zuschreibungen 103
Bestrafungspraktiken. Vom Schimpfen zur Demütigung 106
Wut und Enttäuschung 108
Ausschluss und Verstoß 110
Beschämung und Demütigung 112
IV. Inklusion und Exklusion.
Der sonderpädagogische Förderbedarf 117
Von außen. Veranderung und Ausschluss 118
Der Förderbedarf 119
Exkludierende Raum-Zeit-Zonen 126
Performative Sprechakte 131
Von innen. Subjektwerdung und Selbsterzählung 136
Abgrenzung nach unten 136
Marginalisierung des Selbst 139
Sicherheit und Entlastung 143
Lehrkräfte und Inklusion 147
Kollektive Skepsis und Schreckgespenster 148
Rollenkonflikte unter Lehrer:innen 154
Berufsbiografische Rekonfigurationen 158
V. Ohnmacht. Erleben und Erleiden 163
Gefühle der Exklusion 164
Kollektive Langeweile 165
Von der Wut zur Zerstörungsimagination 171
Scham und Neid 176
Gefühle postmigrantischer Identität 183
Sprache der Anderen 187
Sprechen und nicht gehört werden 188
Geheimsprachen und Monolingualität 191
Falsche Grammatik, falsches Deutsch 195
VI. Stärke. Handeln und Widerstand 199
Widerständigkeit und Konformität 200
Humor als Waffe 206
Die Schultoilette als Raum des Widerstands 209
Geheimnisträger:innen 212
Weibliche Anpassungsstrategien 214
Gefährlichkeitsfiguren 218
(Kick-)Boxen und die Aufführung von Gefährlichkeit 220
Ästhetische Selbstfigurierungen 227
Verlierer der Performanz gefährlicher Männlichkeit 230
Gefahren 233
Kriminelle Figuren 237
Schluss: Abolish Schools 243
Anhang – Liste des Materials 251
Literaturverzeichnis 253
Danksagung 297
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